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Ermittlung der angemessenen Nutzungsvergütung im Rahmen der Betriebsaufspaltung
VGA-Gefahr bei einer Betriebs-GmbH
[i]Söffing/Micker, Die Betriebsaufspaltung – Formen, Voraussetzungen, Rechtsfolgen, 7. Aufl. 2019 Im Rahmen der Betriebsaufspaltung ist ein zentrales Thema die Ermittlung der angemessenen Nutzungsvergütung, die von der Betriebsgesellschaft an die Besitzgesellschaft für die Überlassung der Wirtschaftsgüter zu leisten ist. Aber was ist angemessen? In die Antwort einzubeziehen sind einerseits die wirtschaftlichen Verwerfungen durch die Corona-Krise, z. B. weil die Erträge der Betriebsgesellschaft unter Druck geraten sind. Andererseits sind vielfach die Instandhaltungskosten für Betriebsgebäude in den letzten Jahren deutlich angestiegen. Ein Problem der Praxis ist außerdem, dass die Vertragsgestaltungen stark vom Einzelfall abhängen, so dass die Angemessenheit der Pachtzahlungen nicht immer einfach zu beurteilen ist. Der Beitrag zeichnet deshalb die Grundsätze zur Ermittlung der Pachtzahlungen nach und illustriert ihre Anwendung an einem Praxisfall.
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I. Erscheinungsformen und Problemstellung
[i]Klassische, echte Betriebsaufspaltung Eine klassische, echte Betriebsaufspaltung liegt vor, wenn ein bisher einheitlicher Gewerbebetrieb so aufgeteilt wird, dass
das Anlagevermögen in einer Besitz-Personengesellschaft verbleibt und
das Umlaufvermögen auf eine Betriebs-Kapitalgesellschaft übergeht und
dieses Anlagevermögen als wesentliche Betriebsgrundlage danach von der Besitz-Personengesellschaft an die Betriebs-Kapitalgesellschaft verpachtet wird.
Kommt [i]Unechte Betriebsaufspaltung eine Besitzgesellschaft erst später zu einer bereits bestehenden Betriebsgesellschaft, z. B. weil deren Gesellschafter dieser wesentliche Betriebsgrundlagen verpachten, handelt es sich um eine unechte Betriebsaufspaltung. Darüber hinaus bestehen Sonderformen wie die mitunternehmerische Betriebsaufspaltung, die aus zwei Personengesellschaften besteht, und die kapitalistische Betriebsaufspaltung, bei der auch die Besitzgesellschaft eine Kapitalgesellschaft ist. S. 428
[i]Motiv: Schutz des Anlagevermögens bei InsolvenzDas Motiv für die (bewusst gewählte) Gestaltung einer Betriebsaufspaltung liegt regelmäßig darin, das wertvolle Anlagevermögen im Rahmen einer Insolvenz der Betriebsgesellschaft zu schonen.
Dieses [i]Im Vergleich höherer Verwaltungsaufwand Ziel hat allerdings seinen Preis: Der Beratungsaufwand erhöht sich, da für zwei Gesellschaften auch zwei Bilanzen nebst Steuererklärungen zu erstellen sind. Ferner müssen die Beziehungen zwischen den Gesellschaften auch vertraglich geregelt werden, wobei auch die erhöhten (steuerlichen) Formerfordernisse für Verträge zwischen nahen Angehörigen zu beachten sind; insbesondere ist hier an die Nutzungsüberlassung (Pacht oder Miete) der wesentlichen Betriebsgrundlagen und sonstigen Wirtschaftsgüter zu denken.
Problematisch ist insbesondere die Frage der Angemessenheit des Pachtzinses, da sowohl zu geringe als auch zu hohe Nutzungsvergütungen ungewollte steuerliche Konsequenzen haben können.
Nachfolgend geht es zunächst darum, wie eine angemessene Nutzungsvergütung ermittelt werden kann, danach werden die Konsequenzen von zu geringen und zu hohen Nutzungsvergütungen dargestellt; Praxisbeispiele runden die Erläuterungen ab.
II. Angemessenheit der Nutzungsvergütung
[i]FG Münster, Urteil v. 13.2.2019 - 13 K 1335/16 K,G,F NWB TAAAH-12160 Das die Grundsätze zur angemessenen Nutzungsvergütung, die der BFH in den vergangenen Jahren herausgearbeitet hat, wie folgt zusammengefasst:
Ist strittig [i]Ermittlung der Fremdüblichkeit durch Vergleichsobjekte nach Struktur, Größe und Lage, ob das für Grundstücksflächen und Bürogebäude vereinbarte Entgelt der Höhe nach fremdüblich ist, ist die angemessene Miete durch einen Vergleich mit Mieten für Grundstücke und Bürogebäude in ähnlicher Lage und Ausstattung zu ermitteln. Dabei sind als Vergleichsobjekte nicht nur Grundstücke einzubeziehen, die in derselben Gemeinde belegen sind, sondern auch solche von Gemeinden vergleichbarer Größe, Struktur und Lage.
Nur [i]Ohne Vergleichsobjekt: Schätzungwenn eine hinreichende Zahl von Vergleichsobjekten nicht vorhanden ist, kommt eine Schätzung des angemessenen Mietzinses in Betracht.
In [i]Interessenausgleich, Kapitalverzinsung, AfA, GoFdiesem Fall ermittelt der BFH den angemessenen Miet- oder Pachtzins grundsätzlich unter Ausgleich der Interessen von Verpächter und Pächter sowie unter Berücksichtigung der Kapitalverzinsung, der Vergütung für den Wertverzehr und der Vergütung für immaterielle Wirtschaftsgüter, insbesondere den Geschäftswert.
Diese Grundsätze gelten auch für eine Verpachtung im Rahmen einer Betriebsaufspaltung oder für eine Verpachtung von Betriebsvermögen.
Zunächst [i]Unterscheidung von Miet- und Pachtvertragsei noch kurz darauf hingewiesen, worin sich Miete und Pacht unterscheiden:
Ein Mietvertrag ist ein gegenseitiger schuldrechtlicher Vertrag zur zeitweisen Gebrauchsüberlassung eines Gebäudes oder einer Sache gegen Entgelt. Dieser ermöglicht dem Mieter den Gebrauch an dem gemieteten Gebäude oder der gemieteten Sache.
Beim Pachtvertrag kommt zu der Nutzungsüberlassung die sog. Fruchtziehung hinzu, dem Pächter stehen also auch die mit dem Pachtgegenstand erzielten Erträge zu. Dies S. 429wird im Rahmen der Betriebsaufspaltung regelmäßig gegeben sein, insbesondere dann, wenn mehrere Wirtschaftsgüter überlassen werden.
Nachfolgend wird daher nur noch von Pacht gesprochen, die Ermittlungsmethoden hinsichtlich Miete und Pacht entsprechen sich grundsätzlich.
III. Ermittlung der angemessenen Nutzungsvergütung
1. Vergleichswerte
[i]Vergleichswerte sind ggf. anzupassenZunächst ist nach den genannten Grundsätzen zu hinterfragen, ob Vergleichswerte in hinreichender Zahl vorhanden sind. Ist dies der Fall, so sind diese maßgeblich, ggf. mit Anpassungsbeträgen.
Im [i]Vergleichswerte dürften nur in Ausnahmefällen vorhanden sein Rahmen einer Betriebsaufspaltung werden regelmäßig mehrere Wirtschaftsgüter überlassen, z. B. Immobilien, Maschinen, immaterielle Wirtschaftsgüter wie insbesondere ein Firmenwert. Vergleichswerte in hinreichender Zahl werden wohl nur in Ausnahmefällen gegeben sein.
2. Schätzung
[i]Maßstab ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter Fehlt es an hinreichend aussagefähigen Vergleichswerten, ist regelmäßig ein hypothetischer Fremdvergleich erforderlich, der sich an den mutmaßlichen Überlegungen von ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleitern orientiert:
Der [i]Interessen des VerpächtersVerpächter wird bei seiner Kalkulation die Kapitalverzinsung, den Wertverzehr und die Vergütung für immaterielle Wirtschaftsgüter, insbesondere den Geschäftswert, einbeziehen (nachfolgend Abschnitte III.3.1 bis 3.3).
Der [i]Interessen des Pächters Pächter wird darauf bedacht sein, dass ihm nachhaltig eine ausreichende Marge verbleibt (Abschnitt III.4).
Bei [i]Söffing/Micker, Die Betriebsaufspaltung, 7. Aufl. 2019, Abschnitt XI, Rz. 1501 ff.dieser Sichtweise wird dem Umstand Rechnung getragen, dass im Rahmen der Betriebsaufspaltung oftmals echte Interessengegensätze fehlen, die Pacht soll sowohl aus Sicht des Pächters als auch aus Sicht des Verpächters akzeptabel sein.
Ein allgemein gültiges Berechnungsschema zur Ermittlung eines angemessenen Nutzungsentgelts gibt es allerdings nicht, so dass regelmäßig ein erheblicher Ermessensspielraum besteht.
3. Vergütung aus der Sicht des Verpächters
3.1 Kapitalverzinsung
Für die Kapitalverzinsung sind die Zinssätze für risikofreie Kapitalanlagen heranzuziehen. Als Untergrenze aus Sicht des Verpächters wird regelmäßig das jeweilige Zinsniveau für langfristige Kapitalanlagen und als Obergrenze aus Sicht des Pächters das Zinsniveau für entsprechende Ausleihungen angesehen.
Auf die Buchwerte der überlassenen Wirtschaftsgüter sind ggf. Zuschläge erforderlich, da die Verzinsung ausgehend von den Teilwerten zu ermitteln ist. In der Literatur werden aktuell überwiegend folgende Zinssätze als angemessen angesehen: S. 430
etwa 5 bis 8 % des Teilwerts für Immobilien und
etwa 6 bis 10 % des Teilwerts für das übrige Vermögen.
Soweit das Zinsniveau für risikofreie Kapitalanlagen dauerhaft auf dem aktuellen Niveau verbleibt mit Zinssätzen, die teils negativ sind oder weniger als 1 % betragen, dürften sich die angemessenen Zinsen am unteren Rand dieser Bandbreiten bewegen. Die sich dadurch ergebenden Minderbeträge dürften jedoch bei Immobilien häufig durch entsprechend erhöhte Teilwerte ausgeglichen werden.
Im Übrigen ist es natürlich auch denkbar, dass der obere Rand der Bandbreite überschritten wird, wenn die Bonität des Pächters dies erfordert. Auch ein erhöhtes unternehmerisches Risiko des Pächters, z. B. durch die Abhängigkeit von nur einem Kunden oder bei Geschäften mit einem erhöhten Währungsrisiko, kann zu einem Zuschlag bei Ermittlung des angemessenen Zinses führen, der letztlich nur nach den Grundsätzen des hypothetischen Fremdvergleichs geschätzt werden kann.
3.2 Vergütung für den Wertverzehr
[i]Vergütung der AfA Der Wertverzehr ist regelmäßig mit der linearen steuerlichen Absetzung für Abnutzung ohne Sonderabschreibung zu berücksichtigen. Falls der Verpächter eine Substanzerhaltungsverpflichtung vereinbart hat, ist keine Komponente für den Wertverzehr zu berücksichtigen. Insoweit wäre zu vereinbaren, dass der Pächter verpflichtet ist, die verpachteten Anlagen zu erhalten und regelmäßig zu erneuern, wobei die Verpflichtungen entsprechend dem Einzelfall definiert werden sollten.
[i]Rückstellung für SubstanzerhaltungsverpflichtungFür die Verpflichtung ist eine Rückstellung zu bilden, deren Höhe sich bemisst nach den mutmaßlichen Wiederbeschaffungskosten am Bilanzstichtag; zu berücksichtigen sind dabei der Zeitpunkt der Erstbeschaffung bzw. die Nutzungsdauer der Anlagen und die künftigen Preis- und Kostensteigerungen. Die Rückstellung ist entsprechend des sich ab dem Pachtbeginn aufbauenden Erfüllungsrückstands (noch nicht eingelöste Verpflichtung zur Substanzerhaltung), der sich nach dem jährlichen Wertverzehr bestimmt, ratierlich anzusammeln und abzuzinsen.
Grundsätzlich ist zwischen dem Betrieb des Verpächters und dem des Pächters eine korrespondierende Bilanzierung in gleicher Höhe notwendig (Rückstellung beim Pächter; Forderung beim Verpächter).
3.3 Vergütung für immaterielle Wirtschaftsgüter, insbesondere Firmenwert
[i]PrüfschritteFür die Vergütung immaterieller Wirtschaftsgüter ist zunächst zu prüfen,
ob ein Firmenwert überhaupt vorhanden ist,
ob dieser im Rahmen der Begründung der Betriebsaufspaltung übergeht oder
ob er nur überlassen wird.