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BBK Nr. 5 vom Seite 215

Besteuerung und Buchführung gemeinnütziger Vereine – Eine Einführung

Teil 2: Vier-Sphären-Modell und weitere Besonderheiten bei der Ertragbesteuerung

Christian Stiebert

[i]Stiebert, Besteuerung und Buchführung gemeinnütziger Vereine – Eine Einführung, Teil 1: Steuerbegünstigung nach §§ 51 ff. AO, BBK 1/2022 S. 20 NWB BAAAH-97399 Steuerbegünstigte Körperschaften finanzieren die Verwirklichung ihrer Satzungszwecke regelmäßig durch – nicht der Besteuerung unterliegende – Spenden und Mitgliedsbeiträge. Darüber hinaus betätigen sie sich zur Erzielung zusätzlicher Einnahmen häufig wirtschaftlich. Während der erste Teil der Reihe „Besteuerung und Buchführung gemeinnütziger Vereine“ in sich mit den abgabenrechtlichen Voraussetzungen der Gemeinnützigkeit befasste, sollen in diesem zweiten Teil nun die verschiedenen Tätigkeitsbereiche steuerbegünstigter Körperschaften aufgezeigt sowie die Besonderheiten bei der Einkommensermittlung erläutert werden. Teil 3 in einer der nächsten BBK wird sich dann mit der Umsatzsteuer befassen; Teil 4 schlussendlich enthält eine Fallstudie zur Buchführung am Beispiel eines Sportvereins.

I. Tätigkeitsbereiche einer gemeinnützigen Körperschaft

[i]Unterscheidung von Zweckverwirklichung und Mittelerwirtschaftung Die Tätigkeit einer steuerbegünstigten Körperschaft lässt sich zunächst unterteilen in Maßnahmen zur Verwirklichung der steuerbegünstigten Satzungszwecke und Betätigungen (wirtschaftliche Geschäftsbetriebe und Vermögensverwaltung) zur Generierung zusätzlicher Mittel, die wiederum zur Zweckverwirklichung benötigt werden.

[i]Vier-Sphären-Modell Eine strikte Trennung zwischen Zweckverwirklichung und wirtschaftlicher Betätigung ist allerdings nicht möglich, denn auch wirtschaftliche Geschäftsbetriebe können dem steuerbegünstigten Satzungszweck dienen, sie sind sog. Zweckbetriebe. Die Aktivitäten einer steuerbegünstigten Körperschaft lassen sich im Rahmen des sog. Vier-Sphären-Modells in vier Tätigkeitsbereiche unterteilen:

  • ideeller Bereich,

  • Vermögensverwaltung,

  • Zweckbetriebe und

  • steuerpflichtige wirtschaftliche Geschäftsbetriebe.S. 216

Dabei [i]Partielle Steuerpflicht des Vereinsstellen der ideelle Bereich, die Vermögensverwaltung und die Zweckbetriebe den steuerbegünstigten Bereich dar. Der steuerpflichtige wirtschaftliche Geschäftsbetrieb ist davon ausgenommen, da die steuerbegünstigte Körperschaft insoweit am allgemeinen Wirtschaftsleben teilnimmt und in Konkurrenz zu anderen nicht begünstigten Unternehmen tritt. Die insoweit gegebene partielle Steuerpflicht (§ 64 Abs. 1 AO) gründet auf dem Gedanken des Wettbewerbsschutzes.

Hinweis:

Sämtliche Einnahmen und Aufwendungen einer steuerbegünstigten Körperschaft müssen diesen vier Tätigkeitsbereichen genau zugeordnet werden. Besitzt die Körperschaft mehrere Vermögensanlagen, z. B. Vermietungsobjekte, oder unterhält sie mehrere steuerpflichtige wirtschaftliche Geschäftsbetriebe, muss die Aufteilung grundsätzlich auf jedes Anlageobjekt oder jeden wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb exakt erfolgen.

Dies kann insbesondere bei den Aufwendungen zu Problemen führen, da diese häufig mehrere Tätigkeitsbereiche zugleich betreffen, z. B. Aufwendungen für die allgemeine Verwaltung.

II. Ideeller Bereich

[i]Zweckverwirklichung des Vereins im ideellen Bereich Der ideelle Bereich umfasst alle Tätigkeiten zur Verwirklichung der steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke einer Körperschaft, die unentgeltlich und nicht im Rahmen einer wirtschaftlichen Betätigung erbracht werden. Die im ideellen Bereich vereinnahmten Gelder oder geldwerten Güter stellen keine Gegenleistung für das satzungsmäßige Handeln der steuerbegünstigten Körperschaft dar. Einnahmen des ideellen Bereichs sind Mitgliedsbeiträge, Spenden, Aufnahmegebühren, Zuschüsse und Erbschaften.

Hinweis:

Mitgliedsbeiträge, Spenden und Zuschüsse sind allerdings nur dann dem ideellen Bereich zuzuordnen, wenn diesen Leistungen tatsächlich keine unmittelbaren Gegenleistungen der Körperschaft gegenüberstehen. Fehlt es an der Unentgeltlichkeit, ist regelmäßig zu prüfen, ob es sich um Einnahmen im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs handelt.

Echte [i]Echte Mitgliedsbeiträge Mitgliedsbeiträge sind dazu bestimmt, einen Verein in den Stand zu versetzen, seine Satzungszwecke für die Gesamtbelange aller seiner Mitglieder zu erfüllen. Diese Voraussetzung ist gegeben, wenn das einzelne Mitglied seinen Beitrag ohne Rücksicht auf eine tatsächliche oder vermutete eigene Inanspruchnahme der Tätigkeit des Vereins erbringt. Solche Mitgliedsbeiträge, die aufgrund der Satzung erhoben werden, bleiben – unabhängig von der Gemeinnützigkeit – bei der Ermittlung des Einkommens außer Ansatz (§ 8 Abs. 5 KStG).

[i]Unechte MitgliedsbeiträgeEchte Mitgliedsbeiträge sind dagegen nicht anzunehmen, wenn und soweit mit den Beiträgen Leistungen des Vereins abgegolten werden, die den Sonderbelangen der einzelnen zahlenden Mitglieder dienen.

Beispiel

Ein steuerbegünstigter Sportverein nimmt einen erhöhten Mitgliedsbeitrag, der über die allgemeinen Mitgliedschaftsrechte hinaus das zahlende Mitglied berechtigt, das vereinseigene – den erhöhten Beitrag zahlenden Mitgliedern vorbehaltene – Fitnessstudio zu nutzen.S. 217

Lösung

In Höhe des Mehrbetrags liegt ein unechter Mitgliedsbeitrag vor, der nicht dem ideellen Bereich, sondern einem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb (hier: Zweckbetrieb) zuzuordnen ist. Die Aufteilung in einen steuerfreien Teil (Mitgliedsbeitrag) und ein (ggf. steuerpflichtiges) Leistungsentgelt hat im Zweifelsfall im Schätzungswege zu erfolgen.

III. Vermögensverwaltung

1. Allgemeines

[i]Erwirtschaftung zusätzlicher Erträge Verfügt eine steuerbegünstigte Körperschaft über nicht dem Gebot der zeitnahen Verwendung (§ 55 Abs. 1 Nr. 5 AO) unterliegende Mittel – insbesondere solche der freien Rücklage (§ 62 Abs. 1 Nr. 3 AO) oder des zulässigen Vermögens (§ 62 Abs. 3 AO) –, kann sie diese dazu verwenden, zusätzliche Erträge zur Verfolgung ihrer gemeinnützigen Zwecke zu erwirtschaften. Die Art der Vermögensanlage steht der Körperschaft dabei grundsätzlich frei.

Hinweis:

Zu beachten ist allerdings, dass die Sicherheit der Anlage Vorrang vor der zu erzielenden Rendite hat. Die Mittel können entweder im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs oder aber im Rahmen der Vermögensverwaltung verwendet werden.

[i]Definition der Vermögensverwaltung § 14 Satz 3 AO definiert die Vermögensverwaltung als Nutzung des Vermögens durch Dritte gegen Entgelt und nennt als Beispiele die verzinsliche Anlage von Kapitalvermögen und die Vermietung oder Verpachtung unbeweglichen Vermögens.

Erkennbar wird durch diese Tätigkeiten nicht der Satzungszweck einer steuerbegünstigten Körperschaft verwirklicht. Dennoch ist die Vermögensverwaltung nicht nur zur Mittelerwirtschaftung gestattet, sondern darüber hinaus – anders als steuerpflichtige wirtschaftliche Geschäftsbetriebe – durch das Gemeinnützigkeitsrecht privilegiert. So sind etwa die im Rahmen der Vermögensverwaltung erzielten Einkünfte nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 Satz 1 KStG von der Körperschaftsteuer befreit.

Trotz der Ertragsteuerfreiheit ist eine Ermittlung der Einkünfte aus der Vermögensverwaltung notwendig: Zum einen sind Verluste aus dem Bereich der Vermögensverwaltung grundsätzlich gemeinnützigkeitsschädlich, zum anderen ist der Überschuss aus der Vermögensverwaltung relevant für die Höhe der zeitnah zu verwendenden Mittel sowie die Bildung der freien Rücklage gem. § 62 Abs. 1 Nr. 3 AO.

Hinweis:

Die Abgrenzung zwischen wirtschaftlichem Geschäftsbetrieb und Vermögensverwaltung deckt sich weitgehend mit der von aktiven zu passiven Einkünften des Einkommensteuergesetzes.

2. Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung

[i]VuV unbeweglichen Vermögens und Werbung als häufige FälleEine steuerbegünstigte Körperschaft kann grundsätzlich alle Tätigkeiten i. S. des § 21 Abs. 1 EStG ausüben. In der Praxis sind insbesondere die Vermietung und Verpachtung von unbeweglichem Vermögen (§ 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG) und die zeitlich begrenzte Überlassung von Rechten (§ 21 Abs. 1 Nr. 3 EStG) relevant. Zu nennen ist hier insbesondere die Überlassung von Werberechten. S. 218

Als Einnahmen kommen Miet- und Pachtentgelte in Betracht; ihnen gegenüber stehen Aufwendungen in Form typischer Werbungskosten wie Abschreibung für Abnutzung, Erhaltungsaufwendungen, Schuldzinsen oder Versicherungsbeiträge.

Beispiel

Ein gemeinnütziger Sportverein verpachtet die Gaststätte seines Vereinsheims (ohne Mobiliar) für einen längeren Zeitraum an einen Gastwirt.

3. Einkünfte aus Kapitalvermögen

[i]Abgrenzung von steuerpflichtigen und steuerfreien Einkünften aus Kapitalvermögen Erzielt eine steuerbegünstigte Körperschaft Einkünfte aus Kapitalvermögen (§ 8 Abs. 1 Satz 1 KStG i. V. mit § 20 EStG), sind auch diese Einkünfte gem. § 5 Abs. 1 Nr. 9 Satz 1 KStG von der Körperschaftsteuer befreit. Die Steuerbefreiung gilt allerdings nur, soweit die Kapitalanlagen nicht dem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb zuzuordnen sind (§ 44a Abs. 4 Satz 5 EStG).

Typische Einnahmen sind Zinsen, Dividenden oder Gewinnausschüttungen. Da entsprechende Erträge regelmäßig dem Kapitalertragsteuereinbehalt durch den Schuldner der Kapitalerträge oder die auszahlende Stelle unterliegen (§§ 43 ff. EStG), empfiehlt es sich zur Vermeidung von umständlichen Anträgen auf Erstattung der Kapitalertragsteuer, die Steuerbefreiung nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG diesen gegenüber nachzuweisen (§ 44a Abs. 4 Satz 3 und Abs. 7 Satz 2 EStG). Im Falle des Nachweises wird der Steuerabzug nicht vorgenommen.

Hinweis:

Der Nachweis erfolgt grundsätzlich durch die Vorlage einer NV-Bescheinigung, die bei dem für die Körperschaft zuständigen Finanzamt mittels des amtlich vorgeschriebenen Vordrucks „NV 2 A“ beantragt werden kann. Die Bescheinigung gilt regelmäßig für einen Zeitraum von drei Jahren (§ 44a Abs. 2 Satz 3 EStG). Möglich ist auch der Nachweis anhand einer amtlich beglaubigten Kopie des zuletzt erteilten Freistellungsbescheids, der für einen nicht länger als fünf Jahre zurückliegenden Veranlagungszeitraum vor dem Veranlagungszeitraum des Zuflusses der Kapitalerträge erteilt worden ist, oder durch eine amtlich beglaubigte Kopie des Feststellungsbescheids nach § 60a AO, in dem darauf angegebenen Zeitraum.

Wurde seitens des Schuldners der Kapitalerträge bzw. der auszahlenden Stelle in Ermangelung eines Nachweises der Steuerbegünstigung Kapitalertragsteuer einbehalten und ist eine Änderung der Steueranmeldung nach § 44b Abs. 5 EStG unterblieben, kann die steuerbegünstigte Körperschaft die Erstattung der zu Unrecht einbehaltenen Kapitalertragsteuer beantragen entweder bei dem für sie zuständigen Finanzamt oder bei dem Finanzamt, an das die Kapitalertragsteuer abgeführt wurde.

Entgegen [i]Überschuss aus Vermögensverwaltung unter Berücksichtigung der Werbungskosten den Grundsätzen der Abgeltungsteuer ist bei der Berechnung des Überschusses aus der Vermögensverwaltung für gemeinnützigkeitsrechtliche Zwecke auch eine Berücksichtigung der Werbungskosten zu den Einnahmen aus Kapitalvermögen erforderlich. Als solche kommen beispielsweise Kontoführungs- oder Depotgebühren sowie Transaktionskosten in Betracht. S. 219

Hinweis:

In Begegnung der Steuerumgehung durch sog. Cum/Cum-Gestaltungen hat der Gesetzgeber in der jüngeren Vergangenheit mit der Einführung des § 36a EStG eine Ausnahme vom Grundsatz der Steuerfreiheit der Vermögensverwaltung bei dem Grunde nach steuerbefreiten Körperschaften geschaffen.

IV. Wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb

1. Voraussetzungen

[i]Selbständige nachhaltige Tätigkeit Neben den Tätigkeiten im Rahmen des ideellen Bereichs und der Vermögensverwaltung unterhalten steuerbegünstigte Körperschaften regelmäßig wirtschaftliche Geschäftsbetriebe, die abhängig von ihrer Zielrichtung als Zweckbetrieb dem begünstigten oder als sog. steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb dem nicht begünstigten Bereich zuzuordnen sind. Beiden ist der Grundtatbestand des § 14 Satz 1 AO gemein: Demnach ist ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb eine selbständige nachhaltige Tätigkeit, durch die Einnahmen oder andere wirtschaftliche Vorteile erzielt werden und die über den Rahmen einer Vermögensverwaltung hinausgeht. Die Absicht, Gewinn zu erzielen, ist nicht erforderlich.

[i]Sachliche Selbständigkeit Eine Tätigkeit ist als selbständig anzusehen, wenn sie sich vom steuerbegünstigten Wirkungsbereich derart abgrenzen lässt, dass sie auch ohne die übrige Betätigung der Körperschaft ausgeübt werden kann (sachliche Selbständigkeit). Dabei bilden alle Tätigkeiten, die unabdingbar für die konkrete Form der Einnahmeerzielung sind, einen einheitlichen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb. Abzustellen ist insofern auf eine enge sachliche, wirtschaftliche und organisatorische Verknüpfung der einzelnen Tätigkeiten.

Beispiel

Ein steuerbegünstigter Sportverein richtet ein Sommerfest aus, in dessen Rahmen an separaten Ständen Speisen und Getränke verkauft werden.

Die [i]Nachhaltigkeit Tätigkeit ist darüber hinaus nachhaltig, wenn sie grundsätzlich auf Wiederholung angelegt ist. Es ist ausreichend, wenn der allgemeine Wille besteht, gleichartige oder ähnliche Handlungen bei sich bietender Gelegenheit zu wiederholen. Wiederholte Tätigkeiten liegen zudem vor, wenn der Grund des Tätigwerdens auf einem einmaligen Entschluss beruht, die Erledigung aber mehrere (Einzel-)Tätigkeiten erfordert.

[i]Ziel: Einnahmen oder sonstige wirtschaftliche Vorteile Ziel der selbständigen und nachhaltigen wirtschaftlichen Tätigkeit muss die Erzielung von Einnahmen oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteilen sein. Als wirtschaftliche Vorteile i. S. des § 14 AO sind alle für die Körperschaft positiven wirtschaftlichen Folgen aus der Tätigkeit anzusehen. Keine wirtschaftlichen Vorteile in diesem Sinne sind dagegen die durch die Tätigkeit erlangten Mitgliedsbeiträge, Spenden oder Erbschaften.

Hinweis:

Der Begriff des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs ist weiter gefasst als der Begriff des Gewerbebetriebs i. S. des § 15 Abs. 2 EStG, dem eine Gewinnerzielungsabsicht und die Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr immanent ist. Wenngleich die Annahme eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs keine Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr voraussetzt, so setzt sie doch die Teilnahme am wirtschaftlichen Verkehr voraus. Diese ist immer dann gegeben, wenn die steuerbegünstigte Körperschaft zu nicht begünstigten wirtschaftlichen Unternehmen S. 220in Konkurrenz tritt und die Tätigkeit auf einen Leistungsaustausch gerichtet ist.

Die Leistungen müssen dabei nicht für jeden zugänglich sein, insofern ist auch ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb anzunehmen, wenn sich die wirtschaftliche Betätigung nur an die Mitglieder richtet.

Sind [i]Prüfung einer Zweckbetriebsvorschrift der §§ 65-68 AO die Voraussetzungen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs erfüllt, gilt es zu prüfen, ob die wirtschaftliche Betätigung eine Zweckbetriebsvorschrift der §§ 65 bis 68 AO erfüllt. Andernfalls ist der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb steuerpflichtig (§ 64 AO).

2. Zweckbetrieb

2.1 Einführung

[i]Verwirklichung der steuerbegünstigten SatzungszweckeWesensmerkmal des Zweckbetriebs ist grundsätzlich, dass durch die ihm zurechenbare wirtschaftliche Betätigung die steuerbegünstigten Satzungszwecke einer Körperschaft tatsächlich und unmittelbar verwirklicht werden. Es reicht dagegen nicht aus, wenn lediglich die durch die Tätigkeit erwirtschafteten Erträge dem satzungsmäßigen Zweck der Körperschaft zugeführt werden (sog. Mittelbeschaffungsbetriebe).

Auch ist kein Zweckbetrieb gegeben, wenn die geschäftliche Aktivität der Körperschaft zwar eine Zweckbetriebsnorm der §§ 66 ff. AO erfüllt, Tätigkeit und Zweckbetriebsnorm aber nicht im Einklang mit den Satzungszwecken der Körperschaft stehen.

Beispiel

Ein steuerbegünstigter Sportverein mit dem einzigen Satzungszweck der Förderung des Sports i. S. des § 52 Abs. 2 Nr. 21 AO unterhält ein Sportmuseum. Für den Besuch des Sportmuseums verlangt der Verein einen Eintrittspreis von 5 €.

Lösung

Ein Museum stellt eine kulturelle Einrichtung dar, die grundsätzlich gem. § 68 Nr. 7 AO die Voraussetzungen eines Zweckbetriebs erfüllt. Dennoch ist vorliegend ein steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb anzunehmen, denn der Betreiberverein verfolgt nicht den steuerbegünstigten Zweck der Förderung von Kunst und Kultur (§ 52 Abs. 2 Nr. 5 AO), sondern ausschließlich die Förderung des Sports. Dabei ist es unerheblich, dass sich das Museum dem Thema „Sport“ widmet.

Zweckbetriebe [i]Zweckbetriebe gehören zum steuerbegünstigten Bereich sind dem steuerbegünstigten Bereich einer gemeinnützigen Körperschaft zuzuordnen. Die für sie geltenden Steuervergünstigungen werden in den jeweiligen Einzelsteuergesetzen geregelt. Zu nennen sind insbesondere die Körperschaft- und Gewerbesteuerbefreiung (§ 5 Abs. 1 Nr. 9 Satz 1 KStG, § 3 Nr. 6 GewStG) und die Ermäßigung des Umsatzsteuersatzes für die den Zweckbetrieben zuzurechnenden Umsätze (§ 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG).

Die gesetzlichen Grundlagen des Zweckbetriebs finden sich in den §§ 65 bis 68 AO: Während § 65 AO die allgemeine gesetzliche Definition eines Zweckbetriebs beinhaltet, enthalten die §§ 66 bis 68 AO Sonderregelungen für Einrichtungen der Wohlfahrtspflege, für Krankenhäuser, bestimmte Sportveranstaltungen sowie eine Aufzählung von Katalogzweckbetrieben.

Erfüllt ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb einen dieser Sondertatbestände, ist der Betrieb, sofern mit ihm die steuerbegünstigten Satzungszwecke der Körperschaft verfolgt werden, kraft Gesetzes und damit unabhängig von den allgemeinen Voraussetzungen des § 65 AO als Zweckbetrieb zu beurteilen.S. 221

[i]§ 65 AO als Auffangtatbestand Die §§ 66 bis 68 AO sind damit gegenüber dem Auffangtatbestand des § 65 AO vorrangig zu prüfen. Im Umkehrschluss stellen die §§ 66 bis 68 AO keine abschließende Aufzählung möglicher Zweckbetriebe dar.

2.2 Zweckbetrieb i. S. des § 65 AO

[i]Drei Voraussetzungen § 65 AO nennt drei Voraussetzungen zur Annahme eines Zweckbetriebs im Sinne dieser Norm, die kumulativ erfüllt sein müssen:

  • Der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb muss in seiner Gesamtrichtung dem steuerbegünstigten Satzungszweck dienen (Nr. 1),

  • der Satzungszweck darf nur durch einen solchen Geschäftsbetrieb erreicht werden können (Nr. 2) und

  • der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb darf zu nicht begünstigten, ähnlichen Betrieben nur in einem unvermeidbaren Umfang in Wettbewerb treten (Nr. 3).

2.2.1 Gesamtrichtung

[i]Betrachtung aller Aktivitäten des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs Zur Beurteilung der Frage, ob in der Gesamtrichtung der Satzungszweck verfolgt wird (§ 65 Nr. 1 AO), bedarf es zunächst einer Gesamtbetrachtung der einzelnen Aktivitäten des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs. Da gemäß dem Gesetzeswortlaut auf die Gesamtrichtung abgestellt wird, ist es nicht entscheidend, dass jede einzelne Tätigkeit steuerbegünstigten Zwecken dient.

Hinweis:

Werden im Geschäftsbetrieb auch zweckfremde Tätigkeiten ausgeübt, ist dies unschädlich, wenn sie im Verhältnis zur zweckverwirklichenden Haupttätigkeit nur geringfügig sind. Nach der BFH-Rechtsprechung ist eine Geringfügigkeit anzunehmen, wenn die satzungsfremden Tätigkeiten 10 % der Gesamttätigkeit nicht überschreiten.

Die Geringfügigkeitsgrenze von 10 % ist insbesondere dann zu beachten, wenn der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb zweckfremde Leistungen zur Kapazitätsauslastung erbringt.

2.2.2 Unentbehrlichkeit

[i]Unentbehrlichkeit für den satzungsgemäßen ZweckDer wirtschaftliche Geschäftsbetrieb muss ferner für die Verwirklichung der steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke unentbehrlich sein und unmittelbar benötigt werden. Gemäß § 65 Nr. 2 AO dürfen die Zwecke nur durch ihn erreicht werden können.

Beispiel

Ein steuerbegünstigter Jugendhilfe-Verein betreibt in einem Jugendzentrum ein Café. Obwohl der Betrieb des Cafés für den gemeinnützigen Zweck der Jugendhilfe als förderlich angesehen werden kann, erfüllt das Café nicht die Voraussetzung des § 65 Nr. 2 AO, da es nicht unerlässlich für die Verwirklichung des steuerbegünstigten Zwecks ist.

2.2.3 Wettbewerbsverbot

[i]Preisvorteil durch ersparte Steuern und damit WettbewerbsverzerrungAbschließend darf der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb zu nicht begünstigten Betrieben derselben oder ähnlicher Art nicht in größerem Umfang in Wettbewerb treten, als es bei Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke unvermeidbar ist (§ 65 Nr. 3 AO). S. 222

Eine steuerbegünstigte Körperschaft kann insbesondere wegen der an die Zweckbetriebseigenschaft anknüpfenden Steuervorteile ihre Leistung am Markt preiswerter anbieten als etwaige Wettbewerber. Die wirtschaftliche Betätigung kann damit – auch bei der Verfolgung steuerbegünstigter Zwecke – zu Wettbewerbsverzerrungen führen. Dabei kommt es nicht entscheidend darauf an, dass ein tatsächlicher Wettbewerb vorliegt. Ein Zweckbetrieb ist vielmehr bereits dann nicht mehr anzunehmen, wenn lediglich die Möglichkeit eines Wettbewerbs besteht (potenzieller Wettbewerb).

Unschädlich ist dagegen der uneingeschränkte Wettbewerb zu Zweckbetrieben anderer steuerbegünstigter Körperschaften, die demselben steuerbegünstigten Zweck dienen und ihn in der gleichen oder in ähnlicher Form verwirklichen.

[i]Einschränkung des Wettbewerbsverbots Das Wettbewerbsverbot des § 65 Nr. 3 AO ist dahingehend eingeschränkt, dass ein Wettbewerb, soweit er zur Erfüllung des Satzungszwecks unvermeidbar ist, eingegangen werden darf. Kann also die steuerbegünstigte Körperschaft ihren satzungsmäßigen Zweck nur durch den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb verwirklichen, ist ein möglicher Wettbewerbsvorteil irrelevant.

2.3 Sonderregelungen für bestimmte Zweckbetriebe

[i]Gesamtrichtung muss noch Zweckbetrieb sein Die §§ 66 bis 68 AO beinhalten Sonderregelungen für bestimmte Zweckbetriebe und sind vorrangig vor § 65 AO zu prüfen. Die Voraussetzungen des § 65 AO müssen grundsätzlich nicht zusätzlich erfüllt sein; insbesondere gilt dies für den Wettbewerbsschutz nach § 65 Nr. 3 AO. Die Betätigungen i. S. der §§ 66 bis 68 AO müssen allerdings in der Gesamtrichtung noch einen Zweckbetrieb darstellen. Entspricht beispielsweise die Tätigkeit einer Einrichtung i. S. der §§ 66 ff. AO nicht mehr der geforderten Gesamtrichtung als Zweckbetrieb, kann die Zweckbetriebseigenschaft nicht zuerkannt werden. Die Sonderregelungen sind:

  • § 66 AO [i]Wohlfahrtspflege regelt als Spezialnorm die Zweckbetriebseigenschaft von Einrichtungen der Wohlfahrtspflege.

  • Gemäß [i]Krankenhäuser § 67 AO sind Krankenhäuser, die bestimmte zusätzliche Voraussetzungen erfüllen, ebenfalls kraft Gesetzes Zweckbetriebe.

  • Sportliche [i]Sportvereine Veranstaltungen von Sportvereinen können unter den Voraussetzungen des § 67a AO als Zweckbetriebe zu beurteilen sein.

Abschließend [i]Diverse, z. B. Alten- und Kinderheime beinhaltet § 68 AO eine Auflistung verschiedener Zweckbetriebe, darunter z. B. Alten- und Pflegeheime, Kindergärten, Kinderheime und kulturelle Einrichtungen.