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NWB Nr. 5 vom Seite 302

Die Verteilung von Corona-Überbrückungshilfen im Unternehmensverbund

Handels- und steuerrechtliche Implikationen

Prof. Dr. Jürgen Mertes und Jonas Neef

[i]Corona-Überbrückungshilfe Phase 4 – Checkliste mit Berechnung, Arbeitshilfe, NWB UAAAI-02039 Durch das Fortbestehen der mit der Corona-Pandemie verbundenen staatlichen Einschränkungen dauert auch die Notwendigkeit der staatlichen Unterstützung besonders von diesen Maßnahmen und der Pandemie betroffenen Unternehmen an. Daher wurden die staatlichen Hilfen jüngst unter der Bezeichnung Überbrückungshilfe IV auf die Monate Januar bis März 2022 ausgeweitet. Die Überbrückungshilfen haben gemein, dass im Unternehmensverbund nur ein Antrag für alle Unternehmen durch ein Verbundunternehmen gestellt werden darf. Diesem antragstellenden Unternehmen wird auch die komplette, dem Unternehmensverbund gewährte Fördersumme ausgezahlt. Fraglich ist, ob und wie die ausgezahlten Hilfen im Unternehmensverbund zu verteilen sind. Die Frage der Verteilung ist von zentraler Bedeutung für die handels- und steuerbilanzielle Behandlung sowie die steuerliche Gewinnermittlung.

I. Antrag im Unternehmensverbund

[i]www.ueberbrueckungshilfe-unternehmen.deGrundsätzlich sind Unternehmen, die in einer monatsbezogenen Betrachtungsweise einen Corona-bedingten Umsatzsatzeinbruch von mindestens 30 % im Vergleich zum Referenzmonat im Jahr 2019 erlitten haben, antragsberechtigt ( vgl. Ziff. 1.1 der FAQ zur Überbrückungshilfe IV). Erstattet wird sodann – abhängig vom Umsatzeinbruch – ein Teil der förderfähigen Fixkosten des Fördermonats (vgl.  Ziff. 2.1 der FAQ zur S. 303Überbrückungshilfe IV; außerdem Neef/Steinert, NWB 39/2021 S. 2915). Zudem wird ggf. ein Eigenkapitalzuschuss gewährt (vgl.  Ziff. 2.1 der FAQ zur Überbrückungshilfe IV).

[i]Nur ein Antrag für alle verbundenen UnternehmenVerbundene Unternehmen dürfen nur einen Antrag für alle dem Verbund zuzuordnenden Unternehmen stellen (vgl.  Ziff. 5.2 der FAQ zur Überbrückungshilfe IV). Welche Unternehmen als verbundene Unternehmen gelten, richtet sich nach Anhang I Art. 3 Abs. 3 der  Verordnung (EU) Nr. 651/2014 (ABl EU 2014 Nr. L 187 S. 1; zur Qualifikation als verbundene Unternehmen s. Mertes/Klaas/Neef, NWB 4/2021 S. 283, 285; Mann, DStR 2021 S. 51). Im Rahmen des Antrags werden die für den Antrag notwendigen Unternehmenszahlen auf einer konsolidierten Grundlage erhoben. So können ggf. die Fixkosten eines isoliert betrachtet nicht antragsberechtigten Unternehmens aufgrund der Zahlen eines Verbundunternehmens in die Förderung einzubeziehen sein.

Beispiel 1:

Die A-GmbH hat im Januar 2022 einen Umsatz in Höhe von 400.000 € erzielt. Ihr Vergleichsumsatz im Januar 2019 betrug 1.000.000 €. Die B-GmbH ist 100 %ige Tochtergesellschaft der A-GmbH und hat im Januar 2022 sowie im Januar 2019 jeweils Umsätze in Höhe von 200.000 € erwirtschaftet. Isoliert betrachtet ist für Januar 2022 nur die A-GmbH aufgrund des 60 %igen Umsatzeinbruchs antragsberechtigt. Bei konsolidierter Betrachtung ergibt sich derweil ein verbundweiter Umsatzeinbruch von 50 %. Damit ist der Unternehmensverbund antragsberechtigt, die Fixkosten der B-GmbH sind bei Berechnung der Förderhöhe zu berücksichtigen.

Die Gewährung und die tatsächliche Höhe der Förderung hängt somit wirtschaftlich von dem Zusammenspiel verschiedener Einzelfaktoren der Verbundunternehmen ab.

[i]Auszahlung der ÜberbrückungshilfenDie Auszahlung der Überbrückungshilfen erfolgt vollständig auf ein Konto des antragstellenden Unternehmens. Fraglich ist, ob und ggf. in welchem Umfang das antragstellende Unternehmen die erhaltenen Förderungen an die übrigen Unternehmen des Verbunds weiterzuleiten hat.

II. Verteilung im Unternehmensverbund

1. Pflicht zur Verteilung

a) Auftrags- oder Geschäftsbesorgungsverhältnis?

[i]Weiterleitung zu hoher oder niedriger Beträge ...Nach den FAQ zur Überbrückungshilfe IV ist davon auszugehen, dass das antragstellende Unternehmen die Förderung – da diese auch bei anderen Unternehmen des Verbunds wirtschaftlich benötigt wird und diesen teilweise tatsächlich zuzurechnen ist – an die verbundenen Unternehmen weiterleitet. Werden bei Körperschaften von der beantragenden Gesellschaft höhere oder niedrigere Beträge an die verbundenen Unternehmen weitergeleitet, als auf diese nach dem Antrag entfällt, ist eine gesellschaftsrechtliche Veranlassung anzunehmen ( Ziff. 4.5 der FAQ zur Überbrückungshilfe IV). Dem Wortlaut der FAQ ist demnach keine – zumindest unmittelbare – Weiterleitungsverpflichtung zu entnehmen (so auch Zwirner/Vodermeyer/Krauß, WPg 2021 S. 1526). [i]... deutet auf gesellschaftsrechtliche Veranlassung hinAllerdings deutet der Hinweis auf eine gesellschaftsrechtliche Veranlassung bei Körperschaften, die zu hohe oder zu niedrige Beträge an verbundene Unternehmen auszahlen, auf die Implikation einer Weiterleitungsverpflichtung hin (vgl. IDW, Eingabe an das   Allokation von Corona-Finanzhilfen im Unternehmensverbund, S. 4 und 8). Denn die Annahme einer gesellschaftsrechtlichen Veranlassung mit Folge einer möglichen verdeckten Einlage oder verdeckten Gewinnausschüttung kann nur darin begründet sein, dass ein zivilrechtlicher Anspruch des verbundenen Unternehmens gegen das antragstellende Unternehmen auf Auszahlung der Förderung in einer bestimmten Höhe besteht. S. 304

[i]Zivilrechtlicher AnspruchZivilrechtlich könnte die Antragstellung – soweit sie für verbundene Unternehmen erfolgt – als zwischen dem antragstellenden Rechtsträger und dem jeweiligen verbundenen Unternehmen geschlossenes Auftragsverhältnis nach § 662 BGB oder als Geschäftsbesorgung i. S. des § 675 BGB, § 362 HGB zu qualifizieren sein. Solche Rechtsverhältnisse müssen nicht zwingend ausdrücklich geschlossen werden, sondern können sich auch durch schlüssiges Handeln ergeben (vgl. , NWB IAAAD-05509). In beiden Fällen hat der Antragsteller die nicht für eigene Rechnung beantragten und ihm zugeflossenen Hilfen gem. § 667 BGB herauszugeben (vgl. IDW, Eingabe an das   Allokation von Corona-Finanzhilfen im Unternehmensverbund, S. 4). Gleiches ergibt sich, wenn man kein rechtsverbindliches Auftrags- oder Geschäftsbesorgungsverhältnis, sondern ein unverbindliches Gefälligkeitsverhältnis annimmt (im Rahmen eines rechtsverbindlichen Auftrags- oder Geschäftsbesorgungsverhältnisses kommen die schuldrechtlichen Haftungsnormen zur Anwendung; bei Gefälligkeitsverhältnissen ist nur die deliktische Haftung anwendbar). Sodann würde ein Anspruch auf Herausgabe aus § 812 BGB entstehen.