Bemessung der Jugendstrafe: Anforderungen an die Darlegung der Berücksichtigung des Erziehungsgedankens im Urteil
Gesetze: § 18 Abs 2 JGG
Instanzenzug: LG Frankfurt Az: 5/03 KLs 11/20
Gründe
1Das Landgericht hat die Angeklagten jeweils wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit versuchter Durchfuhr von Betäubungsmitteln verurteilt, die Angeklagte M. zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten, den Angeklagten T. zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren und vier Monaten. Es hat ferner 3.087,8 g Kokainzubereitung sowie - ausweislich des Sitzungsprotokolls vom - zwei Koffer der Marke „Airline“ sowie zwei Koffer der Marke „Air Express Traveller Lin[e]“ eingezogen.
2Die Revisionen der Angeklagten, mit denen sie die Verletzung materiellen Rechts rügen, haben den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen sind die Rechtsmittel unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
31. Der Senat sieht entsprechend dem Antrag des Generalbundesanwalts hinsichtlich beider Angeklagter aus prozessökonomischen Gründen von der Einziehung der vier sichergestellten Koffer ab (§ 421 Abs. 1 Nr. 2 StPO), nachdem das Urteil des Landgerichts nicht die zur Entscheidung notwendigen Feststellungen enthält und die Einziehung der als Transportmittel benutzten vier Koffer neben den weiteren Rechtsfolgen nicht ins Gewicht fällt.
42. Im Übrigen hat die auf die Rüge materiellen Rechts veranlasste umfassende Prüfung des Urteils zum Schuldspruch sowie der verbleibenden Einziehungsentscheidung keinen Rechtsfehler zum Nachteil der beiden Angeklagten ergeben. Auch der Strafausspruch erweist sich bei der Angeklagten M. als rechtsfehlerfrei; hingegen hat er bei dem Angeklagten T. keinen Bestand. Der Generalbundesanwalt hat hierzu in seiner Antragsschrift ausgeführt:
„Die Anwendung von Jugendstrafrecht gemäß § 105 Abs. 1 Nr. 1 JGG sowie die Bejahung der Schwere der Schuld nach § 17 Abs. 2 JGG begegnen keinen rechtlichen Bedenken. Jedoch genügt die konkrete Strafzumessung nicht den Anforderungen des § 18 Abs. 2 JGG. Danach ist die Höhe der Jugendstrafe in erster Linie an erzieherischen Gesichtspunkten auszurichten. Die Urteilsgründe müssen deshalb erkennen lassen, dass dem Erziehungsgedanken die ihm zukommende Beachtung geschenkt und bei der Bemessung der Jugendstrafe das Gewicht des Tatunrechts gegen die Folgen der Strafe für die weitere Entwicklung des Heranwachsenden abgewogen worden ist (st. Rspr.; vgl. , NStZ-RR 2012, 186 mwN). Diesen Anforderungen genügen die Strafzumessungserwägungen des angefochtenen Urteils nicht. Das Landgericht hat vorrangig im Erwachsenenstrafrecht maßgebende Strafzumessungsgesichtspunkte wie das weitgehende Geständnis des Angeklagten, seine bisherige Straffreiheit, seine Haftempfindlichkeit, die objektiven Tatumstände sowie die Menge und Gefährlichkeit der geschmuggelten Drogen berücksichtigt (UA S. 25 f.). Der Erziehungsgedanke findet dagegen lediglich insoweit Erwähnung, als die Strafkammer nicht näher substantiiert ausführt, die verhängte Strafe sei „zur erzieherischen Einwirkung auf den Angeklagten (...) ausreichend, aber auch erforderlich“ (UA S. 26). Eine derartige lediglich formelhafte Erwähnung des Erziehungsgedankens reicht grundsätzlich nicht aus (vgl. , NStZ 2010, 281; vom - 3 StR 581/14 -, NStZ-RR 2015, 154 f.). Auch an anderer Stelle des Urteils finden sich keine Hinweise darauf, dass die Strafkammer bei der Bemessung der Jugendstrafe den Vorrang des Erziehungszwecks beachtet hat.“
5Dem stimmt der Senat zu. Die Sache bedarf daher insoweit neuer Verhandlung und Entscheidung.
63. Der geringfügige Erfolg der Revision der Angeklagten M. rechtfertigt es nicht, sie teilweise von den Kosten und Auslagen freizustellen, die durch ihr Rechtsmittel entstanden sind (§ 473 Abs. 4 StPO).
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2020:111120B2STR321.20.0
Fundstelle(n):
PAAAI-00545