Baubetrieb - Herstellung und Montage von mobilen Trennwänden - Sozialkassenverfahren - Beitragspflicht - betrieblicher Geltungsbereich
Gesetze: § 7 SokaSiG, Anl 26 SokaSiG, Anl 27 SokaSiG, Anl 28 SokaSiG, Anl 29 SokaSiG, Anl 30 SokaSiG, Anl 31 SokaSiG, VTV-Bau, § 11 Nr 18 BauWiAusbV 1999 vom , § 63 Nr 8 BauWiAusbV 1999 vom
Instanzenzug: ArbG Wiesbaden Az: 8 Ca 20/17 Urteilvorgehend Hessisches Landesarbeitsgericht Az: 12 Sa 579/18 SK Urteil
Tatbestand
1Die Parteien streiten über Beiträge zu den Sozialkassen der Bauwirtschaft.
2Der Kläger ist eine gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien in der Rechtsform eines Vereins mit eigener Rechtspersönlichkeit kraft staatlicher Verleihung. Er ist tarifvertraglich zum Einzug der Beiträge zu den Sozialkassen der Bauwirtschaft verpflichtet. Der Kläger verlangt von der Beklagten Beiträge für den Zeitraum von April 2012 bis Februar 2017 für sechs gewerbliche Arbeitnehmer und zwei Angestellte in Höhe von insgesamt 242.628,00 Euro. Er zieht die vom Statistischen Bundesamt ermittelten Durchschnittslöhne heran, um die Beitragsansprüche für die gewerblichen Arbeitnehmer zu berechnen. Der Kläger stützt seine Forderungen für den Zeitraum von April bis Dezember 2012 auf den Tarifvertrag über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe (VTV) vom idF vom (VTV 2011). Für Januar bis Juni 2013 liegt den Beitragsforderungen der VTV vom idF vom (VTV 2012) zugrunde, für Juli bis Dezember 2013 der VTV vom (VTV 2013 I) und für Januar bis Dezember 2014 der VTV vom idF vom (VTV 2013 II). Für die Zeit von Januar bis Dezember 2015 zieht der Kläger den VTV vom idF vom (VTV 2014) heran und für den Zeitraum von Januar 2016 bis Februar 2017 den VTV vom idF vom (VTV 2015).
3Die nicht originär tarifgebundene Beklagte produzierte im streitigen Zeitraum in ihrem Betrieb in O jeweils auftragsbezogen nach den individuellen Wünschen und konkreten Anforderungen ihrer Kunden mobile Trennwände. Sie benutzte für die Herstellung der Trennwände Rohprofile aus Metall. Mit den Trennwänden können größere Räume flexibel in kleinere Einheiten unterteilt werden. Die Rohprofile wurden im Betrieb durch Sägen, Stanzen, Bohren und Schweißen bearbeitet und anschließend mithilfe von Schrauben, Winkeln, Federverbindungen, Dichtleisten und anderen Teilelementen, zB aus Holz, Glas oder Kunststoff, zu einzelnen Wand-, Tür- oder Teleskopelementen zusammengefügt. Von den 150 in einem Kalenderjahr hergestellten mobilen Trennwänden bauten die Arbeitnehmer der Beklagten ca. 110 bei Kunden ein. Auf den Herstellungsprozess entfielen in den Kalenderjahren 2012 bis 2017 jeweils etwa 75 % der betrieblichen Gesamtarbeitszeit.
4Der Kläger hat gemeint, bei den mobilen Trennwänden habe es sich um Fertigbauteile iSv. § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 13 der Verfahrenstarifverträge des Baugewerbes gehandelt. Er hat behauptet, die Trennwände seien industriell vorgefertigt und im Rahmen des weiteren Herstellungsprozesses zugeschnitten, angepasst und schließlich montiert worden. Es seien auch Trocken- und Montagebauarbeiten iSv. § 1 Abs. 2 Abschn. V Ziff. 37 der Verfahrenstarifverträge verrichtet worden. Zwischen den auf die Herstellung und den Einbau entfallenden Arbeitszeitanteilen trete keine Zäsur auf. Die Kunden der Beklagten hätten eine einheitliche Leistung bestellt und sie erst nach dem Einbau der mobilen Trennwand abgenommen. Die Voraussetzungen dieser Beispielstätigkeit hat der Kläger auch deshalb für erfüllt gehalten, weil das Herstellen von Bauteilen im Trockenbau und von Trockenbaukonstruktionen im 2. Abschnitt des Zweiten Teils bzw. im 9. Abschnitt des Dritten Teils der Verordnung über die Berufsausbildung in der Bauwirtschaft vom (BauWiAusbV 1999) idF vom (BGBl. I S. 399) ausdrücklich erwähnt werde.
5Der Kläger hat beantragt,
6Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat gemeint, sie sei in den streitgegenständlichen Zeiten nicht in den betrieblichen Geltungsbereich der Verfahrenstarifverträge des Baugewerbes gefallen. Die mobilen Trennwände seien keine Fertigbauteile im Tarifsinn, weil sie keinen Ersatz für herkömmliche Wände darstellten. Sie habe auch keine Trocken- und Montagebauarbeiten iSv. § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 37 der Verfahrenstarifverträge durchgeführt. Mit dem Begriff „Herstellen“ umschreibe die BauWiAusbV 1999 das Erstellen der entsprechenden Bauteile vor Ort und nicht die Produktion in einem Betrieb. Die arbeitszeitlich überwiegend ausgeübte Tätigkeit der Beklagten sei nicht dem Baugewerbe, sondern dem Metallbauerhandwerk zuzuordnen.
7Der Kläger hat die Beitragsansprüche mit vier Mahnanträgen verfolgt. Der erste Mahnantrag betrifft die Ansprüche von April bis Dezember 2012 in Höhe von 36.090,00 Euro (- 8 Ba 2789/16 -). Die weiteren Mahnbescheide umfassen die Beitragsansprüche für den Zeitraum von Januar 2013 bis Dezember 2014 sowie für Januar und Februar 2017 in Höhe von 104.958,00 Euro, für Januar 2015 bis Oktober 2016 in Höhe von 93.090,00 Euro und für November und Dezember 2016 in Höhe von 8.490,00 Euro (- 8 Ba 0974/17 -, - 8 Ba 0095/17 -, - 8 Ba 0558/17 -). Das Arbeitsgericht hat die Verfahren verbunden und die Klage abgewiesen. Die dagegen gerichtete Berufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Zahlungsbegehren weiter.
Gründe
8Die Revision des Klägers ist nicht begründet. Die Vorinstanzen sind zu Recht davon ausgegangen, dass die Beklagte nicht nach den Verfahrenstarifverträgen des Baugewerbes beitragspflichtig ist. Der betriebliche Geltungsbereich der Verfahrenstarifverträge ist nicht eröffnet.
9A. Die Klage ist zulässig.
10I. Die Klage genügt den Anforderungen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Die geforderten Beiträge sind hinreichend bestimmt. Der Kläger hat die mit den vier Mahnanträgen geltend gemachten Beiträge zwar nicht auf die einzelnen Monate aufgeschlüsselt. Er hat jedoch die einzelnen Zeiträume genannt und angegeben, dass er jeweils für sechs gewerbliche Arbeitnehmer und zwei Angestellte Beiträge fordert. Mithilfe der auf der Rückseite der vier Mahnanträge aufgedruckten „Mindestbeiträge“, die auf der Grundlage der vom Statistischen Bundesamt ermittelten Durchschnittslöhne errechnet wurden, erschließt sich, wie sich die Beiträge für die gewerblichen Arbeitnehmer auf die einzelnen Monate verteilen. Zu den Beiträgen für die beiden Angestellten findet sich jeweils auf der Rückseite der Mahnanträge ein gedruckter Hinweis auf die einschlägigen Tarifnormen. Aufgrund der danach für jeden Kalendermonat anzusetzenden Festbeträge kann der Beitrag, der auf jeden einzelnen im Anspruchszeitraum liegenden Monat entfällt, ermittelt werden (vgl. - Rn. 28, BAGE 168, 374).
11II. Der Kläger hat die Klage nicht geändert, indem er die Beitragsforderungen bis einschließlich Dezember 2014 im Berufungsverfahren nur noch auf § 7 SokaSiG gestützt hat. Beitragsansprüche nach einem Verfahrenstarifvertrag, für dessen Geltungserstreckung sowohl eine Allgemeinverbindlicherklärung als auch § 7 SokaSiG in Betracht kommen, werden von demselben den Streitgegenstand umgrenzenden Lebenssachverhalt erfasst. Die Ansprüche stützen sich auf dasselbe Tatgeschehen. Sie sind weder in ihren materiell-rechtlichen Voraussetzungen noch in ihren Folgen oder strukturell grundlegend verschieden ausgestaltet (st. Rspr., zB - Rn. 11 mwN).
12B. Die Klage ist nicht begründet. Die Beklagte unterfällt nicht dem betrieblichen Geltungsbereich der Verfahrenstarifverträge des Baugewerbes.
13I. Ein Betrieb wird vom betrieblichen Geltungsbereich der Verfahrenstarifverträge des Baugewerbes erfasst, wenn in ihm arbeitszeitlich überwiegend Tätigkeiten versehen werden, die unter die Abschnitte I bis V des § 1 Abs. 2 der Verfahrenstarifverträge fallen. Werden baugewerbliche Tätigkeiten in diesem Sinn erbracht, sind ihnen auch diejenigen Nebenarbeiten zuzuordnen, die zu einer sachgerechten Ausführung der baulichen Leistungen notwendig sind und deshalb mit ihnen im Zusammenhang stehen. Auf wirtschaftliche Gesichtspunkte wie Umsatz und Verdienst und auf handels- oder gewerberechtliche Kriterien kommt es dabei nicht an. Für den Geltungsbereich der Verfahrenstarifverträge reicht es aus, wenn in dem Betrieb überwiegend eine oder mehrere der in den Beispielen ihrer Abschnitte IV oder V genannten Tätigkeiten ausgeübt werden. Der Betrieb wird dann stets vom betrieblichen Geltungsbereich der Verfahrenstarifverträge erfasst, ohne dass die allgemeinen Merkmale der Abschnitte I bis III zusätzlich geprüft werden müssen. Nur wenn in dem Betrieb arbeitszeitlich überwiegend nicht die in den Abschnitten IV und V genannten Beispielstätigkeiten versehen werden, muss darüber hinaus festgestellt werden, ob die ausgeführten Tätigkeiten die allgemeinen Merkmale der Abschnitte I bis III erfüllen (st. Rspr., zB - Rn. 22; - 10 AZR 138/19 - Rn. 17; - 10 AZR 103/19 - Rn. 14 mwN).
14II. Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass in einem Betrieb arbeitszeitlich überwiegend baugewerbliche Tätigkeiten verrichtet werden, obliegt dem Kläger. Sein Sachvortrag ist schlüssig, wenn er Tatsachen vorträgt, die den Schluss zulassen, der Betrieb des Arbeitgebers werde vom betrieblichen Geltungsbereich der Verfahrenstarifverträge des Baugewerbes erfasst. Dazu gehört neben der Darlegung von Arbeiten, die sich § 1 Abs. 2 der Verfahrenstarifverträge zuordnen lassen, auch die Darlegung, dass diese Tätigkeiten insgesamt arbeitszeitlich überwiegen (st. Rspr., zB - Rn. 23 mwN).
15III. Nach diesen Maßstäben hat der Kläger nicht schlüssig vorgetragen, dass der betriebliche Geltungsbereich der Verfahrenstarifverträge des Baugewerbes eröffnet ist. Das haben die Vorinstanzen zutreffend erkannt.
161. Im Betrieb der Beklagten wurden im streitigen Zeitraum keine Fertigbauarbeiten iSv. § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 13 der Verfahrenstarifverträge des Baugewerbes ausgeführt. Das Tätigkeitsbeispiel erfasst zwar auch das Herstellen von Fertigbauteilen, wenn sie zum überwiegenden Teil durch den Betrieb zusammengefügt oder eingebaut werden, um Bauwerke zu erstellen, instand zu setzen, instand zu halten oder zu ändern (vgl. - zu II 2 a der Gründe). Bei den mobilen Trennwänden, die die Beklagte im Streitzeitraum herstellte und zum überwiegenden Teil auch durch ihre Arbeitnehmer einbauen ließ, handelte es sich jedoch nicht um Fertigbauteile im Tarifsinn. Mobile Trennwände stellen keinen Ersatz für herkömmlich gebaute Trennwände dar.
17a) Die Tarifvertragsparteien haben den Begriff „Fertigbauteil“ nicht selbst definiert. Vielmehr haben sie einen Fachbegriff verwandt, der in allgemeinen und in fachlichen Kreisen eine bestimmte Bedeutung hat. In einem solchen Fall ist davon auszugehen, dass die Tarifvertragsparteien mit diesem Begriff den allgemein üblichen Sinn verbinden wollten, wenn nicht sichere Anhaltspunkte für eine abweichende Auslegung gegeben sind, die aus dem Tarifwortlaut oder anderen aus dem Tarifvertrag selbst ersichtlichen Gründen hervorgehen müssen ( - Rn. 17). Solche Umstände, die für eine abweichende Auslegung sprechen, gibt es nicht. Die Tarifvertragsparteien haben erkennbar auf die Bedeutung des Begriffs „Fertigbauteil“ nach dem allgemeinen Sprachgebrauch und nach der Fachsprache im Bauwesen abgestellt ( - Rn. 23, BAGE 120, 1).
18aa) Unter Fertigbau wird allgemein die Herstellung oder Errichtung eines Gebäudes in Fertigbauweise verstanden (Duden Deutsches Universalwörterbuch 9. Aufl. Stichwort „Fertigbau”). Fertigbauweise ist eine Bauweise, bei der in einer Fabrik hergestellte und auf der Baustelle zu einem Gesamtbauwerk zusammengefügte Bauteile verwendet werden (Wahrig Deutsches Wörterbuch 9. Aufl. Stichwort „Fertigbauweise“; Peter Lexikon Bautechnik 2. Aufl. Stichwort „Fertigbauweise“). Bei Gebäuden sind dies etwa Decken- und Wandplatten, Träger und Binder, bei Brücken Fahrbahnplatten und Trägerteile (Peter aaO; Grütze Bau-Lexikon Stichwort „Fertigbau, Fertighaus“). Fertigbauteile sind Bauteile aus einem oder mehreren Bau- oder Werkstoffen, die serienmäßig oder zumindest in größerer Stückzahl in entsprechenden Betrieben oder Werken für den Einbau auf der Baustelle gefertigt werden und als komplette Einheit verschiedene Bauleistungen enthalten können, wie zB Wandbauteile mit eingebauten Installationen oder fertiger Oberfläche (Peter aaO Stichwort „Fertigbauteile“).
19bb) Ein Betrieb führt damit nur dann Fertigbauarbeiten im Sinn des tariflichen Tätigkeitsbeispiels in § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 13 der Verfahrenstarifverträge des Baugewerbes aus, wenn er entweder Bauwerke mit solchen Fertigteilen vollständig in Fertigbauweise errichtet oder solche Fertigbauteile zur Erstellung, Instandsetzung, Instandhaltung oder Änderung von Bauwerken einbaut oder zusammenfügt und mit dieser Verwendung kompletter Baueinheiten die herkömmliche, konventionelle Arbeitsweise am Bau ersetzt wird ( - Rn. 41; - 10 AZR 190/10 - Rn. 24; - 10 AZR 305/07 - Rn. 24).
20b) Der Senat teilt die Auffassung des Landesarbeitsgerichts, wonach es sich bei den mobilen Trennwänden nicht um Fertigbauteile iSv. § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 13 der Verfahrenstarifverträge des Baugewerbes handelt. Mit ihrer Verwendung wird nicht die konventionelle Bauweise ersetzt.
21aa) Nicht tragende Innenwände in einem Gebäude werden herkömmlicherweise gemauert oder in Trockenbauweise erstellt. Vor allem Trockenbauwände können zwar in der Regel problemlos noch nachträglich in ein Gebäude eingebaut werden, um Räume an geänderte Bedürfnisse anzupassen. Trockenbauwände lassen sich meistens auch ohne großen Aufwand wieder aus einem Gebäude entfernen. Sowohl gemauerte als auch in Trockenbauweise hergestellte nicht tragende Innenwände zeichnen sich jedoch dadurch aus, dass sie nicht „mobil“ sind. Ist eine solche Wand eingebaut, können Größe und Zuschnitt der angrenzenden Räume erst verändert werden, wenn die Zwischenwand entfernt wird.
22bb) Das trifft auf die mobilen Trennwände, die die Beklagte im Streitzeitraum herstellte und bei ihren Kunden einbaute, nach den vom Landesarbeitsgericht getroffenen Feststellungen nicht zu. Im Gegensatz zu herkömmlichen Innenwänden können diese Trennwände ohne größeren Aufwand „verschwinden“. Es ist möglich, den jeweiligen Raum auch nach dem Einbau der mobilen Trennwand weiter in seiner ursprünglichen Größe zu nutzen, ohne dass die Trennwand zuvor ausgebaut werden müsste.
232. Die Beklagte führte im Streitzeitraum auch nicht arbeitszeitlich überwiegend Trocken- oder Montagebauarbeiten iSv. § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 37 der Verfahrenstarifverträge des Baugewerbes aus.
24a) Montagebau ist die auf der Montage vorgefertigter Teile beruhende Bauweise (Duden Deutsches Universalwörterbuch 9. Aufl. Stichwort „Montagebau“). Montage ist das Zusammensetzen oder der Zusammenbau einzelner vorgefertigter Teile ( - Rn. 31 mwN). Der Klammerzusatz in § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 37 der Verfahrenstarifverträge des Baugewerbes, der als Beispiele für Trocken- und Montagebauarbeiten den Einbau und die Verkleidung von Decken anführt, orientiert sich am Berufsbild des Trockenbaumonteurs. Bei der Trockenbaumontage werden industriell hergestellte Fertigteile - vor allem plattenförmige Bauteile aus verschiedenen Materialien - montiert, wobei die vorgefertigten Teile nicht mehr wesentlich verändert werden ( - Rn. 32, BAGE 171, 247; - 10 AZR 861/09 - Rn. 15). Die Tätigkeit des Trockenbaumonteurs steht im Zusammenhang mit der Montage von Fassaden, Unterdecken, Wand- und Deckenverkleidungen und - nicht zuletzt - von Leichtbauwänden ( - Rn. 37, aaO; vgl. - Rn. 15 [Montage von Reinraumanlagen]; - 10 AZR 582/98 - zu II 2 b der Gründe [Montage von mobilen Trennwänden]). Auch der Einbau von Fenstern und Türen zählt zu den Tätigkeiten eines Trockenbaumonteurs ( - Rn. 18, BAGE 120, 1).
25aa) Für die Beispielstätigkeit in § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 37 der Verfahrenstarifverträge des Baugewerbes kommt es nicht darauf an, ob die montierten Fertigteile so mit den Bauwerken verbunden wurden, dass sie bei sachgemäßer Demontage spurlos wieder entfernt werden können. Trocken- und Montagebauarbeiten im Tarifsinn erfordern keine untrennbar feste Verbindung der eingebauten Teile mit dem Bauwerk. Ebenso wenig muss es sich bei dem erstellten Werk um eine tragende Konstruktion handeln ( - Rn. 42, BAGE 171, 247; - 10 AZR 225/02 - zu II 2 a der Gründe [Montage von mobilen Bürotrennwandsystemen]; - 10 AZR 1018/94 - zu II 2 der Gründe [Einbau von Fertigwandsystemen]).
26bb) Um Trocken- und Montagebauarbeiten iSv. § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 37 der Verfahrenstarifverträge des Baugewerbes handelt es sich allerdings nur dann, wenn die Montage der jeweilige Tätigkeitsschwerpunkt ist. Fertigt der Betrieb arbeitszeitlich überwiegend die später einzubauenden Bauteile eigens vor der Montage an, ist nicht das Zusammensetzen oder Zusammenbauen einzelner industriell vorgefertigter Teile, sondern die Herstellung dieser Elemente Gegenstand der betrieblichen Tätigkeit ( - Rn. 20; - 10 AZR 861/09 - Rn. 16; vgl. auch - Rn. 16, BAGE 120, 1).
27b) Das Landesarbeitsgericht, dem hierfür ein Beurteilungsspielraum zukommt, hat nicht festgestellt, ob die Beklagte die bei ihren Kunden eingebauten mobilen Trennwände industriell oder handwerklich herstellte (zu der Abgrenzung und dem Beurteilungsspielraum - Rn. 32 ff., 35 mwN). Seine Annahmen, die Trennwände würden nicht serienmäßig hergestellt, es handle sich um üblicherweise von Metallbauern erbrachte Arbeiten, lassen vor dem Hintergrund der geringen Zahl der Arbeitnehmer darauf schließen, dass das Landesarbeitsgericht von einer handwerklichen Herstellung ausgegangen ist (vgl. - Rn. 27).
28c) Der Senat kann offenlassen, ob die vom Landesarbeitsgericht festgestellten Tatsachen diese Beurteilung rechtfertigen. Die tariflichen Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 37 der Verfahrenstarifverträge des Baugewerbes sind im Streitfall schon deshalb nicht erfüllt, weil nicht die Montage der mobilen Trennwände, sondern ihre Herstellung Gegenstand der betrieblichen Tätigkeit war. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend darauf abgestellt, dass in jedem der streitgegenständlichen Zeiträume etwa drei Viertel der betrieblichen Arbeitszeitanteile auf die Herstellung der Trennwände entfielen. Die Montagetätigkeiten bildeten deshalb nicht den Schwerpunkt der betrieblichen Tätigkeit.
293. Entgegen der Auffassung des Klägers hat der Betrieb der Beklagten in den streitigen Zeiträumen nicht arbeitszeitlich überwiegend Tätigkeiten iSv. § 1 Abs. 2 Abschn. II der Verfahrenstarifverträge des Baugewerbes ausgeführt.
30a) Diese Tarifnorm eröffnet den Geltungsbereich für Betriebe, die nach ihrer durch die Art der betrieblichen Tätigkeiten geprägten Zweckbestimmung und nach ihrer betrieblichen Einrichtung gewerblich bauliche Leistungen erbringen. Betriebe erbringen „nach ihrer durch die Art der betrieblichen Tätigkeiten geprägten Zweckbestimmung“ bauliche Leistungen, wenn sie arbeitszeitlich überwiegend Arbeiten ausführen, die irgendwie - wenn auch nur auf einem kleinen und speziellen Gebiet - dazu dienen sollen, Bauwerke zu errichten und zu vollenden, sie instand zu setzen oder instand zu halten, sodass sie in vollem Umfang ihre bestimmungsgemäßen Zwecke erfüllen können (st. Rspr., vgl. - Rn. 28). Die Tarifvertragsparteien wollten nicht nur das Bauhauptgewerbe erfassen, sondern auch das sog. Baunebengewerbe (für die st. Rspr. - Rn. 48). Betriebe erbringen „nach ihrer betrieblichen Einrichtung“ bauliche Leistungen, wenn sie die Leistungen mit Werkstoffen, Arbeitsmitteln und -methoden des Baugewerbes ausführen (st. Rspr., vgl. - Rn. 14).
31b) Danach wird der Betrieb der Beklagten nicht von § 1 Abs. 2 Abschn. II der Verfahrenstarifverträge des Baugewerbes erfasst.
32aa) Die Beklagte stellt arbeitszeitlich überwiegend mobile Trennwände aus metallenen Rohprofilen her, wie das Landesarbeitsgericht festgestellt hat. Die mobilen Trennwände werden durch Sägen, Stanzen, Bohren und Schweißen bearbeitet und ua. mithilfe von Schrauben, Winkeln, Federverbindungen, Dichtleisten und Teilelementen aus verschiedenen Materialien zu einzelnen Wand-, Tür- oder Teleskopelementen zusammengefügt. Dabei handelt es sich nicht um eine typische Bautätigkeit. Die Tätigkeit ist nicht Gegenstand eines der 18 Ausbildungsberufe des Bauhauptgewerbes. Die dafür nötigen Kenntnisse und Fähigkeiten werden vielmehr im Rahmen der Berufsausbildung zum Metallbauer und zur Metallbauerin und im Ausbildungsberuf Konstruktionsmechaniker/Konstruktionsmechanikerin vermittelt.
33(1) Die Herstellung von mobilen Trennwänden in einem Betrieb ist insbesondere nicht Gegenstand der Ausbildungsberufsbilder des Ausbaufacharbeiters und des Trockenbaumonteurs. Zwar wird in § 11 Nr. 18 BauWiAusbV 1999 das „Herstellen von Bauteilen im Trockenbau“ und in § 63 Nr. 8 BauWiAusbV 1999 das „Herstellen von Trockenbaukonstruktionen“ erwähnt. Die Gesamtschau mit den übrigen Teilen der beiden Ausbildungsberufsbilder zeigt jedoch deutlich, dass mit „Herstellen“ jeweils das handwerkliche Erstellen eines Bauteils in Trockenbauweise oder einer Trockenbaukonstruktion vor Ort, dh. auf der Baustelle, gemeint ist. Dieses Auslegungsergebnis bestätigt die Auflistung der zu vermittelnden Fertigkeiten und Kenntnisse in den jeweiligen Ausbildungsrahmenplänen (vgl. Anlage 2 [zu § 12] Abschn. I Nr. 17 und Anlage 12 [zu § 64] Nr. 8 BauWiAusbV 1999).
34(2) Das Herstellen und das Montieren von Metall- oder Stahlbaukonstruktionen und das Montieren, Prüfen und Einstellen von Systemen zählt nach § 4 Abs. 2 Abschn. B Nr. 3, 5 und 6 der Verordnung über die Berufsausbildung zum Metallbauer und zur Metallbauerin vom (MetallbAusbV 2008, BGBl. I S. 1468) zu den in der Fachrichtung Konstruktionstechnik zu vermittelnden Kenntnissen und Fähigkeiten. Nach Abschn. II B 1 Lfd. Nr. 7 Buchst. b des Ausbildungsrahmenplans (BGBl. I 2008 S. 1475) lernt der Auszubildende in dieser Fachrichtung auch, „bewegliche Bauteile aus Profilen unterschiedlicher Werkstoffe, den dazugehörigen Beschlagteilen mit und ohne Vorrichtungen her(zu)stellen“. Das „Beschreiben der Vorgehensweise bei der Herstellung einer Metall- oder Stahlbaukonstruktion unter Anwendung verschiedener Fertigungsverfahren und des Qualitätsmanagements“ ist nach § 8 Abs. 4 Nr. 2 MetallbAusbV 2008 Gegenstand der Gesellenprüfung in der Fachrichtung Konstruktionstechnik. Auch die Verordnung über das Meisterprüfungsberufsbild und über die Prüfungsanforderungen in den Teilen I und II der Meisterprüfung im Metallbauer-Handwerk (Metallbauermeisterverordnung - MetallbMstrV) vom idF vom (BGBl. I S. 2234) weist diese Inhalte dem Schwerpunkt Konstruktionstechnik zu (vgl. § 2 Abs. 3 Nr. 1 Buchst. c und d MetallbMstrV).
35(3) Das Herstellen von Bauteilen und Baugruppen, das Fügen von Bauteilen und das Montieren und Demontieren von Metallkonstruktionen zählen nach § 15 Abs. 1 Nr. 9, 17 und 19 der Verordnung über die Berufsausbildung in den industriellen Metallberufen (IndMetAusbV) idF der Bekanntmachung vom (BGBl. I S. 975) auch zu den Qualifikationen des Konstruktionsmechanikers und der Konstruktionsmechanikerin. Der Ausbildungsrahmenplan für die Berufsausbildung zum Konstruktionsmechaniker/zur Konstruktionsmechanikerin (BGBl. I 2018 S. 1017) benennt im Teil A als Kern- und Fachqualifikationen zu der Berufsbildposition 15 Buchst. c „Bleche, Rohre oder Profile handgeführt, maschinell und thermisch umformen und trennen“, zu der Berufsbildposition 17 Buchst. b „Bleche, Rohre, Profile oder Baugruppen nach Zeichnungen form-, kraft- und stoffschlüssig verbinden“ und zu der Berufsbildposition 19 „Bauteile und Baugruppen identifizieren und unter Beachtung ihrer Funktion nach technischen Unterlagen zur Montage und Demontage prüfen und vorbereiten“ (Buchst. a), „Bauteile und Baugruppen unter Beachtung der Maßtoleranzen passen sowie durch Messen, Lehren und Sichtprüfen funktionsgerecht ausrichten und Lage sichern“ (Buchst. c) und „Bauteile und Baugruppen nach technischen Unterlagen montieren“ (Buchst. d). Nach § 18 Abs. 7 IndMetAusbV erstreckt sich die Abschlussprüfung ua. darauf, die Herstellung, Montage und Demontage von Metallkonstruktionen unter Berücksichtigung von Trenn- und Umformverfahren für Bleche, Rohre oder Profile unter auftragsbezogener Auswahl von Schweiß- oder anderen Fügeverfahren zu planen.
36bb) Der Umstand, dass die Beklagte in den Kalenderjahren des streitigen Zeitraums nahezu drei Viertel der mobilen Trennwände mit dem Ziel hergestellt hat, sie von ihren Arbeitnehmern auf einer Baustelle einbauen zu lassen, verleiht der Herstellung der mobilen Trennwände nicht den Charakter einer Bautätigkeit iSv. § 1 Abs. 2 Abschn. II der Verfahrenstarifverträge des Baugewerbes. Dem steht die Entscheidung des Senats vom (- 10 AZR 861/09 -) nicht entgegen. Im Unterschied zu der hier zu beurteilenden Tätigkeit kam bei der dort arbeitszeitlich überwiegend ausgeführten Herstellung und Montage von Lüftungs- und Entrauchungskanälen in Betracht, sie dem Baunebengewerbe des Installateur- und Heizungsbauergewerbes zuzuordnen.
37cc) Für § 1 Abs. 2 Abschn. II der Verfahrenstarifverträge des Baugewerbes genügt es auch nicht, dass die Beklagte ihren Kunden die Herstellung von mobilen Trennwänden mit anschließendem Einbau als „einheitliche Leistung“ versprochen hat (vgl. - Rn. 30).
38dd) Die Herstellung der mobilen Trennwände kann den auf den Baustellen ausgeführten Montagearbeiten, die im Klagezeitraum unstreitig weniger als 50 % der gesamten betrieblichen Arbeitszeit einnahmen, auch nicht als sog. Zusammenhangstätigkeit zugerechnet werden (zu diesem Begriff - Rn. 23 mwN). Bei den Montagearbeiten dürfte es sich zwar um eine baugewerbliche Tätigkeit iSv. § 1 Abs. 2 Abschn. II der Verfahrenstarifverträge des Baugewerbes gehandelt haben (vgl. - Rn. 42, BAGE 171, 247; ausdrücklich für mobile Bürotrennwände - zu II 2 a der Gründe). Die arbeitszeitlich überwiegende Herstellung von mobilen Trennwänden ist jedoch keine Vor-, Neben- oder Hilfsarbeit zu den Montagearbeiten (zu den Voraussetzungen dafür, Vor-, Neben- oder Hilfsarbeiten hinzuzurechnen, - Rn. 45 mwN). Vielmehr handelt es sich bei der Herstellung der mobilen Trennwände um die seine Zweckbestimmung prägende Tätigkeit des Betriebs der Beklagten. Diese Tätigkeit unterfällt dem fachlichen Geltungsbereich der Tarifverträge des Metallbauerhandwerks oder den Tarifverträgen der Metallindustrie (vgl. den bei - in diesem Fall nicht festgestellter - originärer Tarifbindung geltenden Anhang 3 zu Abs. 4 „Metallbauerhandwerk“ Nr. 1 und den Anhang 1 zu Abs. 1 „Metall- und Elektroindustrie“ Nr. 1 der Anlage 37 zu § 10 Abs. 1 SokaSiG). Danach gehört auch die Montage der mobilen Trennwände auf den Baustellen zu der Kerntätigkeit eines solchen Betriebs. Sie kann ihm jedenfalls dann keine bauliche Prägung verleihen, wenn sie - wie hier - nicht arbeitszeitlich überwiegend ausgeführt wird (vgl. - Rn. 34).
39C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BAG:2021:080921.U.10AZR104.19.0
Fundstelle(n):
BB 2022 S. 179 Nr. 4
XAAAI-00525