§ 172 AO Aufhebung und Änderung von Steuerbescheiden
Anwendungserlass zur Abgabenordnung vom (BStBl I S. 630), geändert durch (BStBl I S. 190), vom (BStBl I 1232), vom (BStBl I S. 1549), vom (BStBl I S. 310), vom (BStBl I S. 504) und vom - IV A 4 - S 0062 - 1/02 - (BStBl I S. 64) und vom - IV A 4 - S 0062 - 11/02 (BStBl I S. 639).
Die Vorschrift gilt nur für Steuertescheide, nicht für Haltungs-, Duldungs- und Auftellungsbescheide (vgl. vor §§ 130, 131). [1]
§ 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe a lässt die schlichte Änderung eines Steuerbescheids zu Gunsten des Steuerpflichtigen (Stpfl.) unter der Voraussatzung zu, dass der Stpfl. vor Ablauf der Einspruchsfrist die Änderung beantragt oder ihr zugestimmt hat. Der Antrag auf schlichte Änderung bedarf keiner Form. Anträge, die nicht schriftlich gestellt werden, sind aktenkundig zu machen. Nicht ausdrücklich als Einspruch bezeichnete, vor Ablauf der Einspruchsfrist schriftlich vorgetragene Änderungsbegehren des Stpfl. können regelmäßig als schlichte Änderungsanträge behandelt werden, wenn der Antragsteller eine genau bestimmte Änderung des Steuerbescheids beantragt und das Finanzamt dem Begehren entsprechen will. Andemfalls ist ein Einspruch anzunehmen, da der Einspruch die Rechte des Stpfl. umfassender und wirkungsvoller wahrt als der bloße Änderungsantrag. Hat der Stpfl. sich für den Rechtsbehelf des Einspruchs entschieden, so überlagert der förmliche Rechtsbehelf einen etwaigen daneben gestellten Antrag auf schichte Änderung des Steuerbescheids (vgl. BStBl 1995 II S. 353).
Das Finanzamt darf den Steuerbescheid aufgrund eines schlichten Änderungsantrags nur in dem Umfange zu Gunsten des Stpfl. ändern, als der Stpfl. vor Ablauf der Einspruchsfrist eine genau bestimmte Änderung beantragt hat ( BStBl 1994 II S. 439 und vom . BStBl 2000 II S. 283). Es genügt nicht, das ein auf Änderung des Bescheids lautender allgemeiner Antrag des Stpfl. erst nach Ablauf der Einspruchsfrist konkretisiert wird. Auch eine Erweiterung des Änderungsbegehrens ist nach Ablauf der Einspruchsfrist nicht mehr möglich (zur Erweiterung eines Einspruchsantrags s. zu § 367, Nr. 3). [2] Der Antragsteller kann allenfalls nach Ablauf der Einspruchsfrist die Begründung eines rechtzeitig gestellten Änderungsantrags nachholen, ergänzen oder austauschen, soweit hierdurch der durch den ursprünglichen Änderungsantrag festgelegte Änderungsrahmen nicht überschritten wird.
An das (fristgerechte) Vorbringen des Stpfl. ist das Finanzamt gebunden. Es kann die Steuerfestsetzung nicht in vollem Umfang erneut überprüfen und ggf. verbösern. Mit der beantragten Änderung nicht in sachlichen oder rechtlichen Zusammenhang stehende materielle Fehler der Steuerfestsetzung können aber ggf. über § 177 berichtigt werden. Aussetzung der Vollziehung (§ 361) ist aufgrund eines schlichten Änderungsantrags nicht zulässig, allenfalls ist Stundung (§ 222) möglich.
Nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe a kann ein Steuerbescheid zu Ungunsten des Stpfl. aufgehoben oder geändert werden, wenn dieser der Aufhebung oder Änderung zustimmt oder er diese Korrektur beantragt hat. Die Anzeige eines Stpfl. nach § 153 stellt noch keine Zustimmung zu einer Änderung der Steuerfestsetzung zu seinen Ungunsten I. S. des § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe a dar; ggf. kommt aber eine Änderung nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 in Betracht. Empfangsbedürftige Willenserklärungen unterliegen den Auslegungsregelungen der §§ 133, 157 BGB. Entscheidend ist, wie der Erklärungsempfänger den objektiven Erklärungswert der Erklärung verstehen musste (vgl. BStBl 2001 II S. 162 und vom , BStBl 2001 II S. 86).
§ 172 Abs. 1 Satz 2 bestimmt, dass auch ein durch Einspruchsentscheidung bestätigter oder geänderter Verwaltungsakt nach den Vorschriften der § 129, 164, 165, 172 ff. sowie nach entsprechenden Korrekturnormen in den Einzelsteuergesetzen (vgl. vor §§ 172 - 177, Nr. 3) [3] korrigiert werden darf. Gleiches gilt für einen im Einspruchsverfahren ergehenden Abhilfebescheid (z. B. nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe a).
Nach § 172 Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 1 ist eine schlichte Änderung auch dann möglich, wenn der zu ändernde Bescheid bereits durch Einspruchsentscheidung bestätigt oder geändert worden ist. Der Änderungsantrag muss vor Ablauf der Klagefrist gestellt worden sein, nach Ablauf dieser Frist ist er unzulässig. Die Wirkungen einer nach § 364 b Abs. 2 gesetzten Ausschlussfrist dürfen allerdings durch eine schlichte Änderung nicht unterlaufen werden (§ 172 Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 2).
Zum Einspruchsverfahren gegen Entscheidungen über die schlichte Änderung vgl. zu § 347, Nr. 2. [4]
OFD Hannover v. - S 0062 - 6 - StH 462 S 0062 - 1 - StO 321
Fundstelle(n):
SAAAA-80772