BÜRO Nr. 10 vom Seite 2
Geschäftsprozesse
Lernfeld 13

Agiles Projektmanagement mit SCRUM (Teil 1)

Thorsten H. Bradt

© jeremias münch – stock.adobe.com

Im Gegensatz zum klassisch planungsorientierten Projektmanagement ermöglicht die Anwendung von SCRUM äußerst flexible Prozesse. In seinem Zentrum stehen agile Teams, die sich nach einem minimalistischen Regelwerk auf pragmatisch umzusetzende Ziele – zeitnahe und wirksame Ergebnisse – fokussieren. Dabei wird SCRUM von einer umfassenden Transparenz getragen. Der Selbstorganisation von Teams sowie der Eigenverantwortung ihrer Mitglieder wird insoweit eine buchstäblich wegweisende Bedeutung beigemessen. SCRUM bildet jedoch weder den gesamten Ablauf von Projekten ab noch gibt es konkrete Handlungsanweisungen.

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Teil 2 des Beitrags erscheint in Heft 11/2021.

Die Rahmenbedingungen

Gegenwärtig scheint sich ein neuer Denkrahmen im Sensemaking zu etablieren: das Modell einer BANI-Welt. Dem Akronym BANI liegen die englischen Attribute b:rittle (brüchig), a:nxious (ängstlich), n:on-linear (nicht-linear) und i:ncomprehensible (unbegreiflich) zugrunde: Die seit dem Frühjahr 2020 anhaltende Krise begünstigt einen sich ohnehin schon stetig beschleunigenden Wandel der Märkte nachhaltig.

Dadurch ergeben sich für Unternehmen erhöhte, mitunter bestandsgefährdende Risiken. Für diese mögen nicht mehr zuverlässig kalkulierbare Marktumfelder sowie ein mit ihnen einhergehender Mangel an Prognostizierbarkeit der Entwicklung zukünftiger Geschäftsverläufe die gewichtigsten Ursachen sein. Unter derartigen Bedingungen bietet SCRUM gerade kleineren und mittleren Unternehmen – Kurzform: KMU – die Voraussetzungen für durchgreifende und erfolgreiche Innovationen.

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Am Ende des Beitrag finden Sie ein Glossar, in dem alle fett gedruckten Begriffe erklärt werden.

Klassisches Projektmanagement

Der wesentliche Vorteil eines klassischen Projektmanagements liegt in dessen hoher Planungssicherheit. Es sind besonders Unternehmen mit einer stark hierarchisch geprägten Organisationskultur bzw. Top-Down-Organisation, die von seiner Anwendung profitieren – gerade im Falle von Großprojekten. Folgerichtig aufeinander abgestimmte Phasen werden nacheinander durchlaufen und währenddessen kontinuierlich überwacht sowie parallel überprüft. Das diesbezügliche Monitoring und Controlling dienen insbesondere einem hinreichenden Verständnis von Vorgängen sowie einer verlässlichen Kostenkontrolle.

Am Beispiel des althergebrachten Wasserfallmodells bilden sich die Vorteile einer traditionellen Projektierung besonders anschaulich ab. Einerseits ermöglicht dessen Struktur eine exakte Planung und andererseits eine in sich stimmige Umsetzung. Allerdings bewirkt dieser Umstand gleichzeitig einen der größten Nachteile linearer, das heißt nicht iterativ-inkrementeller Vorgehensmodelle: Erst nach Abschluss einzelner PhasenS. 3 oder gar der Projekte selbst lassen sich Teil- bzw. Endergebnisse verlässlich beurteilen.

Abb. 1: Das Wasserfallmodell im klassischen Projektmanagement

Regelmäßig bestehen während der Durchführung keinerlei Möglichkeiten zur unmittelbaren Reaktion auf unvorhergesehene – externe – Faktoren. Jedoch können sog. Innenrevisionen dazu beitragen, Fehlerquellen, die etwa auf Widersprüchen oder Mängeln in der Projektorganisation zurückzuführen sind, zu identifizieren und im Idealfall rechtzeitig zu eliminieren. Das Risiko eines Scheiterns im klassischen Projektmanagement stellt sich generell als sehr hoch dar – unklare Bestimmungen der Projektanforderungen, deren plötzliche Änderungen sowie eine unzureichende Zuarbeit etwa durch Kunden oder Anwender sind gängige Gründe dafür.

Agiles Projektmanagement

Demgegenüber steht ein agiles Projektmanagement. Entsprechende Projektteams verfügen in diesem über hohe Toleranzen – beispielsweise in Bezug auf Ressourcen und Qualität. Sie fokussieren sich auf ein Ergebnis bzw. die Erstellung eines Werks. Innerhalb einschlägiger Projekte ist zudem eine intensive Mitwirkung von Auftraggebern vorgesehen.

Speziell das Rahmenwerk (engl. Framework) SCRUM zielt auf die Umsetzung von Lean Thinking – also die Schaffung von Werten während des gesamten Produktlebenszyklus‘ und folglich die Sicherung des unternehmerischen Erfolgs – ab. Seine Regeln sind „überschaubar“, mitnichten aber als trivial anzusehen. Von ihnen vorgesehen sind unter dem Aspekt einer hohen Agilität einzelne bzw. kleinere Teams.

SCRUM – die Historie

Der Ursprung des Framework berührt das wissenschaftliche Wissensmanagement. Im Detail ausgebildet hat es sich jedoch erst innerhalb der Entwicklung von Software und dem ihr zugrunde liegenden Produktmanagement. Bereits Anfang der 1990er Jahre formalisierten es die US-Amerikaner Jeff Sutherland und Ken Schwaber, beide herausragende Spezialisten für das Design sowie die Implementierung von Computerprogrammen, erstmals.

Abb. 2: Wissensmanagement innerhalb von Projekten

Tipp

Hypernotes reiht sich in ein Suite webbasierter bzw. mobiler Apps zum Aufgaben- bzw. zum agilen Projektmanagement ein. Schon die kostenlose Version ermöglicht ein professionelles sowie kollaboratives Wissensmanagement. Herstellerin ist die Axonic Informationssysteme GmbH mit Sitz in Karlsruhe. Hypernotes ermöglicht die Abbildung der semantischen Struktur des Wissens: Texte, in diesem Sinne Datenspeicher auf der Grundlage logischer Zeichenabfolgen, können mit ihr verwaltet und cloudbasiert gesichert und geteilt werden. Inhaltliche Verknüpfungen führen dabei regelmäßig zu neuen Erkenntnissen – also zu einer Erweiterung des bereits bestehenden Wissens. Mögliche Anwendungsgebietet sind: Aufsätze, Dokumentationen, Whitepapers und Wikis, Notizbücher, non-lineare Netzwerke des Wissens.

SCRUM, im Englischen für Gedränge, zählt zu den populärsten und sowohl effektivsten als auch effizientesten Lösungsansätzen im agilen Projektmanagement. Auf den ersten Blick mag der Name zwar eine gewisse Formlosigkeit in der Umsetzung suggerieren, jedoch besteht ein direkter Bezug zum gleichlautenden Fachausdruck im Rugby. Mit diesem wird eine sehr dichte Konstellation äußerst konzentrierter Sportler, die dem kraftvollen Neustart eines Spiels dient, bezeichnet.

Dem entspricht das übergeordnete Ziel von SCRUM, individuelle Kompetenzen in Teams zu bündeln und mit einem möglichst geringen Gesamtaufwand kurzfristig beständige Ergebnisse herbeizuführen. Durch seine verS. 4bindliche, dabei aber stark reduzierte Struktur befördert es die Selbstorganisation von Teams sowie die Eigenverantwortung ihrer Mitglieder. So können Letztere innerhalb bestimmter Rollen im SCRUM-Prozess inhaltlich und förmlich flexibel ausgestaltet werden.

Info

Wesentliche Argumente für eine Anwendung von SCRUM (Vorteile):

  • Geringe Einstiegshürde zum Projektmanagement.

  • Auf ein Mindestmaß beschränkte Techniken zur Planung.

  • Aktualität sowie Disziplin bedingen schnell nutzbare Ergebnisse.

  • Kosten-Nutzen-Abwägung als Grundlage zur konsequenten Priorisierung.

  • Verschwendung von Ressourcen wird vorgebeugt.

  • Durchgängige Aktualisierungen von Anforderungen durch Feedback befördern Anpassungen.

  • Risikoverminderung durch zeitige und regelmäßige Lieferungen.

Faktoren im Umfeld

Schon vor der Entstehung von SCRUM als Rahmenwerk wurden im Bereich der in der Mechatronik angesiedelten Produktentwicklung sehr erfolgreiche Teams, in denen die Prozessbeteiligten untereinander transparent und unter einer gewissen Vernachlässigung bestehender Hierarchien zusammenarbeiteten, einschlägig bezeichnet: Tatsächlich entsprechen die Rollen im SCRUM-Prozess nämlich nicht zwingend unternehmerischen Positionen.

Darüber hinaus berücksichtig SCRUM mittelbar auch diejenigen unsicheren Begebenheiten, aus denen heraus sich das Framework zur aufstrebenden Projektverwirklichung anbieten kann – so namentlich bei einem Mangel an

  • der Motivation von Teams bzw. deren Mitgliedern,

  • greifbaren Resultaten,

  • Ressourcen wie etwa Finanzmitteln,

  • Klarheit in der Gestaltung des Projekts.

Tipp

MeisterTask ist eine webbasierte Software der MindLabs GmbH mit Sitz in München. Auch diese bietet bereits in ihrer kostenlosen Basis-Variante leistungsstarke Optionen für ein professionelles Aufgabenmanagement. Ergänzt wird MeisterTask durch MindMeister, einer führenden Web-Software zum kollaborativen Mindmapping.

Der „SCRUM-Guide“

Im Jahr 2010 wurde erstmals der offizielle „SCRUM-Guide“, diese Bezeichnung ist gleichzeitig auch der Titel des Dokuments, veröffentlicht. In dessen Untertitel deuten die Herausgeber – wiederum Sutherland und Schwaber, die nach wie vor als hauptverantwortliche Verfasser fungieren – die notwendige Akzeptanz seiner Elemente durch die Anwenderseite an: „Der gültige Leitfaden für SCRUM: Die Spielregeln“. Die jüngste, nun noch leichtgewichtigere Fassung stammt vom November 2020.

Der Wesenskern der Anleitung wird durch Rollen, Ereignisse sowie Artefakte – Teil- und Endergebnisse – bestimmt. Der weltweiten SCRUM-Community ist es im Übrigen möglich, an die Autoren substanzielle Vorschläge zur weiteren Optimierung des Framework heranzutragen. Im Falle ihrer Eignung erfahren diese dann eine Berücksichtigung.

Im Umfeld von SCRUM haben sich zahlreiche Methoden, Techniken und Instrumente durchgesetzt. Über diese wird das Rahmenwerk substanziell ausgestaltet. Recht bekannt ist etwa das Planning oder auch SCRUM Poker – eine konsensbasierte, gamifizierte Technik zur Schätzung des Aufwands bzw. der relativen Größe von Projektzielen.

Agile Werte

Als eigentlicher Ausgangspunkt von Wertvorstellungen SCRUM ist das „Agile Manifest“ aus dem Jahr 2001 anzusehen:

https://agilemanifesto.org/iso/de/manifesto.html

Geprägt wurde dieses ebenfalls maßgeblich von Sutherland und Schwaber. Längst genießt es eine weltweite Anerkennung als Grundlage für ein agiles Arbeiten. Es umfasst vier Leitsätze sowie zwölf Prinzipien.

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Die 4 Leitsätze im Wortlaut:

  1. Individuen und Interaktionen sind wichtiger als Prozesse und Werkzeuge.

  2. Funktionierende Software ist wichtiger als umfassende Dokumentation.

  3. Zusammenarbeit mit dem Kunden ist wichtiger als Vertragsverhandlungen.

  4. Reagieren auf Veränderungen ist wichtiger als das Befolgen eines Plans.S. 5

Unter „Software“, vgl. den zweiten Leitsatz, sind an dieser Stelle und nachfolgend Produkte im Allgemeinen, zudem aber auch Dienstleistungen oder nicht zuletzt Paradigmenwechsel – ein regelmäßiges Ziel beispielsweise von Change-Prozessen – zu verstehen. Letztere greifen jedoch tief in die Organisationstruktur, Prozesse und Systeme von Unternehmen ein und reichen daher weit über den Ansatz eines kontinuierlichen Verbesserungsprozesses – Kurzform: KVP –, als der die Anwendung von SCRUM eben auch zu verstehen ist, hinaus.

Die 12 Prinzipien in der Zusammenfassung

Sämtliche Grundsätze zielen auf die Zufriedenheit der Auftraggeber bzw. Kunden. Deren Bedarf an einer frühen und kontinuierlichen Auslieferung wertvoller Software muss in jedem Fall befriedigt werden. Auch radikale Anforderungsänderungen – selbst zu einem späten Zeitpunkt in der Entwicklung – sind dabei stets willkommen, weil nur dadurch weitere Veränderungen zugunsten von Wettbewerbsvorteilen bewirkt werden können.

Kürzere Zeitspannen zur Auslieferung werden bevorzugt – bei einer täglichen Zusammenarbeit von Fachexperten und Entwicklern. Ein Umfeld und eine Unterstützung motivierter Teammitglieder sind insoweit wesentlich für den Entwicklungserfolg. Besonders in Gesprächen von Angesicht zu Angesicht kann ein dazugehöriges Vertrauen zum Ausdruck kommen.

Als wichtigstes Fortschrittmaß wird die Funktionalität ausgemacht, und zwar unter Anerkennung der Tatsache, dass agile Prozesse immer auch eine entsprechende Nachhaltigkeit bedingen. Sämtliche Prozessbeteiligten müssen ein gleichmäßiges Tempo auf unbestimmte Zeit halten können – unter der Prämisse des Erreichens bzw. Beibehaltens einer hohen technischen Qualität sowie eines guten Designs. Einfachheit als die Kunst, den Umfang nicht getaner Arbeit zu maximieren, ist ferner anzustreben. Selbstorganisierende und kontinuierlich reflektierende Teams sind entscheidend für die Gewährleistung von Anpassungen im Sinne eines KVP.

Wechselwirkungen

Dieser Kanon agiler Werte erfährt nicht zuletzt durch die Einsicht, dass Wertschöpfungsketten sich in der Wirklichkeit als äußerst komplex darstellen. Im Ergebnis sollten auch dritte, am Entwicklungsprozess vermeintlich zunächst gar nicht oder nur mittelbar Beteiligte – Einzelpersonen und Gruppen, ferner Institutionen – in ihren jeweiligen Interessen ebenfalls berücksichtigt und im Zweifel sogar in den Prozess eingebunden werden.

Weitere Vor- und auch Nachteile in der Anwendung von SCRUM


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Vorteile
Nachteile
Kontinuierlicher Verbesserungsprozess.
Mögliche Unvereinbarkeit mit gegebenen Unternehmensstrukturen.
Minimalistisches Regelwerk, das nicht gleichbedeutend mit einem Mangel an strenger Reglementierung ist.
Mangels Hierarchien entstehende Unsicherheiten.
Geringer Dokumentations- und Administrationsaufwand.
Dementsprechende Konflikte zwischen Rollen und Positionen.
Hohe Flexibilität durch ein anpassbares Planen.
Zeitverluste bei entstandenen Vakua durch eine zu defensive Sprintplanung.
Hoher Grad der Selbstorganisation.
Fehlende Handlungsempfehlungen.
Hohe Transparenz durch Ereignisse und Artefakte.
Entstehung eines „Tunnelblicks“ bei alleiniger Ausrichtung auf Tasks.
Sehr kurze Kommunikationswege.
Mangelnder Ausblick über die sog. Projektstrecke.
Kurzfristige Identifikation von Problemen.
Bei Großprojekten eine erschwerte Koordination mehrerer Teams mit dem Erfordernis einer professionellen Skalierung.
Frühe Verwirklichung innovativer Produkteigenschaften (Inkremente).
Hohes Risiko zu scheitern, wenn das Regelwerk den Teammitgliedern nicht vollständig bekannt ist.

Transparenz und Vertrauen

Der Erfolg einer – im Übrigen branchenunabhängigen – Anwendung von SCRUM wird sich allein auf der Grundlage einer umfassenden Transparenz, gerade in der Kommunikation, einstellen. Nur so lässt sich ein gegenseitiges Vertrauen, und zwar auf sämtlichen Ebenen, bewirken. Unternehmensinterne sowie mitunter-externe Positionen, die sich in Form hierarchischer Muster entweder manifest oder zumindest latent auswirken, stellen sich insoweit als eine der größten Herausforderungen dar: Dezidiert sieht das SCRUM-Regelwerk nicht vor, dass Positionen analog durch die von ihm vorgesehenen Rollen abzubilden sind.

Abhängig von der jeweiligen Unternehmenskultur (engl. Corporate Culture) können sich in der Praxis erhebliche soziale Spannungsfelder ergeben. Auflösbar sind diese allein durch eine durchgängige Bereitschaft aller Prozessbeteiligter zur Veränderung. Auch im Sinne solcher schrittweise gegebenen Verhaltensanpassungen ist SCRUM als ein KVP zu verstehen. Eine sich ausprägendeS. 6 Beziehungskultur stellt sich als ein essenzieller Faktor für die Anwendungseffizienz des Rahmenwerks dar.

Die Vision

Am Anfang des SCRUM-Prozesses steht eine Vision bzw. Produktvision (engl. Product Vision), die beschreibt, warum ein Vorhaben überhaupt umgesetzt werden sollte. Durch die Formulierung und Priorisierung anstehender Aufgaben ergibt sich gleichsam die entscheidende Orientierungsgrundlage für Teams und die gemeinsame Ausrichtung ihrer Mitglieder auf ein bestimmtes Ziel.

Fragen wie die folgenden dienen dabei einer Präzisierung der Zielbestimmung:

  • Wie setzt sich die Zielgruppe zusammen?

  • Welche Gründe gibt es auf Kundenseite für einen Kauf?

  • Welcher Bedarf soll befriedigt werden?

  • Welche Kriterien existieren als Voraussetzungen für eine erfolgreiche Platzierung am Markt?

  • Was sind die wesentlichen Eigenschaften des Produkts, das es von Konkurrenzangeboten abhebt?

  • Welche Ressourcen – Zeit, Budget usw. – sind gegeben?

  • Sind kritische Meilensteine gegeben?

Die „Bereinigung“ bzw. Validierung einer Vision sollte immer gemeinsam mit den Stakeholdern sowie dem gesamten SCRUM-Team, das sich aus den vom SCRUM Guide vorgesehenen Rollen zusammensetzt, erfolgen. Die parallele Beobachtung sowie Auswertung des Marktes stellen sich weiterhin als obligatorisch dar.

Die Anwendung des folgenden, sehr einfachen Konzepts kann insoweit sehr hilfreich sein (nach Scrum.orgTM – The Home of Scrum):


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Vision: Bei [Zielgruppe] mit einem Bedarf an [Bedürfnis] bewirkt das Produkt XYZ als [zugehörige [Produktkategorie] eine Kaufentscheidung, weil [Hauptvorteile] gegeben sind, anders als [Konkurrenzprodukt(e)] bietet unser Produkt namentlich [Hauptunterschiede].

Die Entwicklung von Produktvisionen kann einen hochkomplexen Charakter besitzen. Bedeutsam ist, dass ihre Anpassung aus Teams, die transparent zusammenarbeiten, erfolgt. Der erste Entwicklungsansatz wird im Übrigen kaum ein ideales Ergebnis herbeiführen, wodurch es erforderlich sein wird, die Vision in eine andere als die ursprünglich vorgesehene Richtung zu lenken.

Hieraus lässt sich die Bedeutung der Wiederholung von Iterationen, sog. Iterationsschleifen, ableiten – vgl. dazu auch Iterativ-inkrementelles Vorgehensmodell im Glossar. Das Regelwerk von SCRUM zielt also nicht grundlos auf die kollektive Intelligenz bzw. das individuelle Innovationspotenzial von Teams und deren Mitgliedern ab: Der Entwicklungs- ist immer auch ein gemeinsamer Lernprozess.

Die Kernelemente

Innerhalb von SCRUM bilden Rollen, Ereignisse und Artefakte die Kernelemente – als die eigentliche Basis zur Entwicklung von Produktvisionen. Zu den Rollen gehören namentlich der Product Owner, der SCRUM Master sowie das Development Team sowie verpflichtende Ereignisse: das Sprint Planning, Daily SCRUM, der Sprint, das Sprint Review und die Sprint Retrospective. Schließlich zählen zu den Artefakten das Product Backlog, das Sprint Backlog sowie das Product Increment. Eine ausführliche Beschreibung sowohl der Kern- als auch weiterer Elemente in SCRUM sowie deren Beziehungen untereinander erfolgt im zweiten Teil dieses Beitrags: „Das Vorgehensmodell im Detail – die Elemente (Teil II)“.

Tipp

Sehr nützlich können für den gesamten SCRUM-Prozess Applikationen bzw. eine entsprechende IT-Infrastruktur zur Anwendung von Business Intelligence (BI) sein. BI stellt sich als eine Kombination aus Datenvisualisierung, Data-Mining sowie Business Analytics (BA) dar. Konkret ermöglicht sie eine zuverlässige – visuelle – Erfassung und Auswertung unternehmerischer Daten in Echtzeit und folglich proaktive Entscheidungen zur Optimierung von Prozessen. Bei Tableau handelt es sich in der Version „Public“ um eine kostenlos nutzbare, äußerst leistungsfähige Software. Herausgegeben wird sie vom gleichnamigen Konzern mit Sitz in Seattle, Vereinigte Staaten. Tableau Public bietet insbesondere die Möglichkeit zur webbasierten Kollaboration und ist daher für die Teamarbeit prädestiniert. Nähere Informationen finden sich unter https://public.tableau.com/de-de/s/. Als kommerzielle Alternative bietet sich Power BI aus dem Hause Microsoft an. Es reiht sich in die Produktlinie seiner Office-Anwendungen ein und weist in seinem Funktionsumfang zahlreiche Analogien zu Excel (Get & Transform bzw. ehemals Power Query) auf.S. 7

Glossar

Agiles Arbeiten

Orientierung an agilen Werten und Prinzipien, womit besonders eine – erhöhte – Anpassungsfähigkeit angestrebt wird; im Falle von SCRUM streng phasenbasiert, da es die anstehende Arbeit in zeitlich begrenzte Pakete unterteilt. Teams übernehmen Verantwortung, indem sie etwa selbstständig Entscheidungen treffen. Mit der Fertigstellung bzw. Abgabe eines Produkts ist der Arbeitsprozess allerdings noch nicht beendet. Er beinhaltet einen kritischen Rückblick auf den gesamten Ablauf, woraus sich für Teams die Gelegenheit zum Lernen ergibt.

Artefakte

SCRUM sieht drei Artefakte, beispielsweise ein Inkrement bzw. Produktinkrement (eng. Product Increment), als Arbeitsergebnisse vor. Sie dienen der Transparenz des Prozesses.

Aufstrebende Projektverwirklichung

Sich entfaltende Phase, in der sämtliche geplanten Maßnahmen umgesetzt werden.

Change Prozess

Fortlaufende Anpassung von Aufgaben, Maßnahmen sowie Tätigkeiten.

Controlling

Teilfunktion eines unternehmerischen Führungssystems zur Planung, Steuerung und Kontrolle.

Denkrahmen

Gründet auf vorhandenen Erkenntnissen; Beispiel: das seit dem Ende der 1980er Jahre etabliertes VUCA-Modell im Sensemaking.

Effektivität und Effizienz

Effektivität: das Ergreifen geeigneter Maßnahmen zum Erreichen eines Ziels. Effizienz: Handlungen, die mit einem möglichst geringen Aufwand und gleichsam zeitnah zu einem Ziel führen.

Ereignisse

SCRUM sieht verschiedene Ereignisse (engl. Events) vor – etwa ein tägliches Meeting namens Daily SCRUM – Kurzform: Daily. Ereignisse dienen der Herstellung einer Regelmäßigkeit sowie der Minimierung nicht vorgesehener Besprechungen.

Gamifizierung

Anwendung spieltypischer Elemente in einem spielfremden Kontext (engl. Gamification).

Hierarchie

Umfasst ein stufenweises Über- und Unterordnungsverhältnis, also eine Rangordnung bzw. Top-Down-Struktur. Komplement: Heterarchie, ausgerichtet auf Selbstbestimmung und -steuerung, gekennzeichnet durch dezentrale bzw. Bottom-Up-Entscheidungen unter anderem zur Steigerung der Wertschöpfung.

Innenrevision

Auch interne Revision; überwacht und überprüft Prozesse auf deren Ordnungs- und Zweckmäßigkeit, Richtigkeit und Wirtschaftlichkeit. Ziele: Risikominderung bei gleichzeitiger Effizienzsteigerung, Darstellung von Handlungsalternativen gegenüber einer Geschäftsleitung.

Iterativ-inkrementelles Vorgehensmodell

Prozess, der sowohl auf schrittweisen Verbesserungen als auch auf Teilergebnissen, deren Summe eine gesamte Funktionalität im Sinne eines Produkts ergibt, beruht.

Kontinuierlicher Verbesserungsprozess

Denkweise zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen in kleinen Schritten.

Lean Thinking

So genannter transformativer Denkrahmen zur Findung neuer Möglichkeiten in der Organisation menschlicher Aktivitäten; gedankliche Übertragung und Anwendung der ursprünglich aus der Automobilindustrie stammenden Lean-Prinzipien.

Leichtgewichtig

Auch leicht, Synonym für agil.

Marktumfeld

Die den Markt eines Unternehmens beeinflussende Faktoren.S. 8

Meilenstein

Klassisch Markstein; Meilensteine (engl. Milestones) sind Ereignisse, die den Projektverlauf in Etappen unterteilen, woraus sich Vorteile sowohl für die Projektplanung als auch für die Kontrolle des Projektfortschritts ergeben.

Monitoring

Überwachung von Vorgängen oder Prozessen durch systematische Beobachtungen, Messungen und Protokollierungen. Ziel: Mögliche Änderungen des Verlaufs.

Muster

Hier eine Verhaltensweise, die stets in identischer Form auftritt.

Planning Poker

Schätzmethode, die etwa Arbeitspakete oder Vorgänge nach einem einheitlichen Maßstab bewertet.

Priorisierung

Bedingung für einen geordneten Ablauf von Projekten.

Projektziel

Definiert, was am Ende eines Projekts zu erreichen ist.

Produktlebenszyklus

Konzept aus der Betriebswirtschaftslehre, die den Weg von der Markteinführung eines Produkts bis zu dessen Herausnahme aus dem Markt beschreibt.

Rollen und Positionen

Rollen beschreiben Verhaltenserwartungen, die an Inhaber von Positionen gerichtet werden. Letztere stellen demgegenüber einen formalen Platz, den jemand beispielsweise in einem Unternehmen einnimmt, dar. Verbunden mit Positionen sind Funktionen, die ihren Zweck bzw. ihre inhaltliche Aufgaben bestimmen.

Sensemaking

Im Englischen für Sinnstiftung; Prozess zur Einordnung eines über die Sinne aufgenommenen, nicht geordneten Stroms von Erlebnissen in folgerichtige Einheiten. In Abhängigkeit von der individuellen Einordnung solcher Wahrnehmungen entstehen variierende Erklärungen und mit ihnen unterschiedliche Sinnzuweisungen.

Sprintplanung

Die Planung eines Sprints als wichtigstem Ereignis in SCRUM.

Stakeholder

Anspruchsgruppe: Personen, Gruppen oder Institutionen, die ein berechtigtes Interesse am Verlauf bzw. Ergebnis eines Prozesses bzw. Projekts haben. Beispiele: Auftraggeber, Kunden oder Anwender.

Task

Kleinere, während eines Sprints von Teammitgliedern zu erledigende Aufgaben.

Top-Down

Im Englischen für „von oben nach unten“, Prinzip zur Lösung von Problemen; Top-Down-Organisation bzw. -Umsetzung eines Vorhabens: Die Vollziehung eines Vorhabens beginnt auf der obersten Führungsebene und umfasst in der Folge darunter liegende Hierarchiestufen.

Werk

Herbeizuführender Erfolg, geregelt im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) im § 631 Satz 1: „Durch den Werkvertrag wird der Unternehmer zur Herstellung des versprochenen Werkes, der Besteller zur Entrichtung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.“

Wert

Auch Wertvorstellung, umfasst etwa individuelle Charaktereigenschaften oder kollektive Handlungsschemas, die grundlegenden menschlichen Bedürfnissen gerecht werden sollen. Teils sind Werte kulturunabhängig und können daher eine Allgemeingültigkeit besitzen. Beispiele: die Unabhängigkeit oder die Anerkennung von Individuen.

Wertschöpfungskette

Auch Wertkette, Gesamtheit der zu einer Wertschöpfung – also der Summe von in einschlägigen Wirtschaftsbereichen durch Produktivität erzielten Einkommen – führenden Prozesse.

Wissensmanagement

Sämtliche strategischen und operativen Handlungen, die auf einen optimalen Umgang mit Wissen anzielen.

Fundstelle(n):
BÜRO 10/2021 Seite 2
KIEHL JAAAH-90649