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StuB Nr. 19 vom Seite 757

Hinzuschätzung und verdeckte Gewinnausschüttung

Bedeutung für die Besteuerung auf Gesellschafterebene

Vorsitzender Richter am FG Stefan Kolbe, M. Tax

Das Thema „Hinzuschätzung“ insbesondere bei Mängeln der Buchführung ist regelmäßig Gegenstand von steuerlichen Außenprüfungen und nachfolgenden Einspruchs- und Finanzgerichtsverfahren. In Fällen einer Hinzuschätzung bei einer Kapitalgesellschaft tritt zugleich die Frage der verdeckten Gewinnausschüttung auf, und in der gerichtlichen Praxis sind Fälle, in denen vonseiten der Betriebsprüfung die materiell-rechtlichen Fragen von Hinzuschätzung und verdeckter Gewinnausschüttung unzutreffend miteinander vermengt werden, nicht selten. Das mag auf der Ebene der Kapitalgesellschaft keine Auswirkung haben (dazu unten Kap. I), hat aber für die Besteuerung auf der Gesellschafterebene erhebliche Bedeutung (dazu unten Kap. II).

Gehrmann, Verdeckte Gewinnausschüttungen, infoCenter, NWB QAAAA-88453

Kernfragen
  • Wie ist das Verhältnis von Hinzuschätzung und verdeckter Gewinnausschüttung?

  • Welche Probleme treten auf Ebene des Gesellschafters auf?

  • Was ist daher ratsam?

I. Hinzuschätzung und verdeckte Gewinnausschüttung auf der Ebene der Kapitalgesellschaft

1. Verhältnis von Hinzuschätzung und verdeckter Gewinnausschüttung

[i]Schmitz-Herscheidt, Feststellungslast bei der verdeckten Gewinnausschüttung, NWB 4/2019 S. 170, NWB HAAAH-04667 Klein/Müller/Döpper, in: Mössner/Seeger/Oellerich, KStG, § 8, NWB QAAAG-92316 Die ständige finanzgerichtliche Rechtsprechung definiert die verdeckte Gewinnausschüttung i. S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG als eine Vermögensminderung (verhinderte Vermögensmehrung), die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, sich auf die Höhe des Unterschiedsbetrags gem. § 4 Abs. 1 EStG i. V. mit § 8 Abs. 1 KStG auswirkt und in keinem Zusammenhang zu einer offenen Ausschüttung steht. Ob eine Vermögensminderung (verhinderte Vermögensmehrung) i. S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG vorliegt, ist nach Maßgabe der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung und der Steuerbilanz, wie sie ohne Berücksichtigung der Rechtsfolge des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG unter Anwendung des Maßgeblichkeitsgrundsatzes des § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG aufzustellen ist, festzustellen. Aus diesem Grundsatz folgt also ein Stufenverhältnis: Es ist zunächst – vorrangig – der „richtige“ Steuerbilanzgewinn festzustellen. Erst auf dieser Grundlage kann dann – auf der zweiten Stufe der Gewinnermittlung bei der Kapitalgesellschaft – geprüft werden, ob aufgrund einer Vermögensminderung (verhinderten Vermögensmehrung) die Rechtsfolge des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG greift.

Aus diesem Vorrangverhältnis der Ermittlung des zutreffenden Steuerbilanzgewinns vor der Rechtsfolge der Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung folgt deshalb für die Fälle einer Gewinnerhöhung aufgrund einer Hinzuschätzung, dass (zunächst) der Steuerbilanzgewinn zu erhöhen ist.