NWB Nr. 34 vom Seite 2489

Ein klares Signal

Prof. Dr. Hans-Jörg Fischer | RA/FAStR/FAHuGesR/StB | Professor für Wirtschafts- und Steuerrecht an der FOM Hochschule für Oekonomie und Management gGmbH in Mannheim/Karlsruhe | Inhaber einer auf Steuer- und Gesellschaftsrecht spezialisierten Kanzlei mit Standorten in Mannheim und München

Die Entscheidung des BGH zur Strafbarkeit von Cum/Ex-Strukturen

Mit hat der BGH das bundesweit erste Strafurteil gegen Beteiligte an Cum/Ex-Gestaltungen durch das (vgl. Fischer, NWB 41/2020 S. 3041) uneingeschränkt bestätigt. Demnach hat der BGH sämtliche, von allen Verfahrensbeteiligten eingelegten Revisionen verworfen und sich damit die rechtlichen und tatsächlichen Feststellungen des Urteils des Landgerichts zu Eigen gemacht, lediglich beim Schuldspruch eines der Angeklagten gab es unter Aufrechterhaltung der verhängten Strafe eine kleinere Korrektur ( vgl. Pressemitteilung Nr. 146 des BGH v. 28.7.2021, www.bundesgerichtshof.de).

Insbesondere ließ der BGH keinen Zweifel an einer vorsätzlichen Begehung durch die Beteiligten und stellte diesen Punkt, der in der Diskussion um die Strafbarkeit von Cum/Ex-Gestaltungen am meisten diskutiert wurde, damit klar. Demnach sei die zur Tatzeit geltende Regelung bereits dahingehend klar gewesen, dass nur die tatsächlich einbehaltene Kapitalertragsteuer zur Anrechnung und Auszahlung angemeldet werden darf. Klargestellt, und damit das LG Bonn bestätigt, hat der BGH schließlich, dass die Rechtsprechung des BFH zum wirtschaftlichen Eigentum (, BStBl 2000 II S. 527; diese Entscheidung erging nicht zu Leerverkäufen, sondern zum Dividendenstripping) nicht auf Leerverkaufsabreden in der Cum/Ex-Struktur Anwendung findet; dies war bisher eines der Hauptargumente der Befürworter einer Straffreiheit bei Cum/Ex-Strukturen. Ferner wurden auch die Feststellungen zur Einziehung gem. § 73 Abs. 1, § 73c StGB durch das LG Bonn vom BGH bejaht, insbesondere auch aufgrund der Anwendung der Neuregelung des § 73e Abs. 1 Satz 2 StGB, die gem. Art. 316j EGStGB auf den vom BGH entschiedenen Fall Anwendung findet. Demzufolge steht eine Verjährung der steuerrechtlichen Ansprüche einer Einziehung nicht entgegen (s. Fischer, NWB 41/2020 S. 3314).

Diese erstmals höchstrichterliche Feststellung, dass die entsprechenden Cum/ Ex-Gestaltungen als Steuerhinterziehungen strafbare Handlungen sind, hat deutliche Signalwirkung, sowohl für die weiteren laufenden Strafverfahren bei Cum/Ex-Fällen als auch für Akteure bei ähnlichen Gestaltungen von Cum/Ex-Strukturen nach der geänderten Rechtslage seit 2012. Denn diese Thematik beleuchtet ein zentrales Dilemma der Steuergestaltung: Sind die Steuergesetze nur „schlecht gemacht“, und haben die entsprechenden Protagonisten ihren Mandanten nur einfach geholfen, „Steuern zu sparen“? Oder wurde durch Ausnutzen komplexer Gesetzessachverhalte ein Steuervorteil „herausgeholt“, der so niemals verlangt werden konnte – also zwei Erstattungen für einen einmal erfolgten Abzug von Kapitalertragsteuer? Die Entscheidungen des BGH und des LG Bonn zeigen, dass die Rechtsprechung der zweiten Sichtweise zuneigt, was aber nicht etwa bedeuten sollte, dass einige Steuergesetze handwerklich nicht noch Optimierungsbedarf hätten. Man darf auf den Ausgang der kommenden Strafverfahren bei Cum/Ex-Strukturen, insbesondere auch für die Jahre ab 2012, gespannt sein!

Hans-Jörg Fischer

Fundstelle(n):
NWB 2021 Seite 2489
NWB QAAAH-87207