Besitzen Sie diesen Inhalt bereits, melden Sie sich an.
oder schalten Sie Ihr Produkt zur digitalen Nutzung frei.

Dokumentvorschau
StuB Nr. 14 vom Seite 568

Anteile an Kapitalgesellschaften als Sonderbetriebsvermögen

Systematik und Zweifelsfragen in der Beratungspraxis

Prof. Dr. Holger Kahle und Nicolas Kopp, M. Sc.

Der BFH hat sich bereits in einer Vielzahl von Einzelfallentscheidungen mit der Abgrenzung von Sonderbetriebsvermögen im Zusammenhang mit Kapitalgesellschaftsanteilen befasst und jüngst weitere Zweifelsfragen zur Abgrenzung des Kreises des Sonderbetriebsvermögens beantwortet. Dennoch verbleiben in diesem komplexen System des Sonderbetriebsvermögens im Zusammenhang mit Kapitalgesellschaftsanteilen Unsicherheiten. Unter Berücksichtigung der Judikatur soll der Beitrag die Einordnung von Kapitalgesellschaftsanteilen als Sonderbetriebsvermögen systematisch erörtern und verbleibende Zweifelsfragen, die in der Beratungspraxis eine besondere Betrachtung erfordern, identifizieren.

Kirsch, Sonderbetriebsvermögen (EStG), infoCenter, NWB SAAAB-14452

Kernfragen
  • Wie erfolgt die steuerliche Gewinnermittlung bei gewerblichen Mitunternehmerschaften?

  • Inwiefern ist die Frage, ob die Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft zum Privatvermögen oder zum SBV II zuzuordnen ist, von steuerlicher Relevanz?

  • Unter welchen Voraussetzungen gilt die Beteiligung an einer wirtschaftlich verflochtenen Kapitalgesellschaft zum notwendigen SBV II?

I. Einleitung

[i]Kahle, Besonderheiten der steuerlichen Gewinnermittlung bei Personengesellschaften, in: Prinz/Kanzler (Hrsg.), Handbuch Bilanzsteuerrecht, 3. Aufl. 2018, Rz. 1340, NWB XAAAG-89756 Meyer/Bäuml, in: Kanzler/Kraft/Bäuml, EStG, 6. Aufl. 2021, § 15 Rz. 215, NWB LAAAH-64468 In Deutschland ist inzwischen „ein sehr filigranes System des positiven/negativen Sonderbetriebsvermögens (mit den Kategorien I und II) sowie der Sondervergütungen vorzufinden“ , deren Erfassung in § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG mit Blick auf die Gewerbesteuer und die (inzwischen aber nur noch sehr eingeschränkt bestehende) Nichtsteuerbarkeit von Veräußerungsgewinnen im Privatvermögen erfolgt. Dieses deutsche Besteuerungskonzept für Personengesellschaften ist international unüblich und führt zu zahlreichen Zuordnungs- und Qualifikationskonflikten, auf die der deutsche Gesetzgeber inzwischen mit einer ganzen Reihe von Abwehrregelungen („unabgestimmter Flickenteppich“ ) reagiert hat.

II. Grundstruktur der steuerlichen Gewinnermittlung bei gewerblichen Mitunternehmerschaften

Die steuerliche Gewinnermittlung erfolgt bei gewerblichen Mitunternehmerschaften in zwei Stufen. Der Gewinnanteil eines Mitunternehmers aus der ersten Stufe der Gewinnermittlung (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Halbsatz 1 EStG) ergibt sich durch Zusammenfassung seines anteiligen Ergebnisses aus der Steuerbilanz der Personengesellschaft mit dem Ergebnis einer Ergänzungsbilanz. Im Interesse einer zutreffenden Besteuerung enthält eine Ergänzungsbilanz Korrekturwerte S. 569hinsichtlich der in der Gesamthandsbilanz ausgewiesenen Wirtschaftsgüter. Auf der zweiten Stufe der Gewinnermittlung wird das Ergebnis etwaiger Sonderbilanzen ermittelt.

Es umfasst

  1. die Ergebnisse der aktiven und passiven Wirtschaftsgüter des Sonderbetriebsvermögens,

  2. die in § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG genannten Sondervergütungen,

  3. die sonstigen Sonderbetriebseinnahmen und Sonderbetriebsausgaben sowie

  4. etwaige Gewinne und Verluste aus der Veräußerung des Mitunternehmeranteils (§ 16 Abs. 1 Nr. 2 EStG).

Die Gewerbesteuer knüpft als Ausgangsgröße für die Berechnung des Gewerbeertrags an den Gesamtgewinn an (§ 7 GewStG); insoweit bedarf es der Berechnung des Gesamtgewinns der Mitunternehmerschaft. Folglich unterliegen auch Gewinne aus der Veräußerung des Sonderbetriebsvermögens der Gewerbesteuer, während Verluste den Gewerbeertrag verringern.