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StuB Nr. 11 vom Seite 435

Die Auswirkungen einer Steuerentstrickung gem. § 4 Abs. 1 Satz 3 EStG nach Inanspruchnahme des Investitionsabzugsbetrags

Eine praxisorientierte Darstellung

StB Prof. Dr. Erdogan Atilgan

Der durch § 7g EStG generierte steuerliche Liquidationsvorteil kann zu einem Problem werden, wenn das Wirtschaftsgut nicht wie geplant in einer inländischen Betriebsstätte genutzt wird, sondern ins Ausland überführt wird. Die Überführung in eine ausländische Betriebsstätte stellt nicht nur ein schädliches Ereignis gem. § 7g Abs. 4 EStG dar, sondern sie kann den Tatbestand einer Steuerentstrickung gem. § 4 Abs. 1 Satz 3 EStG erfüllen.

Ritzkat, Investitionsabzugsbetrag, infoCenter, NWB DAAAC-65919

Kernfragen
  • Welche Auswirkungen hat die Überführung eines Wirtschaftsguts in eine ausländische Betriebsstätte?

  • Warum führt die Steuerentstrickung in Kombination mit der Rückabwicklung des Investitionsabzugsbetrags zu hohen Steuernachzahlungen?

  • Wie kann die Steuerentstrickung und die Rückabwicklung des Investitionsabzugsbetrags grundsätzlich vermieden werden?

I. Einleitung

[i]Weiss, Zum Verfahrensrecht beim Investitionsabzugsbetrag des § 7g EStG, StuB 11/2020 S. 405, NWB YAAAH-49561 Egner/Stößel, in: Kanzler/Kraft/Bäuml, EStG, 6. Aufl., § 7g, NWB LAAAH-64442 Die Regelungen im § 7g EStG stellen seit Jahrzehnten für kleinere und mittelständische Unternehmen ein Instrument im steuerlichen Liquidationsmanagement dar. Der Investitionsabzugsbetrag generiert in Form einer vorweggenommenen Abschreibung einen steuerlichen Liquidationsvorteil. In den letzten Jahren hat die Vorschrift an Attraktivität gewonnen, denn sie wurde mehrfach zum Vorteil der Stpfl. überarbeitet. So erfolgte durch das Steueränderungsgesetz im Jahr 2015 eine Entbürokratisierung, indem beispielsweise die konkrete Investitionsabsicht durch den Stpfl. nicht mehr zu belegen ist. Durch das Jahressteuergesetz 2020 wurde u. a. der Investitionsabzugsbetrag von 40 % auf 50 % erhöht.

Der generierte steuerliche Liquidationsvorteil kann aber zu einem Problem werden, wenn das Wirtschaftsgut nicht wie geplant in einer inländischen Betriebsstätte genutzt wird, sondern ins Ausland überführt wird. Die Überführung in eine ausländische Betriebsstätte stellt nicht nur ein schädliches Ereignis gem. § 7g Abs. 4 EStG dar, sondern sie kann den Tatbestand einer Steuerentstrickung gem. § 4 Abs. 1 Satz 3 EStG erfüllen. Die Steuerentstrickung führt zu einer Besteuerung der im Wirtschaftsgut ruhenden stillen Reserven, ohne dass ein Rechtsträgerwechsel stattgefunden hat. Die stillen Reserven können oft beträchtlich sein und so zu erheblichen Steuernachzahlungen führen.

II. Grundlegendes zum Investitionsabzugsbetrag gem. § 7g EStG

1. Anwenderkreis und Funktionsweise

Vom Investitionsabzugsbetrag können sämtliche Unternehmensrechtsformen und Gewinneinkunftsarten profitieren, sofern sie aktiv am wirtschaftlichen Verkehr teilnehmen, eine werbende Tätigkeit ausüben und die Betriebsgrößenmerkmale des § 7g Abs. 1 Satz 2 EStG nicht überschreiten. Nicht begünstigt sind gem. § 13a Abs. 3 Satz 2 EStG Land- und Forstwirte, die ihren Gewinn nach Durchschnittssätzen ermitteln. Die Betriebsgrößenmerkmale wurden mit dem Jahressteuergesetz 2020 in eine einheitliche Gewinngrenze i. H. von 200.000 € vereinheitlicht. Das steuerliche Eigenkapital ist somit nicht mehr relevant. S. 436

Der Investitionsabzugsbetrag erlaubt es dem Stpfl., für künftige Investitionen in abnutzbare und bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens außerbilanziell 50 % der voraussichtlichen Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten gewinnmindernd zu berücksichtigen. Der steuerliche Gewinn sinkt auf diese Weise, obwohl die Investition noch nicht stattgefunden hat. Im Jahr der Investition ist der Investitionsabzugsbetrag gem. § 7g Abs. 2 Satz 1 EStG i. H. von bis zu 50 % der tatsächlichen Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten außerbilanziell hinzuzurechnen. Andernfalls droht die Rückabwicklung des Investitionsabzugsbetrags trotz vorgenommener Investition. Somit erhöht sich der steuerliche Gewinn im Folgejahr. Zur Kompensation kann aber vom Wahlrecht gem. § 7g Abs. 2 Satz 3 EStG Gebrauch gemacht werden. Die gewinnmindernde Herabsetzung der Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten ist auf den hinzugerechneten Betrag begrenzt. Sie hat den Vorteil, dass die außerbilanzielle Gewinnerhöhung steuerlich komplett neutralisiert wird. Gleichzeitig wird aber die Bemessungsgrundlage für die Absetzung für Abnutzung gem. § 7g Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 2 EStG gemindert.