(Sozialgerichtliches Verfahren - Nichtzulassungsbeschwerde - grundsätzliche Bedeutung - keine ausreichende Darlegung der Klärungsbedürftigkeit - Grundsicherung für Arbeitsuchende - Anwendung der verkürzten Frist von 1 Jahr nach § 40 Abs 1 S 2 SGB 2 aF iVm § 44 SGB 10 auf die Überprüfung von Erstattungsbescheiden bei endgültiger Entscheidung nach vorläufiger Leistungsbewilligung)
Gesetze: § 160a Abs 2 S 3 SGG, § 160 Abs 2 Nr 1 SGG, § 40 Abs 1 S 2 SGB 2 vom , § 40 Abs 1 S 2 Nr 2 SGB 2 vom , § 44 Abs 1 SGB 10, § 44 Abs 4 S 1 SGB 10, § 328 Abs 3 S 2 SGB 3
Instanzenzug: Az: S 44 AS 2307/15 Gerichtsbescheidvorgehend Landessozialgericht Berlin-Brandenburg Az: L 31 AS 1874/16Urt
Gründe
1Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil der allein geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) nicht in der erforderlichen Weise dargelegt worden ist (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG). Die Beschwerde ist daher ohne Zuziehung ehrenamtlicher Richter zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2, § 169 SGG).
2Grundsätzliche Bedeutung (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) hat eine Rechtssache nur, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Die Darlegung einer grundsätzlichen Bedeutung erfordert, dass eine konkrete Rechtsfrage klar formuliert wird. Weiter muss ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit im jeweiligen Rechtsstreit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) aufgezeigt werden (stRspr; vgl etwa - SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN).
3Die Beschwerdebegründung der Klägerin wird diesen Darlegungserfordernissen nicht gerecht. Die Klägerin macht geltend, dass von grundsätzlicher Bedeutung sei, ob "die Frist des § 40 Abs. 1 Satz 2 SGB II a. F. auf die Überprüfung eines Erstattungsbescheides bei endgültiger Festsetzung anwendbar [ist], wenn sich der Antragsteller gegen die Höhe der endgültig festgesetzten Leistungen wendet". Diese Frage bezieht sich auf § 40 Abs 1 Satz 2 SGB II in der bis zum geltenden Fassung, wonach § 44 Abs 4 Satz 1 SGB X mit der Maßgabe gilt, dass anstelle des Zeitraums von vier Jahren ein Zeitraum von einem Jahr tritt. Unabhängig davon, ob der Frage trotz der Neufassung des § 40 Abs 1 Satz 2 SGB II zum deswegen grundsätzliche Bedeutung zukommen kann, weil § 40 Abs 1 Satz 2 Nr 2 SGB II nF mit § 40 Abs 1 Satz 2 SGB II aF übereinstimmt, hat sich die Klägerin jedenfalls nicht damit auseinandergesetzt, weshalb die identischen Tatbestandsmerkmale "Sozialleistungen [...] erbracht" in § 44 Abs 1 SGB X einerseits, auf deren Vorliegen er sich beruft, und in § 44 Abs 4 Satz 1 SGB X andererseits, dessen Anwendbarkeit er verneint, eine unterschiedliche Bedeutung haben sollten (vgl Aubel in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 5. Aufl 2020, § 40 RdNr 60). Damit ist die Klärungsbedürftigkeit der aufgeworfenen Frage nicht hinreichend dargelegt.
4Zudem ist die Entscheidungserheblichkeit dieser Frage nicht hinreichend dargetan. Der Beschwerdeführer muss unter anderem aufzeigen, dass die Entscheidung bei Zugrundelegung seiner Rechtsauffassung in seinem Sinne hätte ausfallen müssen ( - RdNr 3; - RdNr 5; - RdNr 3; Karmanski in Roos/Wahrendorf/Müller, BeckOGK SGG, § 160a RdNr 72, Stand ; Voelzke in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 2017, § 160 RdNr 140). Es lässt sich der Beschwerdebegründung aber nicht entnehmen, dass die Klägerin mit ihrem Begehren in der Sache Erfolg haben könnte. Die Klägerin behauptet zwar, dass der Klage teilweise stattzugeben wäre, wenn die Frist des § 40 Abs 1 Satz 2 SGB II aF keine Anwendung fände, sie trägt aber zum Vorliegen der übrigen Voraussetzungen des § 44 SGB X nichts vor, sondern verweist insofern auf die Ausführungen im Überprüfungsantrag. Zweifelhaft ist bereits, ob solche pauschalen Verweisungen zulässig sind (vgl - RdNr 8; - RdNr 5; Karmanski in Roos/Wahrendorf/Müller, BeckOGK SGG, § 160a RdNr 36, Stand ), weil hierdurch das Vertretungserfordernis des § 73 Abs 4 Satz 1 SGG unterlaufen werden könnte, das eine eigenständige Prüfung, Sichtung und rechtliche Durchdringung des Streitstoffs durch einen qualifizierten Prozessbevollmächtigten sicherstellen soll ( - RdNr 4; - RdNr 4; vgl auch - RdNr 4). Im vorliegenden Fall reicht der Verweis auf den Überprüfungsantrag jedenfalls deswegen nicht aus, weil die Klägerin den Überprüfungsantrag nicht vorgelegt hat. Für die Frage der Zulässigkeit einer Nichtzulassungsbeschwerde ist indes allein auf das Vorbringen des Beschwerdeführers abzustellen, ohne dass es auf die Beiziehung der Akten aus dem vorinstanzlichen oder behördlichen Verfahren ankommt (vgl AR - RdNr 32; - RdNr 9; Karmanski in Roos/Wahrendorf/Müller, BeckOGK SGG, § 160a RdNr 47 f, Stand ). Soweit die Klägerin zum Beleg der Rechtswidrigkeit des Ausgangsbescheides ergänzend darauf verweist, dass der Beklagte die Kosten der Unterkunft nach monatlichen Durchschnittswerten berechnet habe, dies aber nicht näher ausführt, reicht das Vorbringen ebenfalls nicht aus.
5Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 Satz 1, Abs 4 SGG.
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BSG:2021:120321BB4AS39620B0
Fundstelle(n):
QAAAH-78294