IWB Nr. 8 vom Seite 1

Brexit, immer noch

Nils Henrik Feddersen | Verantw. Redakteur | iwb-redaktion@nwb.de

[i]Britisches Parlament, Pläne für acht neue Freihäfen unter https://go.nwb.de/hdnfuLangsam lichtet sich der Nebel über dem Kanal. Die wirtschaftlichen Folgen des Ausscheidens Großbritanniens aus der EU zeichnen sich unschön ab. Neue Barrieren beim Handel haben den Warenverkehr in beide Richtungen erschwert. Mehr als die Hälfte der britischen Unternehmen meldet Unterbrechungen, eine Anzahl von ihnen hat Lieferungen auf das Festland temporär eingestellt. Acht neue Freihäfen sollen das Malheur umkehren und das Land zu einem globalen Hauptumschlagplatz des Welthandels machen. Streng genommen sind es zunächst sieben Seehäfen und ein Flughafenareal in England, die als Zollfreigebiete auserkoren sind. Dort sollen niedrigere Zölle, Mehrwertsteuern und Abgaben anfallen. Ob das aufgeht, ist fraglich, denn von den 20 wichtigsten Importwaren ist die Mehrzahl ohnehin zollfrei. Bei den acht weiteren Warengruppen liegt kein Zollsatz höher als 4 %. Umgekehrt können in der EU auf Produkte aus britischen Freihäfen unverändert Zölle anfallen.

[i]Brexit hat einschneidende Folgen – das zeigen zwei Aufsätze dieser IWBFür einige Abschiedsschmerzen gibt es pragmatische rechtliche Mittel. So sind Händler und Dienstleister eine zusätzliche Sorge zum Vorsteuerabzug und zu den umsatzsteuerlichen Folgen der Verwendung von Zolllagern auf der Insel los, wie Langer ab zeigt. Für die Gesellschafter der über Jahre in Deutschland extrem beliebten Limited hatte der Brexit zwar keine völlig überraschenden, aber doch abrupte Folgen. Seit dem sollen sie nicht mehr von der Niederlassungsfreiheit profitieren. Hierbei geht es um die gesellschaftsrechtlichen Folgen und damit primär um die persönliche (Mit-)Haftung der Allein- bzw. Mitgesellschafter. Zivilrechtliche Entscheidungen des BGH dazu gibt es noch nicht, aber das BMF knüpft an die Sitztheorie als quasi selbstverständlich an. Das ist nicht zwingend, wie Thölke ab dargelegt. Denn der Brexit entspreche einer Gebietsveränderung, nicht einer Verwaltungssitzverlegung. Der Autor verbindet seine Argumentation mit einem Plädoyer für eine Übergangsregelung, die notabene europarechtlich geboten sei.

[i]Blick in die Schweiz, nach Österreich und auf die deutsche Umsetzung des AOAMit dem Aufsatz von Streule/Dietschi ab blicken wir auf die Schweiz, wo die Reform der Verrechnungssteuer und die Abschaffung der Stempelabgaben ihren Schatten voraus werfen. In Österreich als Quellenstaat dagegen wird ohne steuerliche Ansässigkeit des Steuerpflichtigen dort der Progressionsvorbehalt ausgeweitet, wie Schuster ab zeigt. Der begrenzten Gefahr der Sanktion einer fehlenden Hilfs- und Nebenrechnung gem. § 3 BsGaV widmen sich ab Retzer/Bühl. Das Ziel einer fremdvergleichskonformen Gewinnaufteilung wäre wohl auch ohne diese deutsche Spezialität zu erreichen gewesen.

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Nils Henrik Feddersen

Fundstelle(n):
IWB 8 / 2021 Seite 1
PAAAH-77078