Kein schlechter Witz
Viele Steuerkanzleien arbeiten zurzeit am Anschlag. Dafür hat der Staat indirekt gesorgt. Denn die Mandanten wenden sich hilfesuchend an ihren Steuerberater, um Geld aus Überbrückungshilfe & Co. zu bekommen. Für die Kanzleien gibt es kaum einen Ausweg. Wollen sie ihre Mandanten nicht verlieren, müssen sie schnellstmöglich helfen und sich in die teils unübersichtlichen Programme einarbeiten. Häufig kommen die Hilfen des Staates aber zu spät – und auch dann sind die Kanzleien meist der erste Anlaufpunkt. Wenn keine Fördermittel fließen, muss das Geld eben von der Bank kommen. Für die Steuerkanzleien bedeutet das, Unterlagen vorzubereiten und die Mandanten bei den Gesprächen eventuell zu begleiten. Und diese ganze Mehrarbeit fällt ausgerechnet in die meist ohnehin stressige erste Jahreshälfte in den Kanzleien, in der die „normale“ steuerliche Beratung natürlich weiter geht.
Doch damit nicht genug. Die nur wenigen Stunden Freizeit in der Woche, die Steuerberater zurzeit genießen können, scheinen auch passé zu sein. Zumindest wenn es nach den Sanierungsexperten des Bundesverbands „Die KMU-Berater“ geht. Diese raten den Steuerberatern nämlich eindringlich dazu, den Jahresabschluss 2020 für die Mandanten schnellstmöglich zu erstellen. Jahresabschluss 2020? Für viele Steuerberater mag das in der aktuellen Situation wie ein schlechter Witz klingen, haben sie doch vor Kurzem erst den 2019er-Abschluss erstellt. Doch vor dem Hintergrund einer aktuellen Umfrage des Verbands wird deutlich, dass der Ratschlag der Sanierungsexperten durchaus seine Berichtigung hat. Er basiert auf einer Umfrage des Verbands unter Kreditverantwortlichen in Banken. Ziel der Umfrage war es, die Mandanten auf die zukünftigen Anforderungen der Banken vorzubereiten, um weiterhin eine konstruktive Zusammenarbeit der Mandanten mit ihren Banken sicherzustellen. Ein zentrales Ergebnis der Umfrage war Folgendes:
Für 76,1 % der Teilnehmer ist der Jahresabschluss 2020 für kommende Kreditentscheidungen mit Blick auf die Corona-Auswirkungen „wichtig“ oder sogar „unabdingbar/zwingend“.
Oder andersherum: Nur 23,9 % der Teilnehmer sahen die Dezember-BWA 2020 als ausreichende Basis für eine Kreditentscheidung im Jahr 2021 an.
Die Konsequenz für Steuerberater ist klar: Sie sollten jetzt mit den Mandanten klare Absprachen für das Erstellen des Jahresabschlusses 2020 treffen – und zwar mit klaren Arbeitsschritten nach dem bewährten Prinzip „wer – macht was – bis wann“. Denn wer damit zu lange wartet und dann womöglich vor dem Kreditgespräch in einen zeitlichen Engpass läuft, den bestraft das Kreditleben. Dipl.-Kfm. Carl-Dietrich Sander und Dipl.-Kfm. Thomas Schader stellen die Ergebnisse der Umfrage ab S. 134 vor und leiten daraus zahlreiche Ansätze für Ihre Beratung ab – natürlich wie gewohnt mit Hinweisen auf weiterführende Beiträge und passende Arbeitshilfen.
Bleiben Sie weiterhin gesund!
Beste Grüße
Heiko Lucius
Fundstelle(n):
NWB-BB 5/2021 Seite 129
NWB MAAAH-76697