Alles auf Anfang – Neustart ab 2022
Sachlohn oder Barlohn, das bleibt des Gutscheins Frage
Alles auf Anfang – Neustart ab 2022: Seit mehr als einem Jahr versucht die Finanzverwaltung zu regeln, wann Gutscheine als Sachlohn oder als Barlohn einzuordnen sind. Jetzt hat die Finanzverwaltung selbst für eine zeitlich befristete Entschärfung gesorgt und die Prüfung der Voraussetzungen nach dem Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz (ZAG) entgegen dem eindeutigen Gesetzeswortlaut in § 8 Abs. 1 Satz 3 EStG bis zum Jahresende 2021 ausgesetzt (s. NWB LAAAH-73112). Bis zum sollen Gutscheine und Geldkarten als Sachlohn anzusehen sein, wenn sie ausschließlich zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen berechtigen. Der Zusatzprüfung, ob auch die Voraussetzungen nach § 2 Abs. 1 Nr. 10 ZAG erfüllt sind, bedarf es nicht. Faktisch wird die Rechtsauslegung bei Gutscheinen und Geldkarten, die bis Ende 2019 galt, bis Ende 2021 fortgeführt.
Den Kartenunternehmen wird durch die Übergangsregelung Zeit für die steuerlich nötige Anpassung ihrer Produkte bis zum gegeben. Gleichzeitig können diese auch mit der Erhöhung der 44 €-Freigrenze auf 50 € zum werbewirksam auftreten. Die Übergangsregelung hat auch für Berater ein Gutes: Bislang sahen sich Berater mit Gutachten der Kartenanbieter (z. B. Edenred) konfrontiert, deren Rechtsauffassungen jedoch nicht mit dem Entwurf eines BMF-Schreibens in Einklang zu bringen waren. Unabhängig davon, ob den von den Kartenunternehmen selbst in Auftrag gegebenen Gutachten zu folgen ist, haben es die Kartenanbieter nunmehr selbst in der Hand, ihre Angebote bis zum finanzamtskonform, rechtssicher und damit für die anbietenden Arbeitgeber haftungssicher auszugestalten. Allein im Eigeninteresse werden sie diese Chance nutzen.
Anzumerken ist, dass die zeitlich befristete Aussetzung nicht freiwillig erfolgte. Denn in den Beschlussempfehlungen und dem Bericht des Bundestags-Finanzausschusses zum JStG 2020 wurde eine Übergangsregelung im Hinblick auf fehlende Anwendungsregelungen und unterschiedliche Auslegungen durch die Finanzämter angemahnt (BT-Drucks. 19/25160 S. 138). Dem ist die Finanzverwaltung – offensichtlich z. T. widerwillig – nunmehr nachgekommen. Beachtenswert ist zudem Folgendes: Auch Aufmerksamkeiten aus einem besonderen persönlichen Anlass sind nur dann eine nicht steuerbare Leistung, wenn die Arbeitgeberzuwendung von maximal 60 € in Form einer Sachzuwendung erbracht wird (R 19.6 Abs. 1 Satz 2 und 3 LStR). Neben der Anwendung der 44 €-Freigrenze (ab 2022: 50 €-Freigrenze) setzt auch die Pauschalierung nach § 37b Abs. 2 EStG das Vorliegen von Sachlohn voraus. Der ( NWB LAAAH-73112) setzt die Prüfung des ZAG nicht nur für die Anwendung der 44 €-Freigrenze, sondern allgemein aus. Damit dürfte diese zeitlich befristete Übergangsregelung auch für Aufmerksamkeiten aus einem besonderen Anlass und die Anwendung von § 37b Abs. 2 EStG gelten. Der Aushändigung von Amazon-Gutscheinen an Mitarbeiter/innen aus Anlass des Geburtstags dürfte bis zum Jahresende 2021 das Lohnsteuerrecht nicht (mehr) im Wege stehen.
Michael Seifert
Fundstelle(n):
NWB 2021 Seite 737
RAAAH-73538