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NWB Nr. 5 vom Seite 341

Das verschmelzungsbedingte Übernahmeergebnis bei Kapitalgesellschaften

Eine systematische Darstellung der bilanziellen und außerbilanziellen Behandlung

Karsten Kusch

[i]Kusch, Verschmelzung, Grundlagen, NWB RAAAE-83079 Die Verschmelzung auf Kapitalgesellschaften nach dem Umwandlungsgesetz (§ 2 ff. UmwG) stellt an Unternehmen und ihre steuerlichen Berater hohe Anforderungen, da umfassende steuer- und gesellschaftsrechtliche Vorgaben beachtet werden müssen. Sowohl bei Verschmelzung einer Kapitalgesellschaft auf eine andere Kapitalgesellschaft (§§ 11, 12 UmwStG) als auch bei Verschmelzung einer Personen- auf eine Kapitalgesellschaft (§ 20 UmwStG), kommt es aufgrund des Buchwertwahlrechts in den allermeisten Fällen nicht zu steuerlichen Belastungen. Häufige Fehlerquellen, die zu Beanstandungen bei Betriebsprüfungen führen, sind jedoch die bilanzielle Abbildung der Vermögensübernahme und die Behandlung der Umwandlungskosten. Der nachfolgende Beitrag stellt die bilanzielle und außerbilanzielle Behandlung des Übernahmeergebnisses systematisch dar und bietet hierdurch eine Hilfestellung für dieses streitbefangene Thema. S. 342

Eine Kurzfassung des Beitrags finden Sie .

I. Die verschmelzungsbedingte Vermögensübernahme in Handels- und Steuerbilanz bei der übernehmenden Kapitalgesellschaft

1. Handelsbilanzielle Behandlung

a) Ansatz und Bewertung der übergehenden Wirtschaftsgüter

[i]AnschaffungskostenprinzipDie Verschmelzung stellt aus Sicht des übernehmenden Rechtsträgers grundsätzlich einen Anschaffungsvorgang dar, der prinzipiell entsprechend des allgemeinen Anschaffungskostenprinzips (§ 253 Abs. 1, § 255 Abs. 1 HGB) zu bewerten ist. Je nachdem, ob eine Verschmelzung zur Aufnahme (§ 2 Nr. 1 UmwG) oder eine Verschmelzung zur Neugründung (§ 2 Nr. 2 UmwG) erfolgt, wird der Vermögenszugang als laufender Geschäftsvorfall gebucht oder in der Eröffnungsbilanz des gegründeten Rechtsträgers ausgewiesen.

[i]ZeitwertansatzDie Anschaffungskosten bestimmen sich bei der Verschmelzung als Tauschvorgang nach dem Zeitwert der von der Übernehmerin erbrachten Gegenleistung. Dies ist bei einer Verschmelzung insbesondere der Zeitwert der ausgegebenen neuen Anteile. Aber auch der Zeitwert der Anteile am übertragenden Rechtsträger, die infolge einer Aufwärtsverschmelzung untergehen, stellt Anschaffungskosten beim übernehmenden Rechtsträger dar. Im unentgeltlichen Fall, dass weder neue Anteile ausgegeben werden, noch bestehende Anteile untergehen und damit keine zu bewertende Gegenleistung des übernehmenden Rechtsträgers vorliegt, bemessen sich die Anschaffungskosten nach dem Zeitwert der verschmelzungsbedingt erhaltenen Vermögensgegenstände (vgl. Beck'scher Bilanzkommentar, 12. Aufl. 2020, § 255 HGB Rz. 42 bis 45).

[i]Wahlrecht BuchwertansatzDer übernehmende Rechtsträger hat handelsrechtlich aber auch das umwandlungsrechtliche Wahlrecht, für die übernommenen Vermögensgegenstände als Anschaffungskosten i. S. von § 253 Abs. 1 HGB einheitlich die in der Schlussbilanz des übertragenen Rechtsträgers (§ 17 Abs. 2 UmwG) ausgewiesenen Buchwerte anzusetzen (§ 24 UmwG). Es handelt sich hierbei nicht um aktuelle Buchwerte, da die Bilanz bei der Anmeldung der Verschmelzung zur Eintragung bis zu acht Monate alt sein darf (§ 17 Abs. 2 Satz 4 UmwG). Im Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht v.  (BGBl 2020 I S. 569) und mit der GesRGenRCOVMVV v. (BGBl 2020 I S. 2258) hat der Gesetzgeber eine temporäre Verlängerung dieser Frist auf zwölf Monate beschlossen. Die verlängerte Frist ist anzuwenden, wenn die Umwandlung im Jahr 2020 bzw. 2021 zur Eintragung angemeldet wird.

b) Gegenbuchung Kapitalrücklage oder Ertragswirksamkeit

Die Verschmelzung als bilanzieller Anschaffungsvorgang kann je nach Fallgestaltung entweder im Rahmen eines entgeltlichen gewinnrealisierenden Tauschgeschäfts erfolgen oder aber einen erfolgsneutralen Gesellschafterbeitrag (Einlage) darstellen.

[i]Abwärts- oder Seitwärtsverschmelzung mit Ausgabe neuer Anteile als GegenleistungWerden anlässlich einer Abwärts- oder Seitwärtsverschmelzung als Gegenleistung für die Vermögensübernahme neue Anteile (Kapitalerhöhung oder Gründung) an die Gesellschafter des übertragenden Rechtsträgers ausgegeben, ist der durch die begünstigten Gesellschafter erfolgte verschmelzungsbedingte Vermögenszugang handelsrechtlich als offene Sacheinlage zu werten. Der angesetzte Wert des übergehenden Vermögens ist mit dem Nominalbetrag der gewährten Anteile zu verrechnen und der übersteigende Betrag ist in die Kapitalrücklage nach § 272 Abs. 2 Nr. 1 HGB einzustellen. Ein Verschmelzungsgewinn entsteht nicht (vgl. Hörtnagl in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, 8. Aufl. 2018, § 24 UmwG Rz. 34; Rödder in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, UmwStG, Anhang 2 Rz. 32). Sind die übernommenen Buchwerte niedriger als der Ausgabebetrag der gewährten Anteile, entsteht insoweit ein aufwandswirksamer Verschmelzungsverlust (IDW RS HFA 42, Tz. 70). S. 343

[i]Seitwärtsverschmelzung ohne Ausgabe neuer AnteileAuch wenn bei einer Verschmelzung auf eine Schwestergesellschaft keine Anteile ausgegeben werden, weil der gemeinsame Gesellschafter zivilrechtlich darauf verzichtet hat (vgl. § 54 Abs. 1 Satz 3, § 68 Abs. 1 Satz 3 UmwG), liegt aus der Sicht des übernehmenden Rechtsträgers bei Übergang eines positiven Reinvermögens eine unentgeltliche Gesellschafterleistung und somit auch ohne Ausgabe neuer Anteile eine Einlage des Gesellschafters in die Kapitalrücklage vor. Da eine Dotierung der Kapitalrücklage nach § 272 Abs. 2 Nr. 1 HGB nur im Fall einer Kapitalerhöhung möglich ist, handelt es sich hier dann um eine andere Zuzahlung in das Eigenkapital i. S. des § 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB (vgl. Hörtnagl in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, 8. Aufl. 2018, § 24 UmwG Rz. 53, und Rödder in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, UmwStG, Anhang 2 Rz. 37 und 38).