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Die neue Weltsteuerordnung als Rube-Goldberg-Maschine?
Konstruktionsmängel bei der Besteuerung digitaler Geschäftsmodelle nach dem OECD Pillar One
Die [i]OECD, Tax Challenges Arising from Digitalisation ? Report on the Pillar One Blueprint v. 14.10.2020 unter http://go.nwb.de/gj0fp in den letzten Jahren im Rahmen des BEPS-Projekts der OECD bereits umgesetzten Reformen waren darauf ausgerichtet, sog. aggressive Steuergestaltungen zu bekämpfen. Die Besteuerung digitaler Geschäftsmodelle, die dabei zunächst zurückgestellt wurde, rückt nun mit Vehemenz in den Fokus. Anfang Oktober 2020 hat die OECD ihre aktualisierten Reformkonzepte (Blueprints) veröffentlicht, die aus zwei sog. Säulen bestehen. Die erste Säule (Pillar One ) ist auf eine Neuverteilung der Besteuerungsrechte aufgrund neuer Anknüpfungspunkte gerichtet. Die zweite Säule soll eine weltweite Mindestbesteuerung sicherstellen. Eine Umsetzung der beiden Säulen könnte als eine neue Weltsteuerordnung angesehen werden. Unabhängig vom Ausgang der politischen Verhandlungen müssen sich Steuerpraktiker auf zwei Konsequenzen einstellen. Erstens, egal ob multi- oder unilateral, viele Staaten scheinen zu einer Besteuerung digitaler Geschäftsmodelle fest entschlossen. Zweitens, sowohl die unmittelbaren administrativen Folgen als auch die indirekten Schwierigkeiten einer systematischen Abstimmung mit der bestehenden Weltsteuerordnung, werden bisher unterschätzt. Dieser Artikel fasst die steuerpolitischen und technischen Fragestellungen in Bezug auf die Blueprints zusammen.
Die OECD hat ein umfangreiches Reformkonzept zur Besteuerung digitaler Geschäftsmodelle erarbeitet. Die Ausgestaltung ist primär an steuerpolitischen Zielen orientiert. Da die Regelungen parallel zum bestehenden Weltsteuersystem Anwendung finden sollen, ohne dass die Schnittstellen und Abgrenzungsfragen geklärt sind, resultiert daraus eine kaum beherrschbare Komplexität.
Die Folgenabschätzung der OECD deutet auf vergleichsweise geringe steuerliche Mehreinnahmen durch die Reformen hin. Die Verhältnismäßigkeit des aus der technischen Komplexität absehbar resultierenden Befolgungsaufwands erscheint steuerpolitisch zweifelhaft.
Die in Amount A des Pillar One vorgesehene formelhafte Gewinnaufteilung bedeutet einen Paradigmenwechsel im Bereich der Verrechnungspreise. Im Amount B sind Basisvergütungen für Vertriebs- und Marketingfunktionen vorgesehen. Die internationale Vereinheitlichung der Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes auf Vertriebsgesellschaften mit Routinefunktionen könnte in der Praxis eine positive Wirkung entfalten.S. 7