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NWB Nr. 1 vom Seite 18

Neue Ländererlasse zur grunderwerbsteuerlichen Konzernklausel

Endlich grünes Licht für konzerninterne Umstrukturierungen?

Frank Wischott und Hans-Christoph Graessner

[i]Oberste Finanzbehörden der Länder, gleich lautende Erlasse v. 22.9.2020, BStBl 2020 I S. 960Bereits nach den mündlichen Verhandlungen der sieben Verfahren vor dem BFH zur grunderwerbsteuerlichen Konzernklausel im August 2019 war absehbar, dass die bisherige einschränkende Auslegung der Finanzverwaltung so keinen Bestand haben würde. Da die amtliche Veröffentlichung der Urteile des BFH im Bundessteuerblatt weitere elf Monate in Anspruch genommen hat, hatten die Länder bis zur nun erfolgten Veröffentlichung der neuen Verwaltungsauffassung mehr als ein Jahr Zeit, sich über erforderliche Anpassungen der acht Jahre alten Fassung der gleich lautenden Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder zur Anwendung der Konzernklausel abzustimmen. In dem nachfolgenden Beitrag soll analysiert werden, ob nun auch die Finanzverwaltung konzerninterne Umstrukturierungen im Sinne des Bundesfinanzhofs erleichtern will.

Eine Kurzfassung des Beitrags finden Sie .

I. Hintergrund

[i]Uneingeschränkte Anerkennung der BFH-Rechtsprechung durch den § 6a-Erlass-neu? Auf den ersten Blick wirkt die Neufassung der gleich lautenden Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder zur Anwendung des § 6a GrEStG v.  (nachfolgend „§ 6a-Erlass-neu“, BStBl 2020 I S. 960) wie eine uneingeschränkte Anerkennung der Grundsätze des BFH zur Auslegung der Vorschrift; doch beim näheren Hinsehen werden deutliche Einschränkungen sichtbar. Für die Praxis ist zu befürchten, dass erneut Unsicherheiten in eigentlichen Standardfällen von konzerninternen Umstrukturierungen verbleiben. Auf die wesentlichen Punkte soll im nachfolgenden Aufsatz eingegangen werden.

Der Aufbau des orientiert sich nunmehr an der Reihenfolge der zu prüfenden Tatbestandsmerkmale sowie inhaltlich im Wesentlichen an der alten Fassung des Erlasses aus 2012 unter Berücksichtigung der Aussagen des BFH. In der Einleitung des S. 19 werden zunächst die sieben BFH-Urteile aufgelistet ( [II R 50/13], BStBl 2020 II S. 329; II R 16/19 [II R 36/14], BStBl 2020 II S. 333; II R 19/19 [II R 63/14], BStBl 2020 II S. 337; II R 20/19 [II R 53/15], BStBl 2020 II S. 341; II R 21/19 [II R 56/15], BStBl 2020 II S. 344, und v.  - II R 17/19 [II R 58/14], BStBl 2020 II S. 348; II R 18/19 [II R 62/14], BStBl 2020 II S. 352), die den Grund für die Überarbeitung des § 6a-Erlasses in der Fassung v.  (BStBl 2012 I S. 662) und v.  (BStBl 2013 I S. 1375) darstellen (nachfolgend „ “).

Hinweis:

Zu den BFH-Urteilen s. ausführlich Wischott/Graessner, NWB 18/2020 S. 1320.

II. Allgemeines zur Konzernklausel

[i]Geißler, Grunderwerbsteuer, infoCenter, NWB EAAAB-14435 Die Konzernklausel erfasst sowohl Grundstücksübertragungen bzw. Übertragungen von Beteiligungen an grundbesitzenden Gesellschaften im Rahmen von Umwandlungen (Gesamtrechtsnachfolge) als auch Einbringungen sowie andere Erwerbsvorgänge auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage. Begünstigt werden nach dem ausdrücklichen Wortlaut der Vorschrift fast sämtliche grunderwerbsteuerbaren Erwerbsvorgänge. Lediglich die Übertragung von Grundstücken im Wege der Einzelübertragung fällt nicht unter die Konzernklausel (§ 1 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 2 GrEStG). Begünstigte Erwerbsvorgänge können danach unter folgenden Voraussetzungen von der Grunderwerbsteuer befreit sein:

  • Vorliegen einer begünstigten Transaktion, d. h.

    • Vorgang im Sinne des UmwG (außer Formwechsel) oder

    • Einbringung oder andere Erwerbsvorgänge aufgrund gesellschaftsrechtlicher Grundlage;

  • Vorliegen eines herrschenden Unternehmens;

  • unmittelbare bzw. mittelbare Beteiligung des herrschenden Unternehmens an den abhängigen Gesellschaften innerhalb der fünfjährigen Vor- und Nachbehaltensfrist zu mindestens 95 %.

III. Wegfall des Begriffs „Konzernverbund“

[i]Aufgabe des Begriffs „Verbund“Nach bisheriger Auffassung der Finanzverwaltung sollte die Anwendung der Konzernklausel begrifflich auf den „Verbund“ beschränkt sein. Ein solcher „Verbund“ sollte sich aus den an dem begünstigten Vorgang beteiligten Rechtsträgern zusammensetzen, also dem herrschenden Unternehmen und/oder von diesem abhängige Gesellschaften (§ 6a-Erlass v. , BStBl 2012 I S. 662 ff., Tz. 1). Eine Umwandlung auf das herrschende Unternehmen (z. B. Verschmelzung einer abhängigen Gesellschaft) bzw. von dem herrschenden Unternehmen (z. B. Ausgliederung auf eine abhängige Gesellschaft) war danach von der Anwendung der Konzernklausel ausgeschlossen, da es sich in diesen Fällen um Umwandlungen gehandelt habe, die den Verbund beenden oder begründen.

[i]Auch Umwandlungen auf das herrschende Unternehmen und von ihm können begünstigt seinDer BFH hatte diese Sichtweise in seinen Entscheidungen v. 21.8./ ausdrücklich abgelehnt. Seiner Ansicht nach gibt es für eine solche Wertung weder im Wortlaut oder in der Systematik der Konzernklausel noch in den Gesetzesmaterialien eine Stütze ( [II R 50/13], BStBl 2020 II S. 329, Rz. 37). In dem wird der Begriff „Verbund“ im Einklang mit den BFH-Entscheidungen ausdrücklich aufgegeben. Folglich sind Umwandlungen auf das herrschende Unternehmen bzw. von dem herrschenden Unternehmen damit nicht per se von der Anwendung der Konzernklausel ausgeschlossen. S. 20