Besitzen Sie diesen Inhalt bereits, melden Sie sich an.
oder schalten Sie Ihr Produkt zur digitalen Nutzung frei.

Dokumentvorschau
BBK Nr. 23 vom Seite 1143

Beliebt, aber teuer – Lieferantenkredite in der betrieblichen Praxis

Ermittlung der Effektivverzinsung und abzuleitende Handlungsempfehlungen

Prof. Jürgen Grabe

Für [i]Bail/Vater, Liquiditätsoptimierung durch Working Capital Management – Teil 2: Verbindlichkeitenmanagement, BBK 23/2014 S. 1113 NWB CAAAE-80398 viele Unternehmen ist der Lieferantenkredit eine unkomplizierte Form der Finanzierung. Im Gegensatz zum kurzfristigen Bankkredit ist für einen Lieferantenkredit weder eine Antragstellung noch eine Bonitätsprüfung erforderlich. Auch auf die Gestellung von Sicherheiten kann verzichtet werden. Demgegenüber dürfen jedoch die Kosten dieser unbürokratischen Art der Finanzierung nicht unterschätzt werden. Der effektive Jahreszinssatz kann leicht bei 45 % und mehr liegen. Der Beitrag zeigt die sachgerechte Ermittlung des Effektivzinssatzes und gibt Handlungsempfehlungen sowohl für Unternehmen als auch für Kreditinstitute.

Eine Kurzfassung des Beitrags finden Sie .

I. Reichweite von Lieferantenkrediten

Angesichts [i]Mittel zur kurzfristigen Fremdfinanzierungder beträchtlichen Finanzierungsaufwendungen im Bereich der kurzfristigen Fremdfinanzierung strebt jeder Finanzdisponent nach möglichst günstigen Finanzierungsarten. Entscheidungskriterium ist der jeweilige Effektivzinssatz. Erst wenn der Effektivzinssatz berechnet und bekannt ist, kann der Finanzdisponent eine rationale Wahl zwischen mehreren miteinander konkurrierenden Fremdfinanzierungsformen kurzfristiger Art treffen.

Bei [i]Multimilliardengeschäft der kurzfristigen Fremdfinanzierung spielt der Lieferantenkredit eine große Rolle. Er bildet zusammen mit den Kundenanzahlungen die Handelskredite. Eine Untersuchung der Deutschen Bundesbank zur Bedeutung der Handelskredite für deutsche Unternehmen ergab für den Zeitraum 2002 bis 2009 einen Durchschnittswert von 345,2 Mrd. € für die Summe aus Lieferantenkrediten und Kundenanzahlungen. Dies entspricht einer Quote von 15,8 % der Bilanzsumme und ist damit um einen Prozentpunkt höher als die kurz- und langfristige Verschuldung der Unternehmen gegenüber Banken. 2016 war die Summe aus Lieferantenkrediten und Kundenanzahlungen (554,5 Mrd. €) S. 1144ebenfalls deutlich höher als die Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten (470 Mrd. €) (siehe Abb. 1).


Tabelle in neuem Fenster öffnen
2004
2009
2013
2016
(in Mrd. €)
Verbindlichkeiten
- gegenüber Kreditinstituten
315,0
453,5
463,4
470,0
- aus Lieferungen und Leistungen
216,4
259,7
303,1
320,0
- gegenüber verbundenen Unternehmen
363,0
647,8
807,4
932,0
- erhaltene Anzahlungen
105,9
178,2
213,4
234,5
Quelle: Deutsche Bundesbank, Monatsbericht 2007/12 S. 44, 2012/12 S. 40, 2016/12 S. 70, 2017/12 S. 47.

Abb. 1: Höhe der Lieferantenkredite