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NWB Nr. 47 vom Seite 3499

Verrechnungskonten in Handelsbilanz und Steuerbilanz persönlich geprägter Kapitalgesellschaften

Forderungen und/oder Verbindlichkeiten gegen Gesellschafter

Norbert Wiesch

[i]Gehrmann, Kapitalgesellschaft, infoCenter, NWB ZAAAB-17516 Bei persönlich geprägten, familiär geführten Kapitalgesellschaften werden häufig sog. Verrechnungskonten in der Bilanz ausgewiesen, die im Regelfall Forderungen oder Verbindlichkeiten gegenüber einem Gesellschafter beinhalten. Zur Vermeidung von verdeckten Gewinnausschüttungen oder verdeckten Einlagen sind gewisse Regeln zu beachten, die im Folgenden dargestellt werden. Das gilt insbesondere für den Fall, dass das Verrechnungskonto einen erheblichen Saldo aufweist und nach Möglichkeit nicht mehr in der Bilanz erscheinen soll.

Eine Kurzfassung des Beitrags finden Sie .

S. 3500

I. Wesen eines Verrechnungskontos

1. Hintergrund

[i]Zahlungen für private Zwecke des GesllschaftersAuf einem Verrechnungskonto werden Zahlungen für private Zwecke des Gesellschafters erfasst, die bei einem Einzelunternehmen oder einer Personengesellschaft als Privatentnahmen zu buchen wären; hieraus entsteht eine Forderung der Kapitalgesellschaft an den Gesellschafter. In der Regel entstehen diese Forderungen dadurch, dass Lebenshaltungskosten – Versicherungsbeiträge, Kosten für Heizung, Strom, Wasser, Privatanteil an den Kfz-Kosten – auf diesem Verrechnungskonto gebucht werden. Vereinbarungen über die Rückzahlung oder die Fälligkeit werden zwischen der Kapitalgesellschaft und den Gesellschaftern regelmäßig nicht getroffen; auch werden keine Sicherheiten geleistet.

[i]Zahlungen des Gesellschafters zur Überbrückung von LiquiditätsengpässenAndererseits kann ein Verrechnungskonto dadurch entstehen, dass der Gesellschafter der Kapitalgesellschaft liquide Mittel (etwa zur Überbrückung von Liquiditätsengpässen) zur Verfügung stellt, die bei einem Einzelunternehmen oder einer Personengesellschaft als Privateinlagen zu behandeln wären; in diesem Fall entsteht eine Verbindlichkeit der Kapitalgesellschaft gegenüber dem Gesellschafter.

Steuerliche und wirtschaftliche Konsequenzen aus der Führung solcher Verrechnungskonten sind dabei vielfältig.

2. Forderung der Kapitalgesellschaft an den Gesellschafter

[i]Zahlungen für private Zwecke der Gesellschafter führen zu Forderungen mit DarlehenscharakterHäufig ist es schwierig, Gesellschaftern (insbesondere nach Einbringung eines Einzelunternehmens in eine Kapitalgesellschaft) klarzumachen, dass derartige Zahlungen nicht von „ihrer Firma“, sondern von ihnen selbst zu tragen sind. In diesem Fall werden auf Verrechnungskonten regelmäßig nach Buchung der Gehälter Auszahlungen für private Zwecke der Gesellschafter gebucht. Da die Sollbuchungen auf dem Verrechnungskonto in der Regel die Habenbuchungen übersteigen, entsteht in diesen Fällen eine Forderung der Kapitalgesellschaft gegen den Gesellschafter, die Darlehenscharakter hat.

[i]Kreditgewährung bei RückzahlungsabsichtNach den Urteilen des (BStBl 1982 II S. 245) und v.  - VIII R 284/83 (BStBl 1986 II S. 481) liegen in Höhe der die Gehaltsbuchungen übersteigenden Sollbuchungen auf den Verrechnungskonten Kreditgewährungen der Gesellschaft an ihre Gesellschafter vor, wenn diese Forderungen von vornherein auf einem bei der Gesellschaft für den Gesellschafter geführten Verrechnungskonto festgehalten werden und die Darlehensrückzahlung gewollt ist; der Gesellschafter also von Anfang an ernstlich bestrebt ist, die erhaltenen Mittel in absehbarer Zeit zurückzuzahlen. S. 3501

Hinweis:

[i]Löhne und Gehälter zur MittelrückführungGegen die Annahme eines Darlehens spricht nicht, dass auf den Verrechnungskonten weder Löhne noch Gehälter gebucht werden. Allein daraus kann nicht auf eine fehlende Rückzahlungsabsicht geschlossen werden, weil die erhaltenen Kredite auch mit anderen Mitteln zurückgeführt werden können.

[i]Problem hoher Bestände auf VerrechnungskontenMangelnde Mittelrückführung, z. B. bei fehlenden Gehaltsgutschriften, führt zu einem stetig ansteigenden Verrechnungskonto, von dessen Bedeutung der Gesellschafter oft keine Vorstellung hat. Das böse Erwachen stellt sich spätestens dann ein, wenn im Rahmen der Unternehmensnachfolge ein potenzieller Erwerber von Anteilen über die Werthaltigkeit und Rückzahlungsmodalitäten dieser Kreditgewährung nachdenkt.

3. Verbindlichkeit der Kapitalgesellschaft gegenüber dem Gesellschafter

Wenn die Habenbuchungen die Sollbuchungen übersteigen, liegt eine Verbindlichkeit der Gesellschaft, also eine Forderung des Gesellschafters, vor.

II. Steuerrechtliche Folgerungen aus der Führung von Verrechnungskonten – Forderung der Kapitalgesellschaft an den Gesellschafter

1. Kreditgewährung

a) Voraussetzungen

[i]Kreditgewährung, wenn Darlehensrückzahlung beabsichtigtZahlungen für private Zwecke des Gesellschafters stellen eine Kreditgewährung dar, wenn sie

  • von vornherein auf einem Verrechnungskonto festgehalten werden,

  • von Anfang an eine Darlehensrückzahlung gewollt ist (, BStBl 1986 II S. 481) und eine Rückzahlungsabsicht offensichtlich ernsthaft besteht.

Hinweis:

[i]Fehlende SicherungEine fehlende Sicherung kann bei ständigem Ansteigen des Verrechnungskontos jedoch gegen die steuerrechtliche Anerkennung als Darlehen sprechen.

b) Folgen für den Gesellschafter

[i]Keine verdeckte GewinnausschüttungTätigt die Kapitalgesellschaft Zahlungen zur Deckung des laufenden privaten Verbrauchs des Gesellschafters, ist noch keine Vorteilsgewährung gegeben, wenn die Beträge durch Buchung auf einem Verrechnungskonto als Darlehen (Forderung) – welches die Rückzahlungsverpflichtung zum Ausdruck bringt – ausgewiesen werden und deshalb weiterhin zum Vermögen der Kapitalgesellschaft gehören. Diese Beträge sind damit dem Gesellschafter nicht endgültig zugewendet worden. Unter diesen Voraussetzungen stellen Zahlungen für den Gesellschafter keine verdeckten Gewinnausschüttungen (§ 8 Abs. 3 Satz 2 KStG) dar.

c) Vereinbarung von Verrechnungskonten

[i]Klare Vereinbarungen bei beherrschenden GesellschafternDer Führung von Verrechnungskonten, einschließlich der Tilgung und der Verzinsung, sollte insbesondere bei beherrschenden Gesellschaftern von vornherein eine klare – vorzugsweise schriftliche – Vereinbarung zugrunde liegen, um die negativen Folgen aus der Rechtsprechung des BFH zum Nachzahlungsverbot auszuschließen. In entsprechender Anwendung der Grundsätze des (BStBl 1990 II S. 645) ist darauf zu achten, dass das Verrechnungskonto rechtzeitig belastet wird.

[i]Schriftform: Gültigkeitsvoraussetzung oder BeweisfunktionNach diesem Urteil bestimmen zwar die Vertragsparteien, ob die Einhaltung der Schriftform Gültigkeitsvoraussetzung für einen Vertrag sein soll (= konstitutive Schriftform) oder ob der Inhalt des Vertrags lediglich zu Beweiszwecken (= deklaratorische Schriftform) schriftlich niedergelegt werden soll. Unterbleibt die nur zu Beweiszwecken S. 3502vereinbarte schriftliche Fixierung (ggf. einer Vertragsänderung), hat dies keinen Einfluss auf die Wirksamkeit des (geänderten) Vertrags. Außerdem kann der vereinbarte Formzwang von den Vertragsparteien jederzeit aufgehoben werden.