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StuB Nr. 21 vom Seite 817

Der Referentenentwurf für ein Finanzmarktintegritätsstärkungsgesetz (FISG)

Reform der internen Corporate Governance nach dem Wirecard-Skandal

Prof. Dr. Patrick Velte

Am haben das BMF und das BMJV einen gemeinsamen Referentenentwurf (RefE) für ein Gesetz zur Stärkung der Finanzmarktintegrität (Finanzmarktintegritätsstärkungsgesetz – FISG) veröffentlicht. Der RefE umfasst eine Vielzahl von Reformvorschlägen zur Stärkung des deutschen Corporate Governance-Systems. Der vorliegende Beitrag konzentriert sich ausschließlich auf die internen Corporate Governance-Maßnahmen am Beispiel einer börsennotierten Aktiengesellschaft. Hierbei werden die handels- und aktienrechtlichen Regulierungen nach dem FISG-RefE für die Tätigkeit des Vorstands, Aufsichtsrats und Abschlussprüfers dargestellt und einer kritischen Würdigung unterzogen.

Velte, Der Aktionsplan der Bundesregierung zum Wirecard-Skandal, StuB 20/2020 S. I, NWB EAAAH-60636

Kernfragen
  • Welche Reformmaßnahmen zur internen Corporate Governance umfasst der FISG-RefE?

  • Inwiefern wird das Tätigkeits- und Anforderungsprofil von Vorständen, Aufsichtsräten und Abschlussprüfern bei Unternehmen des öffentlichen Interesses verändert?

  • Welche weiteren Reformmaßnahmen lassen sich zur Stärkung der internen Corporate Governance im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens noch identifizieren?

I. Einleitung

[i]Philipps, Wirecard und die Krise des Enforcement, StuB 16/2020 S. 622, NWB TAAAH-55713 Lentfer/Weber, Corporate Governance, infoCenter, NWB EAAAE-13065 Der Skandal um den ehemaligen DAX-Konzern Wirecard hatte in den vergangenen Monaten zu einer lebhaften Diskussion im Fachschrifttum geführt. Wenngleich das BMF äußerst schnell den damaligen Vertrag mit der Deutschen Prüfstelle für Rechnungslegung e. V. (DPR) gekündigt und einen Aktionsplan als Reaktion auf den vermutlich größten Bilanzskandal in der deutschen Nachkriegsgeschichte in Aussicht gestellt hatte, hatte sich seither eine Vielzahl von Vertretern der Unternehmenspraxis, Politik und Forschung mit Reformvorschlägen an die Wirtschaftspresse gewandt. Unzweifelhaft stehen bislang die Reform der BaFin und die Kritik an der Tätigkeit der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft EY als langjähriger Prüfer von Wirecard im Zentrum der Diskussion. Unstrittig ist, dass das Vertrauen in die Funktionsfähigkeit des deutschen Kapitalmarkts und die Reputation von Wirtschaftsprüfungsgesellschaften durch den Wirecard-Fall stark gesunken und Reformmaßnahmen angezeigt sind. Notwendig erscheint es allerdings, von einer voreiligen Regulierung zu warnen und mit Augenmaß das gesamte Corporate Governance-System bei Unternehmen des öffentlichen Interesses einzubeziehen. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass in der öffentlichen Diskussion bis auf wenige Ausnahmen die Tätigkeit des Aufsichtsrats von Wirecard nicht fokussiert wird.

Vor diesem Hintergrund zielt der vorliegende Beitrag darauf ab, die wesentlichen handels- und aktienrechtlichen Reformmaßnahmen zur internen Corporate Governance nach dem FISG-RefE darzustellen und im Anschluss daran kritisch zu würdigen. Im Speziellen werden im Folgenden nach einer überblicksartigen Darstellung der zentralen Reformmaßnahmen die Auswirkungen des FISG-RefE auf die Tätigkeit des Vorstands, Aufsichtsrats und Abschlussprüfers bei Unternehmen des öffentlichen Interesses einbezogen. Die Maßnahmen zur externen Corporate Governance, primär zur Neugestaltung des nationalen Enforcements, werden hierbei ausgeklammert.S. 818

II. Zentrale Reformmaßnahmen zur internen Corporate Governance im Überblick

Als Reaktion auf den Wirecard-Skandal wurde in den vergangenen Monaten eine Vielzahl von Reformvorschlägen im Fachschrifttum diskutiert. Hierbei kommt neben dem FISG-RefE den Empfehlungen des Instituts der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e. V. (IDW), des Deutschen Aktieninstituts (DAI) und des Arbeitskreises Bilanzrecht Hochschullehrer Rechtswissenschaft (AKBR) eine zentrale Bedeutung zu. Einen Überblick über zentrale geplante Regulierungen des FISG-RefE gibt Übersicht 1, während Übersicht 2 auf S. 819 auf die Reformvorschläge der weiteren vorstehend genannten Institutionen abstellt. Hierbei zeigt sich, dass das gesamte interne Corporate Governance-System in die Reformüberlegungen einbezogen wurde.