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NWB Nr. 43 vom Seite 3182

Die Transportveranlassung beim Versandhandel aus Sicht des EuGH

Mögliche Konsequenzen auch für grenzüberschreitende Reihengeschäfte?

Dr. Atanas Mateev

Im „KrakVet“ ( NWB FAAAH-52942) ging es eigentlich um die Frage, ob ein Versandhändler durch eine bestimmte Gestaltung der Transportveranlassung „VAT-Rate-Shopping“ betreiben kann. Das polnische Unternehmen KrakVet wollte erreichen, dass für Versandhandelslieferungen nach Ungarn statt 27 % ungarische Umsatzsteuer nur 8 % polnische Umsatzsteuer entstehen. Entscheidend hierfür war die Frage, ob die Gegenstände „... durch den Lieferer oder für dessen Rechnung versandt oder befördert ...“ wurden und damit die Versandhandelsregelung des Art. 33 MwStSystRL einschlägig war. Da sich eine ähnliche Formulierung auch in Art. 36a MwStSystRL, der mit Einführung der Quick Fixes zum die Zuordnung des Transports bei Reihengeschäften regelt, findet, muss sich die Beratungspraxis somit Gedanken darüber machen, welche Bedeutung die Aussagen des EuGH zur Transportveranlassung über den Versandhandel hinaus haben.

Eine Kurzfassung des Beitrags finden Sie .

I. Sachverhalt des „KrakVet“

[i] EuGH, Urteil v. 18.6.2020 - Rs. C-276/18 „KrakVet“, NWB FAAAH-52942 Das polnische Unternehmen KrakVet verkaufte online Produkte für Tiere, u. a. auch über eine ungarische Domain. Über diese Website hatte sie mehrere Kunden in Ungarn. Der Versand der Waren erfolgte stets aus Polen zum Privatkunden nach Ungarn. Dabei stand es den ungarischen Kunden frei, die gekauften Waren direkt im Lager von KrakVet in Polen abzuholen oder einen Spediteur frei zu wählen. Gleichzeitig bot die KrakVet auf ihrer Website den Kunden die Möglichkeit an, mit der Spedition KBGT einen Speditionsvertrag abzuschließen. KrakVet wurde diesbezüglich keine Vertragspartei. Wählten die Kunden die empfohlene Spedition, räumte KrakVet einen Rabatt auf den Preis der Waren ein, so dass der Transport effektiv nur ca. 0,25 € kostete.

Die polnische Steuerbehörde bestätigte KrakVet, dass die Umsatzsteuer auf Basis von Art. 32 MwStSystRL in Polen geschuldet wird, wo der Transport beginnt, weil es keine Versandhandelslieferungen seien. Polen setzte daher für diese Lieferungen 8 % polnische Umsatzsteuer fest.

Nach einer Prüfung stellte die ungarische Finanzbehörde jedoch fest, dass die in Art. 34 MwStSystRL vorgesehene Lieferschwelle überschritten wurde und dass Versandhandelslieferungen vorlägen. Ungarn besteuerte daher die Lieferungen (zusätzlich) mit 27 % ungarischer Umsatzsteuer ( „KrakVet“, NWB FAAAH-52942). S. 3183

II. Entscheidung des EuGH

1. Grenzüberschreitende Mitwirkungspflicht unterschiedlicher Finanzbehörden

a) Keine gemeinsame Klärung bei der Beurteilung von Rechtsfragen

Bei den ersten drei Vorlagefragen ging es darum, ob die nationalen Behörden unterschiedlicher EU-Mitgliedstaaten aufgrund der gemeinschaftsrechtlichen Normen verpflichtet sind, sich bei einem grenzüberschreitenden Sachverhalt untereinander abzustimmen. Auf diesem Weg sollte Doppel- oder Nichtbesteuerung innerhalb des Gemeinschaftsgebiets vermieden werden.