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BBK Nr. 20 vom Seite 964

Gewerbesteuerliches Abzugsverbot vorbereitender Betriebsausgaben

Dr. Johannes Riepolt

[i]LfSt Niedersachsen, Vfg. v. 12.8.2019 - G 1421 - 17 - St 25/St 251 NWB IAAAH-51687 Der Beginn der Steuerpflicht im Rahmen der Ertragsbesteuerung gewerblicher Unternehmen ist nicht einheitlich geregelt. Während Geschäftsvorfälle vor der Eröffnung eines Betriebs bei der Einkommensteuer und Körperschaftsteuer die Bemessungsgrundlage beeinflussen können, gilt dies nicht im Rahmen der Gewerbesteuer. Auch umsatzsteuerrechtlich liegt der Beginn der unternehmerischen Tätigkeit regelmäßig vor dem Beginn der Gewerbesteuerpflicht.

Zur gewerbesteuerlichen Behandlung vorbereitender Betriebsausgaben ist ein grundlegend. Bezugnehmend auf dieses Urteil hat das Landesamt für Steuern Niedersachsen am eine Verfügung erlassen, deren Inhalt und mögliche Auswirkung auf das Buchungsverhalten im Folgenden dargestellt werden.

Eine Kurzfassung des Beitrags finden Sie .

I. Grundlegende Rechtsprechung des BFH

1. Sachverhalt

[i]BFH, Urteil v. 19.8.1977 - IV R 107/74 NWB QAAAB-01208 Als maßgebende Rechtsquelle hinsichtlich der Abzugsfähigkeit vorbereitender Betriebsausgaben dient – auch in der Verfügung des LfSt Niedersachsen – das . Im vorliegenden Fall war streitig, ob Aufwendungen vor Beginn des Gewerbebetriebs bei der Ermittlung des Gewerbeertrags angesetzt werden können.

Die Klägerin hatte im Jahr 1970 eine Apotheke eröffnet und für Zwecke der Gewerbesteuer sowohl im Jahr 1969 als auch im Jahr 1970 einen Verlust erklärt. Der Verlust des Jahres 1969 resultierte aus vorbereitenden Maßnahmen zur Eröffnung der Apotheke, insbesondere Maklerprovisionen, Beratungskosten, Anzeigen, Erwerb von Fachliteratur, Büromaterial und weiteren Gebühren. Das Finanzamt erkannte die S. 965Verluste einkommensteuerrechtlich an. Gewerbesteuerlich wurden jedoch nur die Verluste aus 1970 berücksichtigt, d. h. im Jahr 1971 verrechnet.

[i]Gewerbesteuerpflicht bedingt BetriebseröffnungEine gegen dieses Vorgehen gerichtete Klage der Apothekerin vor dem Finanzgericht war ohne Erfolg. Nach Ansicht des FG ist eine Verrechnung mit Fehlbeträgen nur möglich, wenn ein maßgebender Gewerbeertrag ermittelt wurde, was eine Gewerbesteuerpflicht erfordert. Im Jahr 1969 hat hingegen noch keine Gewerbesteuerpflicht bestanden, denn diese beginne erst zu dem Zeitpunkt, in dem alle Voraussetzungen erfüllt sind, die nach dem Gewerbesteuerrecht die Annahme eines Gewerbebetriebs rechtfertigen. Dies ist bei Einzelunternehmen regelmäßig die Betriebseröffnung; bis dahin liegt keine Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr vor.

Hinweis:

[i]Gewerbesteuer als ObjektsteuerAus dem Objektsteuercharakter der Gewerbesteuer ergibt sich, dass nicht eine bestimmte Person, sondern der stehende Gewerbebetrieb besteuert wird. Maßnahmen vor Beginn der sachlichen Steuerpflicht sind demnach – abweichend gegenüber der Einkommensteuer – nicht zu berücksichtigen.

Hiergegen legte der Betreiber der Apotheke Revision ein. Als wesentliche Begründung wurde darauf verwiesen, dass der Begriff des Gewerbebetriebs nach Gewerbesteuerrecht und Einkommensteuerrecht identisch ist. Im Streitfall sollte daher die Gewerbesteuerpflicht bereits mit dem Entschluss, eine Apotheke zu errichten und einzurichten, beginnen. Denn ab diesem Zeitpunkt wurde der Entschluss gefasst, nachhaltig gewerblich tätig zu werden. Die Zeitdauer bis zum tatsächlichen Beginn war auch aufgrund behördlicher Vorschriften und Lieferfristen nicht kurzfristig möglich.

2. Urteil und Begründung

[i]Beginn der sachlichen SteuerpflichtNach Ansicht des BFH sind die Aufwendungen für die Vorbereitungshandlungen und die vorgenommene AfA aus dem Jahr 1969 nicht gewerbesteuerlich zu berücksichtigen. Dies wäre nur möglich, sofern bereits ein Gewerbebetrieb bestanden hätte. Die sachliche Steuerpflicht beginnt erst dann, wenn alle tatbestandlichen Voraussetzungen eines Gewerbebetriebs vorliegen (§ 1 Abs. 1 GewStDV). Maßnahmen vor diesem Zeitpunkt sind – abweichend gegenüber dem Einkommensteuerrecht – vom Gewerbesteuergesetz nicht erfasst.

Hinweis:

[i]Vorweggenommene Betriebsausgaben bei der EinkommensteuerEinkommensteuerlich sind hingegen Ausgaben, die vor der Eröffnung des Betriebs gemacht werden und mit diesem in unmittelbarem Zusammenhang stehen, als sog. vorweggenommene Betriebsausgaben zu berücksichtigen. Dies ist damit begründet, dass die persönliche Steuerpflicht bereits durch Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland begründet wird. Auf das Ingangsetzen des Gewerbebetriebs kommt es im Einkommensteuerrecht nicht an.

Zuletzt spricht auch der Charakter der Gewerbesteuer als Objektsteuer gegen einen Abzug der Aufwendungen. Denn durch das Steueraufkommen sollen die Gemeinden für die durch den Betrieb des Gewerbes verursachten Lasten entschädigt werden (sog. Äquivalenzprinzip).

II. Auffassung der Finanzverwaltung

1. R 2.5 GewStR

[i]Finanzverwaltung unterscheidet nach RechtsformWenngleich die Gewerbesteuer eine Objektsteuer darstellt, wird in R 2.5 GewStR hinsichtlich des Beginns der Steuerpflicht nach der Rechtsform des Gewerbebetriebs differenziert: S. 966

[i]Einzelunternehmen und PersonengesellschaftenDemnach beginnt bei Einzelunternehmen und Personengesellschaften die Gewerbesteuerpflicht mit Erfüllung aller Voraussetzungen, die zur Annahme eines Gewerbebetriebs erforderlich sind, mithin der Aufnahme der werbenden Tätigkeit (R 2.5 Abs. 1 Satz 1 GewStR). Vorbereitungshandlungen, wie das Anmieten eines Geschäftslokals, das noch hergerichtet werden muss, die Errichtung eines Fabrikgebäudes oder der Probelauf einer Betriebsanlage begründen allein noch keine Gewerbesteuerpflicht (R 2.5 Abs. 1 Satz 2 GewStR). Eine Sonderregelung besteht für gewerblich geprägte Personengesellschaften mit dem Zeitpunkt der Ingangsetzung des Gewerbebetriebs.

Hinweis:

Der Zeitpunkt einer ggf. erforderlichen Eintragung in das Handelsregister ist sowohl bei Einzelunternehmen als auch bei Personengesellschaften für den Beginn der Gewerbesteuerpflicht ohne Bedeutung (R 2.5 Abs. 1 Satz 3 GewStR).

[i] KapitalgesellschaftenBei Kapitalgesellschaften beginnt die Steuerpflicht ebenfalls in dem Zeitpunkt, in dem eine nach außen tretende Geschäftstätigkeit aufgenommen wird (R 2.5 Abs. 2 Satz 3 GewStR, frühester Zeitpunkt). Sofern dies im Rahmen der sog. Vorgesellschaft, d. h. nach Abschluss des notariellen Gründungsvertrags erfolgt, bildet diese zusammen mit der später eingetragenen Kapitalgesellschaft einen einheitlichen Steuergegenstand.

Hinweis:

In jedem Fall beginnt die Steuerpflicht mit der Eintragung in das Handelsregister (R 2.5 Abs. 2 Satz 1 GewStR). Ab der Eintragung sind Art und Umfang der ausgeübten Tätigkeit ohne Bedeutung (R 2.5 Abs. 2 Satz 2 GewStR).

2. Verfügung des Landesamts für Steuern Niedersachsen

[i]LfSt Niedersachsen, Vfg. v. 12.8.2019 - G 1421 - 17 - St 25/St 251 NWB IAAAH-51687 Die nimmt als wesentliche Quellen Bezug auf das und R 2.5 GewStR. Demnach dürfen bei der Ermittlung des Gewerbeertrags nur solche Betriebsausgaben angesetzt werden, die durch den bereits laufenden Gewerbebetrieb veranlasst wurden.