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IWB Nr. 19 vom Seite 772

Die deutsche Gruppenbesteuerung im europäischen Kontext

Ein Plädoyer für die Sidestream-Organschaft

Michael Habel und Sergej Müller

Die körperschaftsteuerliche Organschaft wurde erst 1969 im deutschen Körperschaftsteuergesetz kodifiziert. Seither unterlag sie immer wieder Änderungen, so materiell zuletzt in Gestalt der sog. kleinen Organschaftsreform, die inter alia grenzüberschreitende Aspekte der Organschaft gesetzlich verankerte. So wurde infolge eines Vertragsverletzungsverfahrens gegen Deutschland der doppelte Inlandsbezug der Organgesellschaft aufgegeben. Im Hinblick auf das Erfordernis des Abschlusses eines Gewinnabführungsvertrags haben sich in jüngster Zeit im grenzüberschreitenden Kontext auch die Finanzverwaltungen der Länder positioniert und die Kriterien für dessen Anerkennung definiert. Auch der EuGH beflügelt mit einer aktuellen Entscheidung die Diskussion um die grenzüberschreitenden Aspekte einer Organschaft. Dieser Aufsatz beschäftigt sich mit der Frage, ob und in welchem Umfang eine grenzüberschreitende Organschaft vor dem Hintergrund der aktuellen Rechtsprechung des EuGH geboten ist. Dabei werden die einschlägigen Tatbestandsvoraussetzungen der Organschaft erörtert und Maßnahmen aufgezeigt, wie in der Beratungspraxis üblicherweise eine Ergebniskonsolidierung ausländischer Einheiten im Inland herbeigeführt werden kann. Im Anschluss wird der Rahmen einer grenzüberschreitenden Ergebniskonsolidierung erörtert. Daraus werden Thesen abgeleitet, die schließlich als Grundlage für einen Lösungsvorschlag zur gesetzlichen Implementierung einer grenzüberschreitenden Organschaft in Deutschland herangezogen werden.

Kernaussagen
  • Die Niederlassungsfreiheit gebietet eine Sidestream-Organschaft zwischen inländischen Schwestergesellschaften mit gemeinsamer ausländischer Mutter.

  • Die europarechtlich gebotene Sidestream-Organschaft kann durch Anpassung der Tatbestandsmerkmale der finanziellen Eingliederung sowie der Anforderungen an den Organträger im Hinblick auf die Inlandsverknüpfung herbeigeführt werden. Die Anpassung der Tatbestandsvoraussetzung des Gewinnabführungsvertrags ist nach Ansicht der Autoren lediglich optional.

  • Eine laufende grenzüberschreitende Verlustverrechnung ist nicht durch die Niederlassungsfreiheit geschützt. Diese kann lediglich im Fall einer Finalität der Verluste herbeigeführt werden und ist mithin für die Frage einer grenzüberschreitenden Organschaft nicht relevant.S. 773