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NWB Nr. 39 vom Beilage Seite 18

Grunderwerbsteuer bei gesellschaftsrechtlichen Veränderungen

Ein grundlegender Überblick über den Anwendungsbereich der sog. Ersatztatbestände

Tobias Müller, Dr. Katrin Dorn und Melanie Ahrens

[i]Saecker, Grunderwerbsteuer: Grundstücksübertragungen auf/von Gesamthand und Folgen eines Formwechsels, Grundlagen, NWB DAAAE-32926 Die Grunderwerbsteuer spielt in der Beratungspraxis nicht nur dann eine Rolle, wenn Grundstücke übertragen werden, sondern auch dann, wenn sich der Bestand der Gesellschafter grundbesitzender Gesellschaften ändert oder wesentliche Beteiligungen an grundbesitzenden Gesellschaften von mindestens 95 % übertragen werden oder sich „in einer Hand“ vereinigen. Die Regelungen in § 1 Abs. 2a, § 1 Abs. 3 und § 1 Abs. 3a GrEStG (sog. Ersatztatbestände) sorgen dafür, dass auch bei gesellschaftsrechtlichen Veränderungen Grunderwerbsteuer ausgelöst werden kann, wenn zum Vermögen der Gesellschaft ein Grundstück gehört. Der nachfolgende Beitrag gibt einen Überblick über die Anwendungsfälle.

I. Grundfall: Übertragung eines Grundstücks als steuerbarer Vorgang (§ 1 GrEStG)

[i]Steuerpflichtige Erwerbsvorgänge und Ausnahmen von der BesteuerungDie Grunderwerbsteuer erfasst als Steuertatbestand grundsätzlich den Erwerb von inländischen Grundstücken, also wenn beispielsweise die natürliche Person A das Grundstück B an die Person C zum Preis D verkauft. Ein solcher Erwerb unterliegt prinzipiell der Grunderwerbsteuer, soweit nicht die Steuerbefreiungen der §§ 3, 4 GrEStG oder §§ 5, 6 GrEStG greifen. So würde z. B. die Übertragung eines Grundstücks von einer natürlichen Person auf ihren Ehepartner bzw. ihr Kind keine Grunderwerbsteuer auslösen, weil die beteiligten Personen miteinander verheiratet bzw. in gerader Linie miteinander verwandt sind und daher eine Steuerbefreiung möglich ist (vgl. § 3 Nr. 4, Nr. 6 GrEStG). Entsprechendes gilt für Übertragungen, soweit diese dem Schenkung- bzw. Erbschaftsteuergesetz unterliegen (§ 3 Nr. 2 GrEStG).

Beispiel 1:

[i]Geißler, Grunderwerbsteuer, infoCenter, NWB EAAAB-14438 A schenkt seiner Nichte eine Eigentumswohnung. Da diese Schenkung der Schenkungsteuer unterfällt, greift die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 2 GrEStG, d. h. Grunderwerbsteuer fällt nicht an. Etwas anderes würde aber gelten, wenn die Nichte das Grundstück z. B. teilentgeltlich erhält. Der entgeltliche Teil der Übertragung des Grundstücks würde dann der Grunderwerbsteuer unterfallen, soweit keine andere Steuerbefreiung nach § 3 GrEStG (wie alternativ bei Kindern) möglich ist. Für den unentgeltlichen Teil der Übertragung greift die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 2 GrEStG.

Die Höhe der Grunderwerbsteuer richtet sich nach der Gegenleistung, d. h. in der Regel nach dem Kaufpreis für das Grundstück (§§ 8, 9 GrEStG). Diese stellt die S. 19Bemessungsgrundlage dar. Den Steuersatz dürfen seit dem die jeweiligen Bundesländer selbst festlegen. Die Steuersätze reichen von 3,5 % in Sachsen und Bayern, 4,5 % in Hamburg, 5,0 % in Sachsen-Anhalt, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Bremen, Baden-Württemberg, 6,0 % in Berlin, Mecklenburg-Vorpommern und Hessen bis 6,5 % in Brandenburg, NRW, Saarland, Schleswig-Holstein und Thüringen.

[i]Steuerschuldner und AnzeigepflichtenSteuerschuldner sind nach § 13 GrEStG die an dem Erwerbsvorgang beteiligten Personen, d. h. im Regelfall der Verkäufer und Käufer. Die Anzeigepflichten der Gerichte, Behörden und Notare regelt § 18 GrEStG und die der Beteiligten § 19 GrEStG.

II. Änderungen im Gesellschafterbestand einer Personengesellschaft (§ 1 Abs. 2a GrEStG)

[i]Übergang von mindestens 95 % der Anteile auf neue Gesellschafter innerhalb von fünf Jahren§ 1 Abs. 2a GrEStG erfasst die Änderungen des Gesellschafterbestands einer Personengesellschaft innerhalb von fünf Jahren, wenn zum Vermögen der Gesellschaft ein inländisches Grundstück gehört (sog. grundbesitzende Gesellschaft). Voraussetzung ist, dass mindestens 95 % der Anteile am Gesamthandsvermögen auf neue Gesellschafter übertragen werden. Aus Sicht der Grunderwerbsteuer wird dann eine Übereignung des Grundstücks auf eine neue Personengesellschaft fingiert.

[i]Änderung des Gesellschafterbestands durch Neugesellschafter§ 1 Abs. 2a GrEStG verlangt nach seinem Wortlaut ausdrücklich, dass neue Gesellschafter die Änderung im Gesellschafterbestand herbeiführen. Die Definition eines neuen Gesellschafters lässt sich anhand der Definition der Altgesellschafter ableiten, die bereits seit fünf Jahren an der Gesellschaft beteiligt sind. Erhalten z. B. Gründungsgesellschafter oder Gesellschafter, die bereits fünf Jahre an der Personengesellschaft beteiligt sind, mindestens 95 % der Anteile, ist der Tatbestand des § 1 Abs. 2a GrEStG nicht erfüllt. Zur Auslegung des § 1 Abs. 2a GrEStG hat die Finanzverwaltung mit gleich lautenden Erlassen der obersten Finanzbehörden der Länder v.  (BStBl 2018 I S. 1314) umfangreich Stellung bezogen.

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