Besitzen Sie diesen Inhalt bereits, melden Sie sich an.
oder schalten Sie Ihr Produkt zur digitalen Nutzung frei.

Dokumentvorschau
WP Praxis Nr. 10 vom Seite 288

Ergebnisse der Konsultation zur Überarbeitung der CSR-Richtlinie

Welche Implikationen zeichnen sich für die externe Prüfung der nichtfinanziellen Berichterstattung ab?

Mag. (FH) Josef Baumüller und M.Sc. Oliver Scheid

Im Hinblick auf die nichtfinanzielle Berichterstattung steht das Jahr 2020 im Zeichen der Überarbeitung der CSR-Richtlinie: Von Februar bis Juni dieses Jahres hatten verschiedene Interessengruppen Gelegenheit, hierzu im Rahmen einer Konsultation ausführlich Stellung zu nehmen. Thematisiert wurden etwa die Schärfung des Wesentlichkeitsbegriffs oder eine mögliche Ausweitung des Anwenderkreises. Aber auch die externe Prüfung der nichtfinanziellen Berichterstattung wurde mit acht Fragen adressiert, die vor allem mögliche Verschärfungen des gegenwärtigen Normenrahmens zum Inhalt haben. Aufbauend auf den von den Autoren vorangestellten Überlegungen in WP Praxis 6/2020 werden im nachstehenden Beitrag die Konsultationsergebnisse zu diesen Fragen zusammenfassend dargestellt und im Anschluss kurz kritisch gewürdigt.

Baumüller/Scheid, Zur Neuregelung der Prüfung der nichtfinanziellen Berichterstattung in der EU, NWB AAAAH-48798

Kernaussagen
  • Die Mehrheit der Stellungnehmenden spricht sich für eine Pflicht zur externen Prüfung der nichtfinanziellen Berichterstattung aus, wie diese etwa bereits bei der Finanzberichterstattung üblich ist. Offen bleibt jedoch, ob eine solche Prüfung durch den Abschlussprüfer oder eine andere geeignete Person erfolgen soll.

  • Im Hinblick auf den Grad der Prüfungstiefe lässt sich ein geteiltes Meinungsbild feststellen. So finden sich etwa zu gleichen Teilen sowohl Befürworter einer Prüfung mit begrenzter Sicherheit als auch einer Prüfung mit hinreichender Sicherheit. Gerade Letztere, welche eine Angleichung an die Finanzberichterstattung bedeuten würde, geht aber mit erheblichen Mehrkosten für die Berichtsersteller sowie einer Vielzahl an methodischen Fragen einher.

  • Am geeignetsten als Ausgangspunkt für die Etablierung eines allgemein gültigen Prüfungsstandards erscheint für einen Großteil der Stellungnehmenden ISAE 3000 (Revised). Oftmals wird aber darauf hingewiesen, dass eine Regulierung im Hinblick auf einen möglichen Prüfungsstandard für die nichtfinanzielle Berichterstattung im Wesentlichen davon abhängt, ob die berichtspflichtigen Unternehmen ihre nichtfinanziellen Informationen nach einem bestimmten Rahmenwerk offenlegen – d. h. was das Soll-Objekt für diese Prüfung ist.

  • Fragen zur Regulierung der externen Prüfung der nichtfinanziellen Berichterstattung scheinen jedenfalls nicht unabhängig von Fragen der Regulierung dieser Berichtspflichten selbst zu sehen zu sein.

I. Vorbemerkungen

Die mit der CSR-Richtlinie (2014/95/EU) im Jahr 2014 in das europäische Bilanzrecht eingefügten Bestimmungen zur nichtfinanziellen Berichterstattung erfuhren in den letzten Jahren eine hohe Aufmerksamkeit – insbesondere im Rahmen zahlreicher kontroverser Debatten, die zu Auslegung, Sinnhaftigkeit und Wirksamkeit dieser Berichtspflichten geführt wurden.

Im Zuge ihrer Evaluation der Umsetzung der CSR-Richtlinie, welche die EU-Kommission 2018 als Teil des weiter gefassten „Fitness Check“ zum Gesamtrahmen der Rechnungslegung in der EU durchführte, trat es als zentrale Erkenntnis zutage, dass die Berichtspflichten der CSR-Richtlinie jenen Teilbereich darstellten, für den der dringlichste Reformbedarf wahrgenommen wurde. Diesbezüglich konnte festgestellt werden, dass die artikulierten Sichtweisen einzelner Stakeholder-Gruppen mitunter sehr unterschiedliche waren.

Dies betrifft gleichermaßen die Sicherstellung der Verlässlichkeit der berichteten Informationen: Im Zuge der Entwicklung der CSR-Richtlinie zählte die Frage zu den großen Streitpunkten, inwieweit eine verpflichtende externe (inhaltliche) Prüfung der nichtfinanziellen Berichterstattungen vorgesehen S. 289sein soll. Im Ergebnis sah die CSR-Richtlinie lediglich ein Mitgliedstaatenwahlrecht vor, welches auf sehr unterschiedliche Art und Weise Umsetzung fand und zunehmend auch in den Fokus von Reformforderungen geriet.

Bereits mit ihrem Amtsantritt und der Präsentation des „Green New Deal“ im Dezember 2019 bekräftigte die neu gewählte EU-Kommission, dass die Weiterentwicklung der nichtfinanziellen Berichtspflichten in der EU weiterhin ein prioritäres Thema sei. Das im Januar 2020 veröffentlichte Arbeitsprogramm sah für das 4. Quartal 2020 als Teil der „Sustainable-Finance“-Initiative die Vorlage eines Vorschlags für eine neugefasste CSR-Richtlinie vor; kurz darauf folgte die Ankündigung eines sog. Inception Impact Assessment und danach einer ausführlichen Konsultation zur Neufassung der CSR-Richtlinie. Flankierend hierzu wurden weitere Workshops und Umfragen geplant, um das Meinungsbild zu verfeinern. Die Folgen der anschließend ausgebrochenen sog. Corona-Krise führten insofern zu einer Anpassung des ambitionierten Zeitplans, als zunächst die Frist zur Beantwortung der Konsultation von Mitte Mai auf Mitte Juni und anschließend die Vorlage eines Entwurfs der neugefassten CSR-Richtlinie auf das 1. Quartal 2021 verschoben wurden.