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Der steuerliche Ausgleichsposten
Praxisbeispiele zur Erläuterung von Steuererklärungen
Bei Abweichungen zwischen Handels- und Steuerbilanz sind der Steuererklärung erläuternde Unterlagen gem. § 60 EStDV beizufügen. Insbesondere bei Kapitalgesellschaften hat sich der steuerliche Ausgleichsposten als Rechtsbegriff etabliert. Mit diesem werden die jeweils ursächlichen Bilanzposten ermittelt und dokumentieren damit letztlich die Zusammensetzung der infolge der Abweichung zwangsläufig bestehenden Eigenkapitaldifferenz in der Steuerbilanz im Vergleich zur Handelsbilanz. Der nachfolgende Beitrag soll sich der Möglichkeit einer sich in der Praxis bewährten Darstellungsmethodik zur Entwicklung der Steuerbilanz anhand von Beispielen widmen.
I. Zweck der Dokumentation
[i]Einsatzbereiche von steuerlichen AusgleichspostenEin steuerlicher Ausgleichsposten ist für folgende Zwecke vorgesehen:
allgemeiner steuerlicher Ausgleichsposten nach § 60 Abs. 2 EStDV, sofern Kapitalgesellschaften die Abweichungen durch eine steuerliche Vermögensübersicht darstellen (Steuerbilanz);
im Rahmen des UmwStG;
im Zusammenhang mit einer Betriebsstätte in einem anderen Mitgliedstaat der EU (§ 4g EStG);
bei Organschaften als „besonderer Ausgleichsposten“ (§ 14 Abs. 4 KStG) sowie
in Fällen des Erwerbs von Mitunternehmeranteilen.
II. Der steuerliche Ausgleichsposten in den Fällen des § 60 Abs. 2 EStDV
In § 60 Abs. 2 EStDV findet sich die folgende Regelung:
„Enthält die Bilanz Ansätze oder Beträge, die den steuerlichen Vorschriften nicht entsprechen, so sind diese Ansätze oder Beträge durch Zusätze oder Anmerkungen den steuerlichen Vorschriften anzupassen. Der Steuerpflichtige kann auch eine den steuerlichen Vorschriften entsprechende Bilanz (Steuerbilanz) beifügen.“
Die [i]Anpassung der abweichenden Wertansätze in Handels- und Steuerbilanz...„Bilanz“, gemeint ist hier die Handelsbilanz, kann aufgrund fiskalpolitisch motivierter Wahlrechte oder Verbote nicht den steuerlichen Vorschriften entsprechen. Diese Abweichungen sind sodann nach § 60 Abs. 2 EStDV – durch eine Überleitungsrechnung oder eine Steuerbilanz – zu erläutern.
[i]... durch eine Überleitungsrechnung oder steuerlichen AusgleichspostenWährend die Überleitungs- oder Anpassungsrechnung eine Anpassung der Wertansätze bezogen auf das laufende Bilanzjahr darstellt, berücksichtigt der steuerliche Ausgleichsposten zur Entwicklung einer Steuerbilanz nach den Prinzipien des S. 33Bilanzzusammenhangs die Entwicklung steuerrechtlicher Unterschiede auf dem Zeitstrahl. Der steuerliche Ausgleichsposten (StAP) ist deshalb nur in der „Welt der Steuerbilanz“ anzutreffen und nimmt auch am Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG teil.
Die Erstellung der Systematik über fortlaufende Steuerbilanzen zum Stichtag der Handelsbilanzen hat gegenüber der lediglich temporären Überleitungsrechnung m. E. folgende Vorteile in der Praxis: [i]Vorteile der Darstellung über fortlaufende Steuerbilanzen
durch die Darstellung der Abweichungen anhand einer Steuerbilanz lassen sich mit Hilfe der Systematik des Bilanzzusammenhangs die relevanten Posten unter dem Aspekt der Bilanzierung dem Grunde und der Höhe nach periodenübergreifend verfolgen. Damit lassen sich z. B. Folgewirkungen aufgrund einer Betriebsprüfung, Umstrukturierung erkennen, überwachen und gegenüber dem Finanzamt zielgerichtet erläutern. Zudem ermöglicht diese Methode das Umsetzen von Anpassungen der Betriebsprüfung an die Handelsbilanz;
das steuerliche Eigenkapital lässt sich entwickeln und verproben (Anlage KSt 1F bzw. E-Bilanz);
Steuerlatenzen können ermittelt werden;
besteht eine ertragsteuerliche Organschaft, ist das Ermitteln von (vor-)organschaftlichen Mehr- oder Minderabführungen von erheblicher steuerlicher Bedeutung. So sind z. B. vororganschaftliche Mehrabführungen als Gewinnausschüttungen zu behandeln mit entsprechender Kapitalertragsteuerpflicht.
III. Warum kommt es zu Abweichungen zwischen Handels- und Steuerbilanz?
Die Begrifflichkeiten „Handelsbilanz“ und „Steuerbilanz“ stehen anerkanntermaßen als Synonym für den handelsrechtlichen bzw. steuerrechtlichen Jahresabschluss (Bilanz + GuV). Die Steuerbilanz ist nicht durch beispielsweise einen Anhang zu ergänzen.
[i]Maßgeblichkeitsprinzip§ 5 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 EStG (Regel): Die Wertansätze der Handelsbilanz sind maßgebend für die Wertansätze in der Steuerbilanz (sog. Maßgeblichkeitsgrundsatz). Die Handelsbilanz ist die fundamentale Bilanz des Gewerbetreibenden. Ergibt sich hier mangels Abweichung die Korrespondenz innerhalb der Steuerbilanz, spricht man von der Einheitsbilanz (niemals umgekehrt).
§ 5 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 EStG (Ausnahme – Wahlrecht): Sofern und soweit steuerrechtliche Vorschriften eine vom handelsrechtlichen Wertansatz abweichende Bewertung zulassen, kann vom Wertansatz der Handelsbilanz abgewichen werden, z. B. § 6b EStG.
§ 5 Abs. 6 EStG (Ausnahme – Zwang): Sofern und soweit steuerrechtliche Vorschriften einen anderen Ansatz fordern, da der handelsrechtliche Wertansatz steuerrechtlich nicht zulässig ist, kommt es zwingend zur Abweichung, z. B. § 5 Abs. 4a Satz 1 EStG.
Ergeben sich infolge einer Betriebsprüfung Feststellungen, führen diese zur Anpassung der relevanten Steuerbilanzposten, nicht aber zwangsläufig zu Anpassungen der Handelsbilanzwerte.
[i]Ebene der GewinnermittlungDer steuerliche Ausgleichsposten als Instrument der Ermittlung bzw. Darstellung des Gewinnunterschieds zwischen Handels- und Steuerbilanz vollzieht sich systematisch auf Ebene der Gewinnermittlung. Klar abzugrenzen hiervon sind steuerrechtliche Einflüsse auf Ebene der Einkommensermittlung, z. B. § 4 Abs. 5 EStG, § 8b KStG.