NWB Nr. 8 vom Seite 505

Die nächsten Jahre bleiben spannend!

Professor Dr. iur. Swen O. Bäuml | Steuerberater/Wirtschaftsjurist | Hochschule Mainz/Frankfurt School of Finance | Inhaber von INFOB | Mitherausgeber der NWB

Erbschaftsteuer-Richtlinien und -Hinweise 2019: Sonne und Regen zugleich!

Am wurden die ErbStR und ErbStH 2019 in einer Sondernummer des Bundessteuerblatts veröffentlicht. Sehnlich erwartet von der Beratungspraxis, war doch vor allem mit den Hinweisen zu den bereits in der Entwurfsfassung vom viel kritisierten ErbStR die Hoffnung verknüpft, dass überschießende Regelungen eine praxisnahe und angemessene Konkretisierung erfahren.

Dem Gedanken der Missbrauchsverhinderung folgend, haben die ErbStR selbst konzerninterne Einlagen in mehrstufigen Beteiligungsstrukturen als Zuführung jungen Verwaltungsvermögens eingeordnet. Bei mehrstufigen Unternehmensstrukturen wäre bei wortlautgetreuer Auslegung die Mehrfacherfassung der Einlagen als junges Verwaltungsvermögen unvermeidlich gewesen. Nicht zuletzt wären verständige Finanzbeamte an die Vorgabe dieser Richtlinie gebunden. Die Folge der Kaskadierung nicht begünstigungsfähigen jungen Verwaltungsvermögens führte bei dem weit verbreiteten Modell konzerninterner Finanzierungsstrukturen in Gestalt der Weiterreichung von Kapital seitens der Finanzierungsgesellschaft bzw. der Holding an nachgeordnete Gesellschaften zu einem erheblichen Erbschaftsteuerrisiko. Die Hinweise zu den ErbStR sehen nun – mit Augenmaß der konstruktiven Kritik im Schrifttum folgend – eine Begrenzung auf den tatsächlich vorhandenen Bestand jungen Verwaltungsvermögens aus Einlagen im Rahmen einer Kürzungsregelung vor. Dies trägt nicht zuletzt dem Gedanken Rechnung, dass es bei der Zuführung aus dem Privatvermögen regelmäßig am Missbrauchsaspekt fehlen dürfte und dass der rechnerische Bestand des jungen Verwaltungsvermögens aus Einlagen nicht systembedingt das Mehrfache des tatsächlich vorhandenen Bestands junger Finanzmittel sein sollte.

Den praxisrelevanten Abgrenzungsfragen zwischen Wertpapierverwaltungsvermögen i. S. des § 13b Abs. 4 Nr. 4 ErbStG (für das wie für andere Verwaltungsvermögensgegenstände auch der 90 %-Test des § 13b Abs. 2 Satz 2 ErbStG bzw. die 20 %-Schwelle der Optionsverschonung nach § 13a Abs. 10 ErbStG gilt) und dem Finanzmittel-Verwaltungsvermögen i. S. des § 13b Abs. 4 Nr. 5 ErbStG (für das zusätzlich die 15 %-Toleranzschwelle gilt) wird in bewährter tabellarischer Form begegnet (H E 13b.22 ErbStH).

Neben Beispielen zu den „Abs. 4 Nr. 4-Fällen“ gibt es auch Beispiele zu nicht einem Wertpapier vergleichbaren Forderungen, die gleichwohl aber Finanzmittel i. S. des § 13b Abs. 4 Nr. 5 ErbStG sind. Misslich ist weiterhin die Zuordnung von Forderungen aus Lieferung und Leistung und Ansprüchen aus Rückdeckungsversicherungen zu den Finanzmitteln. Dies geht an der Branchenrealität zahlreicher Familienunternehmen mit langen Zahlungszielen ihrer Kunden vorbei.

Die ErbStR und ErbStH 2019 ermöglichen es, den komplexen Gesetzesregelungen mehr Planungssicherheit abzugewinnen. Die Tendenz zur streng fiskalorientierten Auslegung setzt sich fort mit der Folge, dass die Finanzgerichtsbarkeit Klärung schaffen muss. Die nächsten Jahre bleiben spannend!

Swen Bäuml

Fundstelle(n):
NWB 2020 Seite 505
NWB UAAAH-42452