NWB Nr. 45 vom Seite 3257

Die Hoffnung ruht auf den Hinweisen und der Rechtsprechung

Professor Dr. iur. Swen O. Bäuml | Steuerberater/Wirtschaftsjurist | Hochschule Mainz/Frankfurt School of Finance | Inhaber von INFOB | Mitherausgeber der NWB

ErbStR 2019: Keine guten Nachrichten für den Mittelstand

Die Erbschaftsteuerrichtlinien 2019 (ErbStR 2019) wurden am durch den Bundesrat verabschiedet. Ziel sind verbindliche, übersichtliche und praxisgerechte Anwendungsregelungen. Immerhin umfassen die ErbStR 2019 rd. 196 Seiten; die Hinweise sind darin noch nicht enthalten!

Der federführende Finanzausschuss und der Wirtschaftsausschuss hatten dringende Änderungen empfohlen, die aber schlussendlich nicht angenommen wurden. Mithin sind die ErbStR 2019 im Wesentlichen unverändert gegenüber der Entwurfsvorlage vom August 2019, ungeachtet der berechtigten Kritik der Vertreter der Familienunternehmen. Für die finanzstarken mittelständischen Familienunternehmen und deren steuerliche Berater sind dies keine guten Nachrichten, fehlt es doch an vielen Stellen an der notwendigen Konkretheit, um eine verlässliche steuerliche Einschätzung zu geben. An anderer Stelle wiederum wurden die vernünftigen und gesetzessystematisch gebotenen Änderungsempfehlungen des Finanzausschusses schlicht nicht beachtet. Anzuführen sind hier u. a. die Behandlung von Einlagen im Unternehmensverbund als junges Finanzmittel-Verwaltungsvermögen sowie die Nichtabziehbarkeit der Steuer auf den Betrieb bei der Ermittlung des verfügbaren Vermögens nach § 28a ErbStG.

Legt ein Unternehmen eines Verbundes in ein anderes Unternehmen des Verbundes Finanzmittel ein, handelt es sich bei diesem um eine Einlage. Bei dem einlegenden Unternehmen wird der Betrag aber nicht als Entnahme, sondern als Erhöhung der Anschaffungskosten der Beteiligung behandelt. Wenn die eingelegten Finanzmittel innerhalb des Zweijahreszeitraums wiederum in ein anderes Unternehmen des Verbundes eingelegt werden, ergibt sich eine Mehrfacherfassung junger Finanzmittel. Um diesen „negativen Kaskadeneffekt“ zu vermeiden, schlug der Finanzausschuss vor, die einschlägige Richtlinie so zu fassen, dass bei Weiterreichung von Finanzmitteln innerhalb eines Verbundes diese nicht zu jungen Finanzmitteln werden. R E 13b.29 Abs. 3 ErbStR 2019 folgt dem nicht. Betroffene Familienunternehmen sollten daher ihre interne Finanzierungsstruktur überdenken und könnten sich z. B. nicht mehr über Einlagen, sondern über Darlehen mittels Cash-Pooling (Kontokorrent) organisieren, um diese Falle zu vermeiden.

Zum verfügbaren Vermögen gehören nach § 28a Abs. 2 Nr. 1 ErbStG u. a. 50 % des miterworbenen nicht begünstigten Betriebsvermögens. Die darauf entfallende Steuer wäre aus Sicht des Finanzausschusses bei der Ermittlung des verfügbaren Vermögens abzuziehen. Stattdessen wird der Wert des miterworbenen nicht begünstigten Vermögens brutto, d. h. ohne vorherigen Abzug der hierauf ohnehin entfallenden Erbschaftsteuer, ermittelt (R E 28a.4 Abs. 2 Satz 8 ErbStR 2019). Damit muss bei wirtschaftlicher Betrachtung Steuer auf die Steuer entrichtet werden.

Die Hoffnung ruht nun auf den noch ausstehenden Hinweisen zu den Richtlinien und auf der Rechtsprechung.

Swen Bäuml

Fundstelle(n):
NWB 2019 Seite 3257
UAAAH-33503