Der BFH spielt mit
Mit Geschick und Taktik gegen den Zufall
Gewinnspiele sind im Fernsehen bereits seit einigen Jahren nahezu allgegenwärtig und ihr Boom hält angesichts des Einfallsreichtums der TV-Produzenten mit immer neuen Formaten unverändert an. Zu diesen zählen neben diversen Casting-Shows wie „Germany´s Next Topmodel“ oder „Deutschland sucht den Superstar“ auch sog. Reality-Shows bzw. Doku-Soaps, in denen (in aller Regel) keine professionellen Darsteller, sondern Laien auftreten, die sich nach einem mehr oder weniger vorgegebenen Ablauf zu verhalten haben. So war es nur eine Frage der Zeit, bis sich auch der BFH „eingeschaltet“ und im sog. Big Brother-Urteil zur einkommensteuerrechtlichen Behandlung der sich aus der Teilnahme an der TV-Sendung ergebenden Einkünfte Stellung genommen hat. Strittig war dabei die Rolle des sog. „Zufallsmoments“, also konkret, ob die Entscheidung des Publikums darüber, welcher Teilnehmer den Spielgewinn erhält, durch das Verhalten der Kandidaten beeinflusst werden kann. In seinem Grundsatzurteil v. stellt der IX. Senat klar, dass der Sieg zwar in gewissem Umfang von Zufällen abhängig sei, die Teilnehmer aber —anders als bei einem Glücksspiel— durch „eigenes Geschick oder taktisches Vorgehen etc.“ zumindest bedingt und indirekt, aber nicht unerheblich Einfluss auf die Publikumsentscheidungen nehmen könnten. Selbst wenn sich also die Publikumsvoten auch oder überwiegend an Persönlichkeits- und Sympathiewerten orientierten, werde allein dadurch der für eine Steuerbarkeit erforderliche Veranlassungszusammenhang zwischen der Leistung des Teilnehmers und dem ausgezahlten Preisgeld weder unterbrochen noch überlagert. Die aktuellen Entwicklungen in der Finanzrechtsprechung im Hinblick auf die einkommensteuerrechtliche Beurteilung von Projektgewinnen stellt Jörißen auf dar und geht dabei ebenso der Frage nach, inwiefern die vom BFH in der Big Brother-Entscheidung aufgestellten Kriterien auf weitere TV-Formate Anwendung finden.
Auch in der Umsatzsteuer war die Behandlung von Preisgeldern lange Zeit umstritten. Berechtigte Hoffnungen durfte sich die Gewinn- und Glücksspielbranche angesichts der vom BFH – in den Fällen eines Pokerspielers, Pferderennens sowie einer Show-Teilnahme – in mehreren Entscheidungen umgesetzten EuGH-Rechtsprechung in der Rechtssache „Baštová“ machen, nach welcher platzierungsabhängige Preisgelder nichtsteuerbar sind. Hiernach fehlt es dann an dem für die Annahme eines umsatzsteuerbaren Leistungsaustauschs unmittelbaren Zusammenhang zwischen Leistung und Gegenleistung, wenn die Zahlung ungewiss ist und von Unwägbarkeiten abhängt. Mit Schreiben v. hat nunmehr das BMF den Anwendungsbereich der Rechtsprechungsgrundsätze eingeschränkt. Die Konsequenzen für die Praxis analysiert Oldiges auf .
Beste Grüße
Claudia Kehrein
Fundstelle(n):
NWB 2019 Seite 2249
NWB XAAAH-23257