BFH Urteil v. - VIII R 2/03

Verdeckte Mitunternehmerschaft des Geschäftsführers der Komplementär-GmbH einer KG

Gesetze: EStG § 15 Abs. 1 Nr. 2

Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),

Gründe

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (im Folgenden: Klägerin oder KG) unterhält einen Großhandel. Das Unternehmen wurde nach dem Tod des Firmengründers im Jahre 1974 seit Mai 1976 als GmbH & Co. KG betrieben. Persönlich haftende Gesellschafterin, die zugleich die Geschäftsführerin der KG ist, ist die K-GmbH (im Folgenden: GmbH). Gesellschafter der GmbH und Kommanditisten der KG waren zunächst nur die Witwe des Unternehmensgründers (W) und der Sohn (S). Der Kaufmann HG wurde zum alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführer der GmbH bestellt.

Der Gesellschaftsvertrag der KG vom ... Mai 1976 enthielt eine Regelung, wonach die Geschäftsführung berechtigt war, sich durch Kapitaleinlagen oder durch Umwandlung von Gewinnanteilen als Kommanditist am Kapital der Gesellschaft zu beteiligen, wobei die Höhe einer solchen Beteiligung auf die Höhe der Kapitalanteile aller übrigen Kommanditisten zusammen begrenzt war.

Mit Wirkung vom ... Januar 1977 wurde der Kaufmann H (im Folgenden: der Beigeladene) zum alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführer bestellt. Nach dem Anstellungsvertrag mit der GmbH vom ... Januar 1977 erhielt er ein Jahresgehalt von 45 000 DM brutto und einen ”Bonus in Abhängigkeit vom Jahresergebnis der GmbH & Co. KG”. Der Bonus betrug 54 v.H. des Reingewinns der GmbH & Co. KG nach Abzug der Vorabvergütung für die Kommanditistin W. Ferner war in dem Anstellungsvertrag erklärt, dass der Beigeladene von der Möglichkeit einer Kapitalbeteiligung an der KG Gebrauch machen werde.

Am ... Dezember 1977 wurde der Anstellungsvertrag dahin geändert, dass der Beigeladene ab ein Jahresgehalt in Höhe von 48 000 DM erhalten sollte und zu Beginn eines jeden Jahres eine Gehaltsanpassung unter Berücksichtigung der vergleichbaren Gehälter der ...industrie und des Handels sowie der gestiegenen Lebenshaltungskosten erfolgen sollte. Neben seinem Grundgehalt erhielt der Beigeladene einen ”Bonus bzw. eine Jahresergebnisprämie” in Höhe von 40 v.H. des vorläufigen Jahresendergebnisses der KG gemäß Abschlussbilanz.

Ausweislich des Gesellschaftsvertrages der KG vom ... Januar 1978 übernahm die Ehefrau des Beigeladenen, ZH, von den beiden bisherigen Kommanditisten jeweils einen Teil von deren Kapitaleinlagen an der KG. Danach waren W und S jeweils mit einem Kommanditanteil von 13 300 DM und ZH mit einem Kommanditanteil von 26 600 DM und die GmbH mit einer Einlage von 5 000 DM am Kapital der KG beteiligt.

W und S hatten außerdem ihre Geschäftsanteile an der GmbH teilweise auf ZH übertragen, so dass Gesellschafter der GmbH zu jeweils 25 v.H. W und S und zu 50 v.H. ZH waren.

Ferner erteilte W in dem Gesellschaftsvertrag der KG ihrem Sohn S unwiderruflich Vollmacht, ihre Rechte und Pflichten in der Gesellschafterversammlung wahrzunehmen. ZH erteilte ihrem Ehemann, dem Beigeladenen, Vollmacht, ihre Rechte und Pflichten in der Gesellschafterversammlung wahrzunehmen, solange er Geschäftsführer der GmbH ist und diese die Geschäfte der KG führt; der Beigeladene wurde von den Beschränkungen des § 181 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) befreit. Ferner wird festgestellt, dass der Anstellungsvertrag mit dem Beigeladenen als alleinigem Geschäftsführer der GmbH sowie die alleinige Geschäftsführung der KG durch die GmbH für ZH eine wesentliche Voraussetzung für ihre Beteiligung als Kommanditistin sind und beide Geschäftsführerverträge deshalb nur in gegenseitigem Einverständnis oder mit der Zustimmung aller Gesellschafter aus wichtigem Grund gelöst werden können; andere Gründe zur Auflösung der Geschäftsführerverträge sind ausdrücklich ausgeschlossen worden.

Die Anpassung des Geschäftsführergehaltes an die Erhöhung des allgemeinen Gehaltsniveaus bzw. mindestens an die Erhöhung der Lebenshaltungskosten gilt als gesellschaftsvertraglich vereinbart und bedarf keiner jeweils erneuten Beschlussfassung. Das Gesamtgehalt einschließlich des Urlaubs- und Weihnachtsgeldes soll zu dem Zeitpunkt und in dem Verhältnis erhöht werden wie die entsprechenden tariflichen Leistungen der ...industrie. Eine darüber hinausgehende Erhöhung des Geschäftsführergehalts muss mit einer Mehrheit von 2/3 erfolgen.

Der gemäß der Jahresabschlussbilanz ermittelte Reingewinn der KG ist in der Weise zu verteilen, dass zunächst die Kapitalkonten der Kommanditisten in ihrer tatsächlichen Höhe mit 4 v.H. über dem jeweils gültigen Diskontsatz der Deutschen Bundesbank zu verzinsen sind. Von dem verbleibenden Gewinn erhält W einen Vorabbetrag von maximal 18 000 DM abzüglich der Zinsen für ihre und ihres Sohnes Kapitalanteile. Von dem verbleibenden Restgewinn bekommt die Geschäftsführung einen Anteil von 40 v.H. als Bonus. Von dem danach verbleibenden Betrag erhält die GmbH einen Anteil von 5 v.H. ihrer Kapitaleinlage. Aus dem danach verbleibenden Restgewinn entfällt auf ZH ein Anteil von 18 000 DM abzüglich der Verzinsung ihres Kapitalkontos und abzüglich des an die Geschäftsführung gezahlten Bonus von 40 v.H. Der danach verbleibende Betrag ist den Kommanditisten im Verhältnis ihrer tatsächlichen Kapitaleinlagen gutzuschreiben.

Die KG hat der GmbH die von dieser zu zahlenden Gehälter der Geschäftsführung und die anfallenden sachlichen Kosten der Geschäftsführung zu erstatten.

Im Dezember 1985 wurde ZH zur weiteren alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführerin der GmbH bestellt; sie erhielt weder einen Gehaltsanspruch noch wurde die Gewinnverteilung geändert.

In den Jahren ab 1987 gewährte der Beigeladene Teile seiner Geschäftsführervergütung, die die KG aus Liquiditätsgründen nicht auszahlen konnte, als Darlehen. Dieses Darlehen wurde zunächst verzinst; ab dem Geschäftsjahr 1994 wurde die Verzinsung ausgesetzt.

Im Jahr 1995 verstarb W; ihre Beteiligungen an der GmbH und KG gingen auf S über. Zum übertrug S seine Anteile an beiden Gesellschaften auf ZH. Der Beigeladene verzichtete im Jahr 1997 zur Hälfte und im Jahr 1998 in vollem Umfang auf sein Monatsgrundgehalt. Das Darlehen des Beigeladenen wurde zurückgeführt und im Jahr 1999 hat die Klägerin einen Gewinn erwirtschaftet.

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt —FA—) erließ die Bescheide über die einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellung der Klägerin für die Jahre 1991 bis 1994 zunächst erklärungsgemäß und unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Bei einer Überprüfung im Jahre 1996 vertrat er die Auffassung, der Beigeladene sei sog. verdeckter Mitunternehmer der Klägerin gewesen: Er habe ab dem Jahr 1991 nahezu den gesamten Gewinn der KG durch unüblich hohe Gehälter und Tantiemen abgeschöpft und auf diese Weise sogar Verluste der KG bewirkt. In geänderten Feststellungsbescheiden für die Jahre 1991 bis 1994 und einem erstmaligen Feststellungsbescheid für 1995 behandelte das FA den Beigeladenen als Mitunternehmer der Klägerin und erhöhte den Gewinn der Klägerin um die Gewinnanteile des Beigeladenen.

Im Verlauf des Einspruchsverfahrens stellte das FA fest, dass der Beigeladene der Klägerin seit dem Jahr 1983 Geschäftsräume vermietet hatte. Es änderte die angefochtenen Feststellungsbescheide in der Einspruchsentscheidung dahin, dass es die auf den Beigeladenen als Gesellschafter entfallenden Gewinnanteile um die Erträge aus der Vermietung der Geschäftsräume erhöhte.

Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt und hob die angefochtenen Feststellungsbescheide für die Streitjahr 1991 bis 1995 mit der Maßgabe auf, dass es für die Jahre 1991 bis 1994 bei den ursprünglichen Feststellungsbescheiden verbleibt und für das Jahr 1995 der erklärte Verlust festgestellt und erklärungsgemäß aufgeteilt wird. Es entschied, die Annahme einer Mitunternehmerschaft des Beigeladenen im Rahmen einer mit der Klägerin bestehenden Innengesellschaft scheitere an einer gemeinschaftlichen Zweckverfolgung im gesellschaftsrechtlichen Sinn; es habe kein darauf gerichteter Rechtsbindungswille bestanden, das Unternehmen der Klägerin auf der Grundlage einer partnerschaftlichen Gleichordnung für gemeinsame Rechnung zu führen. Der Sohn und die Witwe des Unternehmensgründers seien von Anfang an nur zu einer hälftigen und nicht zu einer darüber hinausgehenden Beteiligung des Beigeladenen oder seiner Ehefrau bereit gewesen. Der Beigeladene habe erkennbar nur Fremdgeschäftsführer und nicht Gesellschafter sein wollen. Es bestünden auch keine Anhaltspunkte dafür, dass seine Ehefrau die Gesellschaftsanteile nur zum Schein oder treuhänderisch für ihren Ehemann gehalten hätte; die widerrufliche Bevollmächtigung zur Stimmrechtsausübung rechtfertige eine solche Vermutung nicht. Ein verdecktes Gesellschaftsverhältnis ergebe sich auch nicht aus der weiteren Entwicklung bis zum Jahre 1990. Für eine Unangemessenheit des Mietzinses für die seit 1983 vom Beigeladenen an die Klägerin vermieteten Geschäftsräume bestünden keine Anhaltspunkte. Der Beigeladene habe zwar ab 1983 im Verhältnis zu dem den Gesellschaftern verbleibenden Gewinn einen erheblichen Teil des Ertrages der Klägerin als Vergütung erhalten. Er sei aber maßgeblich für eine Verzehnfachung des Umsatzes der Klägerin zwischen 1977 bis 1990 verantwortlich gewesen. Es habe sich im Laufe der Zeit ein wachsender faktischer Einfluss des Beigeladenen auf die Klägerin ergeben, ohne dass eine verdeckte gemeinsame Zweckverfolgung auf gesellschaftsrechtlicher Grundlage bestanden hätte. Die faktische Machtposition des Beigeladenen habe sich in den Streitjahren weiter verstärkt und sei von ihm ohne Rücksicht auf die Interessen der Klägerin ausgenutzt worden. Er habe die Klägerin durch seine hohen Geschäftsführervergütungen, die der ab 1991 schlechteren Ertragslage des Unternehmens nicht entsprochen hätten, von sich abhängig gemacht. Insofern habe er aber seine eigenen Interessen verfolgt und der Klägerin diktiert, nicht jedoch auf gesellschaftsrechtlicher Ebene mit der Klägerin zusammengewirkt. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2003, 457 veröffentlicht.

Das FA rügt mit seiner Revision sinngemäß eine Verletzung von § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) und eine Unvereinbarkeit der Vorentscheidung mit den Denkgesetzen und allgemeinen Erfahrungssätzen sowie eine widersprüchliche Tatsachenwürdigung.

Es beantragt,

eine verdeckte Mitunternehmerschaft auf der Grundlage einer Innengesellschaft zwischen dem zivilrechtlich an der Klägerin nicht beteiligten Beigeladenen und den Gesellschaftern der Klägerin festzustellen, den Beigeladenen als Mitunternehmer in die Gewinnfeststellungen einzubeziehen und dessen Vergütungen für seine Geschäftsführertätigkeit, für die Hingabe der Darlehen und für die Überlassung der Räumlichkeiten im Objekt X als Sonderbetriebseinnahmen (abzüglich der betreffenden Sonderbetriebsausgaben) anzusetzen.

Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Die Revision des FA ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der FinanzgerichtsordnungFGO—). Die Entscheidung des FG, der Beigeladene sei in den Streitjahren 1991 bis 1995 nicht Mitunternehmer der Klägerin gewesen, ist entgegen der Auffassung des FA revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

1. Mitunternehmer i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG kann nur sein, wer zivilrechtlich Gesellschafter einer Personengesellschaft ist oder —in Ausnahmefällen— aufgrund eines wirtschaftlich dem Gesellschaftsverhältnis vergleichbaren Gemeinschaftsverhältnisses Unternehmerrisiko trägt und Unternehmerinitiative entfalten kann (Beschlüsse des Großen Senats des Bundesfinanzhofs —BFH— vom GrS 4/82, BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751, 768; vom GrS 7/89, BFHE 163, 1, BStBl II 1991, 691). Für die Annahme der Mitunternehmerschaft genügt auch ein verdecktes Gesellschaftsverhältnis; ob ein solches Gesellschaftsverhältnis vorliegt, ist unabhängig von der formalen Bezeichnung der zwischen den Beteiligten bestehenden Rechtsbeziehungen nach dem Gesamtbild der Verhältnisse zu beurteilen (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. , BFHE 173, 28, BStBl II 1994, 282, m.w.N.; vom VIII R 12/94, BFHE 181, 423, BStBl II 1997, 272; vom VIII R 32/90, BFHE 185, 190, BStBl II 1998, 480).

Begriffliche Voraussetzung eines zivilrechtlichen Gesellschaftsverhältnisses (§ 705 BGB) ist, dass sich mehrere Personen zur Erreichung eines gemeinsamen Zweckes vertraglich zusammenschließen und sich gegenseitig verpflichten, diesen durch ihre Beiträge (§ 706 BGB) zu fördern. Eine nach außen nicht in Erscheinung tretende und nicht über Gesamthandsvermögen verfügende Innengesellschaft genügt (, BFHE 151, 163, BStBl II 1988, 62; , Deutsches Steuerrecht —DStR— 1993, 956). Eine Innengesellschaft ist auch dann gegeben, wenn sich ein Dritter als stiller Gesellschafter am Handelsgewerbe eines anderen, z.B. einer KG, beteiligt. Die Innengesellschaft kann formfrei durch schlüssiges Handeln zustande kommen (BFH-Urteile in BFHE 181, 423, 430, BStBl II 1997, 272, m.w.N.; BFHE 185, 190, BStBl II 1998, 480).

Dem Wesen eines Gesellschaftsverhältnisses entspricht es, dass die Vertragspartner sich nicht auf den Austausch beiderseitiger Leistungen beschränken, sondern in partnerschaftlicher Gleichberechtigung zur Erreichung eines gemeinsamen Zwecks, z.B. zum Betrieb eines gewerblichen Unternehmens, zusammenwirken. Ein auf den Abschluss eines Gesellschaftsvertrages gerichteter Rechtsbindungswille der Beteiligten ist an Hand der gesamten äußeren Umstände vom FG als Tatsacheninstanz festzustellen (BFH-Urteil in BFHE 185, 190, BStBl II 1998, 480). Indessen darf der entsprechende Verpflichtungswille nicht lediglich fiktiv unterstellt werden (BFH-Urteile in BFHE 173, 28, BStBl II 1994, 282, 284, m.w.N.; BFHE 181, 423, BStBl II 1997, 272; BFHE 185, 190, BStBl II 1998, 480). Insbesondere erlaubt ein rein tatsächliches Miteinander noch keinen Schluss auf einen Gesellschaftsvertrag; ebenso wenig genügen für eine solche Annahme für sich betrachtet bereits tatsächliche Einflussmöglichkeiten (vgl. BFH-Urteil in BFHE 185, 190, BStBl II 1998, 480).

Der Begriff des Mitunternehmers enthält das Erfordernis des gemeinsamen Handelns zu einem gemeinsamen Zweck von einander gleichgeordneten Personen. Mitunternehmerinitiative und Mitunternehmerrisiko dürfen danach nicht lediglich auf einzelne Schuldverhältnisse als Austauschverhältnisse zurückzuführen sein. Vielmehr müssen entsprechend der zivilrechtlichen Gestaltung die verschiedenen Vertragsbeziehungen auseinandergehalten und auch steuerrechtlich eigenständig gewürdigt werden. Die bloße Bündelung von Risiken aus Leistungsaustauschverhältnissen bei Vereinbarung leistungsbezogener Entgelte führt für sich allein noch nicht zu einem gesellschaftsrechtlichen Risiko (BFH-Urteile in BFHE 173, 28, BStBl II 1994, 282; BFHE 185, 190, BStBl II 1998, 480).

2. Da im Streitfall ein ausdrücklich vereinbartes Gesellschaftsverhältnis zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen nicht vorliegt, könnte der Beigeladene Mitunternehmer nur aufgrund eines verdeckten Gesellschaftsverhältnisses zwischen ihm und der Klägerin oder den Gesellschaftern der Klägerin geworden sein. Die Voraussetzungen eines verdeckten Gesellschaftsverhältnisses liegen nach der nicht zu beanstandenden Würdigung der Gesamtumstände des Streitfalles durch das FG jedoch nicht vor.

a) Das FG hat keine Umstände festgestellt und das FA hat auch keine Tatsachen vorgetragen, die dafür sprechen, dass der Beigeladene bereits seit Beginn seiner Tätigkeit im Jahre 1977 Gesellschafter der Klägerin war.

Der Beigeladene hatte die ihm von der Witwe und dem Sohn des verstorbenen Unternehmensgründers angebotene Beteiligung an der Klägerin gerade nicht übernommen, sondern seine Ehefrau Gesellschafterin werden lassen. Die bisherigen Gesellschafter sind von Anfang an nur zu einer hälftigen und nicht zu einer darüber hinausgehenden Beteiligung des Beigeladenen oder seiner Ehefrau bereit gewesen.

Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die Ehefrau die Anteile an der KG und GmbH nur zum Schein erworben und in Wirklichkeit für den Beigeladenen gehalten hat, hat das FA nicht vorgetragen und das FG nicht festgestellt. Die Auffassung des FG, die widerrufliche Bevollmächtigung des Beigeladenen zur Stimmrechtsausübung in der Gesellschafterversammlung habe nicht die Vermutung gerechtfertigt, die Ehefrau habe die Kommanditbeteiligung in Wirklichkeit für den Beigeladenen gehalten, lässt keinen Rechtsverstoß erkennen. Eine gemeinsame Zweckverfolgung des Beigeladenen und der Klägerin lässt sich auch nicht daraus ableiten, dass der Beigeladene im Zusammenhang damit, dass seine Ehefrau Gesellschafterin wurde und einen Anspruch auf einen Vorabgewinn von 18 000 DM erhielt, eine Herabsetzung seiner Tantieme von 54 v.H. auf 40 v.H. akzeptiert hat. Dass der Beigeladene zugunsten seiner Ehefrau Nachteile in Kauf nimmt, lässt nicht auf eine gemeinsame Zweckverfolgung mit der Klägerin oder allen ihren Gesellschaftern schließen.

Auch die Behauptung der Revision, die Gesellschafterstellung der Ehefrau sei an die Geschäftsführertätigkeit des Beigeladenen ”gekoppelt” gewesen, rechtfertigt es nicht, den Beigeladenen neben oder anstelle seiner Ehefrau als Gesellschafter anzusehen. Denn eine Verknüpfung der beiden Positionen in der Weise, dass die Ehefrau ihre Gesellschaftsanteile verlieren würde, wenn der Beigeladene nicht mehr Geschäftsführer ist, ist weder dem Gesellschaftsvertrag der Klägerin zu entnehmen noch sonst vom FG festgestellt worden.

Selbst wenn die Entscheidung des Beigeladenen, dass nicht er, sondern seine Ehefrau Gesellschafterin der KG werden soll, ausschließlich auf steuerlichen Überlegungen beruht haben sollte, vermöchte dieses Motiv nichts an der Rechtslage zu ändern, dass die Ehefrau Gesellschafterin geworden ist und nicht der Beigeladene. § 42 der Abgabenordnung (AO 1977) ist insoweit nicht einschlägig, weil diese Vorschrift an der zivilrechtlichen Lage und dem Erfordernis eines —ggf. konkludenten— Rechtsbindungswillens, das Unternehmen auf der Grundlage einer partnerschaftlichen Gleichordnung für gemeinsame Rechnung zu führen, nichts zu ändern vermag.

b) Die Ausführungen des FG darüber, dass sich ein Bindungswille des Beigeladenen und der Klägerin, das Unternehmen auf der Grundlage einer partnerschaftlichen Gleichordnung für gemeinsame Rechnung zu führen, auch nicht aus den Gehaltserhöhungen oder sonstigen schuldrechtlichen Leistungsbeziehungen der späteren Jahre ableiten lasse, halten entgegen der Auffassung der Revision einer rechtlichen Überprüfung stand.

aa) Das FA hat nicht geltend gemacht, dass der Beigeladene für seine ab dem Jahr 1983 an die Klägerin vermieteten Geschäftsräume einen unangemessenen Mietzins erhalten habe, der für das Vorliegen eines verdeckten Gesellschaftsverhältnisses hätte sprechen können.

bb) Der zwischen der GmbH und dem Beigeladenen abgeschlossene Geschäftsführer-Anstellungsvertrag darf nach der Rechtsprechung des Senats im Hinblick auf die rechtliche Selbständigkeit der GmbH als juristische Person des Privatrechts nicht im Wege des Durchgriffs als ein zur KG bestehendes verdecktes Gesellschaftsverhältnis als notwendige Grundlage für eine Mitunternehmerstellung bei der KG ausgelegt werden (Urteil in BFHE 181, 423, BStBl II 1997, 272). Dies bedeutet allerdings nicht, dass der Inhalt des Anstellungsvertrages mit der GmbH bei der Prüfung, ob ein Gesellschaftsverhältnis zwischen der KG und dem Beigeladenen durch schlüssiges Verhalten begründet worden ist, überhaupt nicht einbezogen werden darf. Denn die fortdauernde Tolerierung dieses Anstellungsvertrages und die —im Gesellschaftsvertrag der KG vereinbarte— Übernahme der daraus resultierenden Kosten durch die KG können im Rahmen der Gesamtwürdigung aller Umstände dann ein Zeichen für einen gesellschaftsvertraglichen Bindungswillen der KG und des Beigeladenen sein, wenn die in dem Anstellungsvertrag getroffenen Regelungen unangemessen in dem Sinne sind, dass sie einem Fremdvergleich nicht standhalten, und wenn andere Erklärungsmöglichkeiten als eine gemeinsame Zweckverfolgung auf gemeinsame Rechnung dafür nicht ernsthaft in Betracht kommen.

Im Streitfall hat das FG eine Unangemessenheit der Bezüge des Beigeladenen nicht festgestellt. Die Aussage des FG, der Beigeladene habe ab 1983 einen erheblichen Teil des Ertrages der Klägerin als Vergütung und ab 1991 ein der schlechten Ertragslage nicht entsprechendes Gehalt erhalten, impliziert entgegen der Auffassung der Revision nicht von vornherein die Feststellung, das Gehalt sei unangemessen hoch gewesen. Denn die Frage, ob ein Gehalt unangemessen ist, hängt nicht in erster Linie von den Erträgen des Unternehmens, sondern davon ab, ob es der Leistung entspricht und auch für Dritte aufzubringen gewesen wäre (vgl. BFH-Urteile in BFHE 151, 163, BStBl II 1988, 62; vom IV R 58/89, BFH/NV 1991, 661; vom IV R 65/94, BFHE 179, 62, BStBl II 1996, 66; in BFHE 181, 423, BStBl II 1997, 272).

Dass das FG die Frage, ob die Bezüge des Beigeladenen angemessen waren, letztlich nicht abschließend anhand eines Fremdvergleichs —ggf. auch durch Einholung eines Sachverständigengutachtens— geprüft hat, ist kein Rechtsfehler der Vorentscheidung. Denn darauf kam es aufgrund der Überzeugung des FG, der Beigeladene habe seine faktische Machtposition ausschließlich zur Verfolgung seiner eigenen Interessen ohne hinreichende Rücksichtnahme auf die Belange der Klägerin ausgenutzt, nicht an. Diese Überzeugung hat das FG in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise gewonnen. Es musste im Rahmen seiner nach § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO gebotenen Gesamtwürdigung berücksichtigen, dass die Ehefrau keine beherrschende Stellung innehatte, da sie nur zu jeweils 50 v.H. an der Klägerin und der GmbH beteiligt war und die anderen Anteile fremden Personen gehörten. Die Gehaltserhöhungen aufgrund besonderer Vereinbarung konnten nach dem Gesellschaftsvertrag der KG nicht ohne Zustimmung der fremden Gesellschafter, der Witwe und des Sohnes des Unternehmensgründers, durchgesetzt werden, da dafür eine Mehrheit von 2/3 erforderlich war. Vor diesem Hintergrund hätte ein —hier unterstelltes— unüblich hohes Gehalt nur dann ein ausreichender Hinweis auf einen Bindungswillen als Partner eines Gesellschaftsvertrages sein können, wenn andere Gründe dafür nicht ernsthaft in Betracht kommen. Im Streitfall hat das FG aber für das in den Streitjahren im Verhältnis zu den Gewinnanteilen der Gesellschafter hohe Gehalt des Beigeladenen in nachvollziehbarer Weise eine andere Erklärung gegeben. Der Beigeladene hat nach Auffassung des FG im Laufe der Jahre mit zunehmendem geschäftlichen Erfolg als Geschäftsführer eine faktische Machtposition innerhalb der KG erlangt, die es ihm ermöglicht hat, im eigenen Interesse ohne Rücksichtnahme auf die Belange der Klägerin hohe Gehaltsansprüche durchzusetzen. Entgegen der Rüge der Revision hat das FG den Umstand, dass der geschäftliche Erfolg der KG —Verzehnfachung des Umsatzes in den Jahren von 1977 bis 1990— nahezu ausschließlich auf der Leistung des Beigeladenen beruht hat, im Rahmen seiner Gesamtwürdigung nicht außer Acht gelassen; es hat ihn nur anders gewürdigt als das FA. Denn aus dieser persönlichen Leistung des Beigeladenen hat das FG den Schluss auf seine Unersetzbarkeit für die Klägerin und damit auf seine faktische Machtposition gezogen, die es ihm ermöglicht hat, seine —im Verhältnis zum Ertrag der Klägerin— hohen Gehaltsforderungen durchzusetzen. Die Richtigkeit der vom FG gewonnenen Überzeugung, der Beigeladene habe mit seinen Gehaltsansprüchen seine eigenen Interessen und nicht gemeinsame Interessen mit der Klägerin oder ihren sämtlichen Gesellschaftern verfolgt, wird dadurch belegt, dass nach dem Ausscheiden der Witwe des Firmengründers durch Tod im Jahre 1995 S mit Wirkung zum die von seiner Familie gehaltenen Anteile an der Klägerin und der GmbH insgesamt auf die Ehefrau des Klägers übertragen hat.

cc) Unter diesen Umständen konnte es entgegen der Rüge des FA keine entscheidungserhebliche Rolle mehr spielen, dass der Beigeladene der Klägerin in den Jahren ab 1987 Teile seiner Geschäftsführervergütung aus Gründen der Liquidität als Darlehen —ohne Sicherheiten— gewährt und sich ab dem Geschäftsjahr 1994 mit einer Aussetzung der vereinbarten Verzinsung dieses Darlehens einverstanden erklärt hat. Denn so hätte sich bei entsprechend schlechter Lage des Unternehmens auch ein normaler Arbeitnehmer zur Sicherung seines Arbeitsplatzes verhalten können. Dass der Beigeladene wegen der Liquiditätsengpässe und schlechteren Ertragslage der Klägerin nicht auf Teile seines jeweiligen Gehalts verzichtet, sondern stattdessen das Darlehen aufgestockt hat, kann ebenfalls nicht als Zeichen für einen gesellschaftsvertraglichen Bindungswillen verstanden werden. Ein Verzicht auf einen bestehenden Rechtsanspruch wäre mehrdeutig gewesen, da er sowohl als Arbeitnehmerbeitrag zur Sanierung des Unternehmens und zur Arbeitsplatzsicherung als auch als Gesellschafterbeitrag (§ 706 BGB) gedeutet werden könnte. Wegen dieser Ambivalenz eines Verzichts kann auch der im Jahre 1994 vereinbarte Zinsverzicht nicht als hinreichend schlüssiges Verhalten für einen gesellschaftsvertraglichen Bindungswillen gedeutet werden.

dd) Für die Frage, ob der Beigeladene in den Streitjahren 1991 bis 1995 Mitunternehmer der Klägerin war, ist unerheblich, wie der Verzicht des Beigeladenen auf sein Gehalt oder sonstige Forderungen gegenüber der Klägerin nach dem Ausscheiden der Familie des Unternehmensgründers zum zu beurteilen ist. Ein den Streitjahren nachgelagerter Verzicht lässt keinen Rückschluss auf die Streitjahre zu, weil dadurch, dass nunmehr alleinige Gesellschafterin die Ehefrau des Beigeladenen war, auch eine andere Interessenlage gegeben war. Ob der Beigeladene nach dem Ausscheiden des S Mitunternehmer geworden ist, ist für die Streitjahre unerheblich.

Fundstelle(n):
BFH/NV 2003 S. 1564
BFH/NV 2003 S. 1564 Nr. 12
DStRE 2003 S. 1441 Nr. 24
WAAAA-71304