NWB Nr. 32 vom Seite 2297

Zur Zukunft des Solidaritätszuschlags

Professor Dr. Frank Hechtner | Lehrstuhl für BWL, insbesondere Betriebswirtschaftliche Steuerlehre und Wirtschaftsprüfung, Technische Universität Kaiserslautern

Derzeit wird auf die veranlagte Einkommensteuer, die Lohnsteuer, die Kapitalertragsteuer und die Körperschaftsteuer eine Ergänzungsabgabe in Form des Solidaritätszuschlags von 5,5 % erhoben. Bereits seit geraumer Zeit hat sich die politische Diskussion verfestigt, wie es mit dem Solidaritätszuschlag perspektivisch weitergeht. Spätestens mit der Neuregelung des bundesstaatlichen Finanzausgleichssystems ab 2020 und den im Koalitionsvertrag geäußerten Überlegungen zum Solidaritätszuschlag hat diese Diskussion nun wieder an Intensität gewonnen. Dieser Aspekt wurde zudem kürzlich im Finanzausschuss des Deutschen Bundestages behandelt; Anlass hierfür waren ein Gesetzentwurf der Fraktion der FDP sowie ein Antrag der Fraktion der AfD.

Wer über die Zukunft des Solidaritätszuschlags diskutiert, der sollte mindestens drei Themenkomplexe ansprechen: die verfassungsrechtliche Frage der Erhebung, die verteilungspolitische Frage einer Zusatzbelastung für bestimmte Steuerpflichtige und Einkommensgruppen sowie die steuerpolitische Frage nach der fiskalischen Notwendigkeit einer solchen Abgabe. In der politischen Diskussion werden leider nicht alle drei Aspekte mit gleicher Intensität beachtet. Dies mag auch daran liegen, dass der Koalitionsvertrag bereits konkrete Vorstellungen enthält, wie eine Entlastung über den Solidaritätszuschlag bei bestimmten natürlichen Personen erfolgen könnte.

In dem öffentlichen Fachgespräch des Finanzausschusses standen vornehmlich juristische Aspekte im Vordergrund. Hierbei wurde sowohl die Meinung geäußert, dass die weitere Erhebung des Solidaritätszuschlags ab 2020 verfassungswidrig sei, als auch die Gegenmeinung, dass eine strikte Koppelung der Erhebung des Solidaritätszuschlags an die (ab 2020 wegfallenden) Sonderbedarfs-Bundesergänzungszuweisungen verfassungsrechtlich nicht zwingend sei. Verfassungsrechtlich geklärt ist bisher nur, dass eine Ergänzungsabgabe von vornherein nicht zwingend zu befristen ist. So hieß es bei der Einführung des Solidaritätszuschlaggesetzes 1995: „Zur Finanzierung der Vollendung der Einheit Deutschlands ist ein solidarisches finanzielles Opfer aller Bevölkerungsgruppen unausweichlich.“ Dieses Sonderopfer sei mittelfristig zu überprüfen. Insofern stellt sich schon die Frage einer Überprüfung.

Der Koalitionsvertrag sieht jedenfalls eine Anhebung der Freigrenze bei dem Solidaritätszuschlag vor, so dass in einem „ersten Schritt für rund 90 Prozent der Soli-Zahler“ die Belastung entfällt. Dies kann so verstanden werden, dass der Solidaritätszuschlag in einem mehrstufigen Prozess – jedenfalls in dieser Form – abgeschafft werden soll. Es verbleiben damit zugleich aber weitere Fragen: Was passiert mit den anderen Fallkonstellationen, in denen der Solidaritätszuschlag verbleibt? Wie sieht der zweite Schritt aus und wann wird dieser beschritten? Letztere Frage wird vermutlich gegen Ende dieser Legislaturperiode erneut den Wahlkampf bestimmen. Ungewiss ist, ob in dieser Legislaturperiode bereits hinreichend deutlich der zweite Schritt umrissen wird. Von einer Integration in die Einkommensteuer (Körperschaftsteuer), einer Neuauflage oder Umwidmung bis zur finalen Abschaffung wurde bereits vieles politisch diskutiert.

Frank Hechtner

Fundstelle(n):
NWB 2018 Seite 2297
NWB OAAAG-90312