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Tauschähnlicher Umsatz bei der Publikation von Mitgliederzeitschriften öffentlich-rechtlicher Körperschaften durch gewerbliche Unternehmen – Überlassung von Werberechten

Bezug:

Die Frage, ob die Publikation von Mitgliederzeitschriften öffentlich-rechtlicher Körperschaften durch gewerbliche Unternehmen als umsatzsteuerpflichtiges Tauschgeschäft zu beurteilen ist, war bereits mehrfach Gegenstand der Erörterungen der Umsatzsteuerreferatsleiter des Bundes und der Länder.

Sachverhalt

Eine Kammer (oder andere Körperschaft des öffentlichen Rechts) ist alleinige Herausgeberin, Eigentümerin und Inhaberin aller Rechte ihrer Mitgliederzeitschrift. Diese Mitgliederzeitschrift beinhaltet regelmäßig einen redaktionellen Teil und einen umfangreichen Anzeigenteil.

Die Beiträge für den redaktionellen Teil der Zeitschriften, wie Nachrichten, Aufsätze, Fortbildungsangebote etc., werden durch die Kammer eigenverantwortlich verfasst. Mit der verlegerischen Betreuung, der Herstellung und dem Vertrieb der Mitgliederzeitschrift wird dagegen ein Verlag beauftragt. Dieser verpflichtet sich, sämtliche Kosten der Herstellung und des Vertriebs inklusive der Versandvorbereitung zu übernehmen. Im Gegenzug erhält der Verlag das Recht, Werbeanzeigen in den Zeitschriften zu platzieren. Die Anzeigen werden von dem Verlag auf eigene Rechnung und auf eigenes Risiko eingeworben, platziert und gedruckt. Die Kammer behält sich ggf. Einflussmöglichkeiten vor. Je nach vertraglicher Gestaltung zahlt die Kammer (über die Einräumung des Werberechtes hinaus) Porto- und Druckkostenzuschüsse in unterschiedlicher Höhe, die sich an den kalkulierten Herstellungskosten der Zeitschrift orientieren.

Umsatzsteuerliche Beurteilung

Durch die Herstellung der Kammerzeitschrift gegen die Einräumung des Rechts, Werbeanzeigen in den jeweiligen Zeitschriften zu platzieren und diese wirtschaftlich zu verwerten, findet zwischen dem Verlag und der Kammer ein Leistungsaustausch in Form eines tauschähnlichen Umsatzes (ggf. mit Baraufgabe) statt.

Die Leistung des Verlags besteht in der Gestaltung, der Herstellung und dem Vertrieb der Zeitschrift für die Kammer. Um diese vertragliche Leistung zu erhalten, räumt die Kammer dem Verlag als Gegenleistung das Recht zur Anzeigenplatzierung und -verwertung ein und zahlt darüber hinaus ggf. noch einen Porto- bzw. Druckkostenzuschuss.

Bei tauschähnlichen Umsätzen i. S. des § 3 Abs. 12 UStG gilt nach § 10 Abs. 2 Satz 2 UStG als Bemessungsgrundlage der Wert jedes Umsatzes als Entgelt für den anderen Umsatz.

Der Kammer ist die Erstellung ihrer Mitgliederzeitschrift die Überlassung des Anzeigenplatzierungsrechts wert. Dem Verlag ist der Erhalt des Anzeigenplatzierungsrechts der Gesamtbetrag seiner Aufwendungen für die Herstellung und Versendung der Kammerzeitschriften abzüglich der ggf. erhaltenden Druck- und Portokostenzuschüsse wert. Dabei sind die gesamten Herstellungskosten der Zeitschrift heranzuziehen. Eine Aufspaltung der Kosten für die Zeitschriften in einen Anzeigenteil und einen Teil für den übrigen Text- und Bildteil ist nicht vorzunehmen, da sie wirtschaftlich eng miteinander verflochten sind und sich gegenseitig bedingen.

Die Leistung des Verlags gegenüber der Kammer kann dem ermäßigten Steuersatz unterliegen, sofern der wesentliche Leistungsinhalt im Druck einer Zeitschrift besteht (§ 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG i. V. m. Nr. 49 der Anlage 2 zum UStG).

Die vorstehende Auffassung hat der bestätigt. In mit dem Urteilsfall vergleichbaren Fällen sind die Herstellung und der Versand von Mitgliederzeitschriften durch Druckereien bzw. Verlage als einheitliche Lieferung von Druckerzeugnissen zu beurteilen. Falls weitere Leistungselemente neben Druck und Versand hinzukommen, die über eine einheitliche Lieferung hinausgehen (z. B. besondere Adresspflege der Mitgliederlisten), ist entsprechend der vertraglichen Gestaltung im Einzelfall anhand der allgemeinen Grundsätze zu prüfen, ob die Druckerei bzw. der Verlag insoweit eine selbstständige Leistung erbringt.

Zur Frage, wann eine Kammer mit der Überlassung des Anzeigenverwertungsrechts bzw. Werberechts einen körperschaftsteuerlichen BgA begründet und damit auch umsatzsteuerlicher Unternehmer wird, siehe ofix: KStG/4/91. Beruft sich eine Kammer entsprechend der Regelungen auf die neuen Rechtsprechungsgrundsätze zur Besteuerung der öffentlichen Hand, was nur einheitlich für das gesamte Unternehmen ausgeübt werden kann, fällt die Überlassung des Anzeigenverwertungsrechts/Werberechts stets in den unternehmerischen Bereich, da die jPdöR auf privatrechtlicher Grundlage handelt.

Sachverhaltsvariante

Ein Verlag stellt aufgrund eines gegenseitigen Vertrages für eine Kommune eine Werbebroschüre her, die die Kommune auslegt und verteilt. Inhalt der Publikation ist ein redaktioneller Teil, der von der Kommune selbst erarbeitet wird, und ein Anzeigenbereich, der ausschließlich vom Verlag (für eigene Rechnung) betreut wird. Nach dem Vertrag ist Auftraggeber für die Publikation die Kommune. Der Kommune entstehen keine Kosten, da diese vollständig vom Verlag übernommen werden. Aus der Aufmachung der Broschüre geht hervor, dass es sich um eine Publikation der Kommune handelt.

Umsatzsteuerliche Beurteilung

Die Sachverhaltsvariante ist entsprechend den o. g. Mitgliedszeitschriften zu beurteilen. Bei derartigen kommunalen Werbebroschüren dürfte allerdings häufig der Regelsteuersatz zur Anwendung kommen, da die Publikationen überwiegend Werbezwecken dienen (§ 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG i. V. m. Nr. 49 Anlage 2 zum UStG). In Zweifelsfällen bleibt es dem Verlag unbenommen, für die jeweilige Publikation eine unverbindliche Zolltarifauskunft für Umsatzsteuerzwecke einzuholen.

Die Rundvfg. vom wird aufgehoben.

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Fundstelle(n):
MAAAG-83805