Gründe
Die Beschwerde ist unzulässig.
1. Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) haben die Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde versäumt. Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen (§ 116 Abs. 3 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung —FGO—).
a) Das Urteil des Finanzgerichts (FG) wurde dem Prozessbevollmächtigten der Kläger, StB X, am 22. Mai 2002 zugestellt. Gemäß § 54 Abs. 2 FGO i.V.m. § 222 Abs. 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) i.V.m. § 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2 Alternative 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) endete die Beschwerdebegründungsfrist am (Montag). Die Beschwerdebegründung des weiteren Prozessbevollmächtigten der Kläger, RA Y, ging aber erst am ein. Ein Fristverlängerungsantrag nach § 116 Abs. 3 Satz 4 FGO ist nicht gestellt worden.
b) Für die —nicht weiter substantiierte— Behauptung der Kläger, die Zustellung sei nicht an StB X, sondern an eine ihnen unbekannte Anwaltskanzlei in S erfolgt, gibt es keinerlei Anhaltspunkte. Die sich in den Akten des FG befindliche —formell ordnungsmäßige— Postzustellungsurkunde vom weist als Zustellungsadressaten den StB X aus; die Übergabe der Sendung erfolgte in dessen Kanzlei an eine Bedienstete. Zudem hat StB X in seiner Beschwerdeschrift selbst ausgeführt, das Urteil sei am zugestellt worden. Nach dem Gesamtzusammenhang kann dies nur dahin verstanden werden, dass das Urteil ihm selbst —und nicht einer unbekannten Anwaltskanzlei in S— zugestellt worden ist.
c) Entgegen der Ansicht der Kläger begann die Beschwerdebegründungsfrist nicht (nochmals) mit der am erfolgten erneuten Zustellung des Urteils an RA Y zu laufen.
Sind —wie hier— mehrere Bevollmächtigte bestellt, genügt die Zustellung an einen von ihnen (vgl. , BFHE 181, 547, BStBl II 1997, 269, unter 1., das zwar die Bekanntgabe von Steuerbescheiden betrifft, aber einen allgemeinen Rechtssatz zum Ausdruck bringt; zur Zustellung von Urteilen BFH-Beschlüsse vom IX B 46/90, BFH/NV 1991, 612; vom VIII B 67/98, juris Nr. STRE985131760). Denn wenn ein Beteiligter mehrere Bevollmächtigte hat, sind diese nach § 84 Satz 1 ZPO, der über § 155 FGO auch im finanzgerichtlichen Verfahren gilt, berechtigt, einzeln zu handeln. Jede Erklärung des einen Bevollmächtigten bindet sowohl den Vertretenen als auch die anderen Bevollmächtigten. Andererseits müssen aber auch den Klägern gegenüber vorzunehmende Handlungen nur einem der Bevollmächtigten gegenüber vorgenommen werden, um wirksam zu sein (BFH-Beschlüsse vom II R 88/86, BFH/NV 1988, 371; vom III R 87/97, BFH/NV 1999, 191). Insoweit gibt die ausdrückliche Regelung für Fälle der gesetzlichen Vertretung (§ 7 Abs. 3 des Verwaltungszustellungsgesetzes —VwZG—, § 171 Abs. 3 ZPO, jeweils in der —für den Streitfall noch maßgeblichen— Fassung vor In-Kraft-Treten des Zustellungsreformgesetzes vom , BGBl I 2001, 1206) einen allgemein geltenden Grundsatz wieder (Beschlüsse des Bundesverwaltungsgerichts —BVerwG— vom 1 WB 47, 75/73, Neue Juristische Wochenschrift —NJW— 1975, 1795, unter 3. a, und vom 2 B 76/79, NJW 1980, 2269, unter I.).
Erfolgen Zustellungen an mehrere Bevollmächtigte, ist für den Beginn der Rechtsmittelfrist allein die zeitlich erste Zustellung maßgeblich. Eine spätere Zustellung an einen weiteren Bevollmächtigten setzt keine neue Rechtsmittelfrist in Lauf (Senatsurteil vom X R 99/92, BFH/NV 1996, 891, unter 1.; ständige Rechtsprechung des BFH, zuletzt Beschluss vom XI R 8/97, BFH/NV 2002, 1468). Denn das Gesetz sieht nirgends eine Befugnis des Gerichts vor, durch erneute Zustellung einer Entscheidung die durch eine vorhergehende Zustellung bereits wirksam in Lauf gesetzte —und hier sogar bereits abgelaufene— Rechtsmittel- bzw. Rechtsmittelbegründungsfrist zu verlängern oder neu in Lauf zu setzen und auf diesem Wege die Rechtskraft seiner Entscheidung zu beseitigen (, NJW 1984, 2115).
2. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Beschwerdebegründungsfrist kann nicht gewährt werden.
a) Das Vorbringen der Kläger, die —von ihrem Rechtsstandpunkt aus— für die Entscheidung sowohl über die Klage als auch über die Nichtzulassungsbeschwerde maßgeblichen zivilrechtlichen bzw. zivilprozessualen Vorfragen hätten die Einschaltung eines Rechtsanwalts bedingt, lässt nicht erkennen, inwiefern sie dadurch ohne Verschulden (§ 56 Abs. 1 FGO) —das auch in einem Verschulden eines ihrer Bevollmächtigten liegen kann (§ 85 Abs. 2 ZPO i.V.m. § 155 FGO)— an der fristgerechten Begründung der Beschwerde oder an der fristgerechten Stellung eines Fristverlängerungsantrags gehindert waren.
Denn zum einen war der weitere Bevollmächtigte —ein Rechtsanwalt— von den Klägern bereits während des finanzgerichtlichen Verfahrens beauftragt und bevollmächtigt worden. Zum anderen wurden die Kläger durchgängig von einem vor dem BFH ebenfalls unbeschränkt vertretungsbefugten (§ 62a Abs. 1 Satz 1 FGO i.V.m. § 3 Nr. 1 des Steuerberatungsgesetzes —StBerG—) Steuerberater vertreten, der auch die Beschwerde eingelegt und deren fristgerechte Begründung angekündigt hatte. Die Auffassung der Kläger, hier seien zivilrechtliche Vorfragen maßgeblich, schränkt dessen in Steuersachen bestehende Vertretungsbefugnis nicht ein (Art. 1 § 5 des Rechtsberatungsgesetzes —RBerG—). Sofern der bevollmächtigte Steuerberater, dem das Urteil zugestellt worden war, der Auffassung war, für die Begründung der Beschwerde anwaltlichen Rat zu benötigen, hätte er diesen selbst rechtzeitig einholen oder rechtzeitig einen Fristverlängerungsantrag stellen müssen. Denn ebenso wie ein Steuerpflichtiger nicht schon deshalb ohne Verschulden an der —ihm formell möglichen— Einlegung eines Rechtsmittels gehindert ist, weil er steuerlich nicht beraten ist (, BFH/NV 1990, 8, unter 2. b cc), ist ein Steuerberater nicht ohne Verschulden an der Begründung eines Rechtsmittels gehindert, wenn er nicht selbst zivilrechtlichen Rat einholt.
In jedem Fall hätte der eine Prozessbevollmächtigte (hier StB X) den anderen über die erfolgte Zustellung informieren müssen; das Unterlassen einer solchen Information ist schuldhaft (BVerwG in NJW 1980, 2269, unter II.; BFH-Beschluss in BFH/NV 1991, 612, unter 2.). Dies gilt selbst dann, wenn der erste Bevollmächtigte gar nicht mehr mit der weiteren Prozessführung beauftragt ist (, BFHE 146, 206, BStBl II 1986, 547, unter 3. b), was die Kläger im Streitfall noch nicht einmal vorgetragen haben. Hinzu kommt, dass vorliegend beide Prozessbevollmächtigten unter derselben Anschrift residieren und beide Zustellungen ausweislich der Zustellungsurkunden von derselben Bediensteten entgegengenommen wurden.
b) Wiedereinsetzung ist auch nicht unter dem Gesichtspunkt zu gewähren, dass das FG beim zweiten Prozessbevollmächtigten durch die Zustellung an ihn möglicherweise hat den Eindruck erwecken können, diese Zustellung sei für den Fristenlauf maßgeblich. Denn anders als im Fall der Senatsentscheidung in BFH/NV 1996, 891 ist die Zustellung an den zweiten Prozessbevollmächtigten vorliegend auf dessen telefonische Veranlassung —und nicht etwa ohne dessen Zutun— erfolgt.
3. Die Beschwerde hätte aber auch in der Sache keinen Erfolg gehabt, weil die von den Klägern geltend gemachten Verfahrensmängel entweder nicht in einer den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO genügenden Weise dargelegt sind oder aber nicht vorliegen.
a) Der gerügte Verstoß gegen § 138 Abs. 3 ZPO, wonach unbestrittene Tatsachen als zugestanden gelten und vom Gericht berücksichtigt werden müssen, kann im Finanzprozess keinen Verfahrensfehler begründen. Denn nach § 155 FGO sind Vorschriften der ZPO nur insoweit sinngemäß anzuwenden, als die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen. § 138 Abs. 3 ZPO ist aber Ausdruck des spezifisch zivilprozessualen Beibringungsgrundsatzes und kann im vom Amtsermittlungsgrundsatz (§ 76 Abs. 1 FGO) beherrschten finanzgerichtlichen Verfahren nicht herangezogen werden.
b) Mit ihrer Rüge, den Klägern sei ihr Beweisantragsrecht genommen worden, weil ein Beweisbeschluss nur im Bestreitensfalle zulässig sei, ein Bestreiten aber nicht erfolgt sei, verkennen sie gleichfalls das im finanzgerichtlichen Verfahren geltende Amtsermittlungsprinzip. Im Übrigen haben die Kläger nicht vorgetragen, welchen Beweisantrag sie hätten stellen wollen.
c) Die weitere Rüge, das Urteil stelle eine Überraschungsentscheidung dar, weil es auf der Annahme mittelbaren Besitzes der Kläger beruhe, ist nicht schlüssig erhoben. Denn einerseits behaupten die Kläger auf Seite 2 ihrer Beschwerdebegründung, das FG habe das Urteil ”völlig überraschend” auf die Annahme mittelbaren Besitzes gestützt; andererseits führen sie auf Seite 3 aus, es sei bereits vor der mündlichen Verhandlung absehbar gewesen, dass die Problematik des mittelbaren Besitzes den Ausgang der Klage beeinflussen werde. Im Übrigen hatte der Berichterstatter des FG bereits in seiner Verfügung vom ausführlich auf diesen Gesichtspunkt hingewiesen.
d) Die weiteren, erst in dem am eingegangenen Schriftsatz erhobenen Rügen (Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör, mangelnde Sachaufklärung, Verletzung der Grundsätze über die Feststellungslast) sind selbst dann verspätet, wenn man als Beginn der zweimonatigen Beschwerdebegründungsfrist erst die am an RA Y erfolgte Zustellung ansehen wollte. Denn nach Ablauf der Begründungsfrist können neue Zulassungsgründe nicht mehr nachgeschoben werden (Senatsbeschluss vom X B 188/96, BFH/NV 1997, 593, unter 4.).
4. Von einer Darstellung des Sachverhalts sowie einer weiteren Begründung sieht der Senat gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 FGO ab.
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
Fundstelle(n):
BFH/NV 2003 S. 648
BFH/NV 2003 S. 648 Nr. 5
QAAAA-69622