Die drei ???
[i]EU-Kommission schlägt zwei Richtlinien zur Besteuerung der digitalen Wirtschaft vorDie großen Gewinne digitaler Weltkonzerne sind vielen ein Dorn im Auge. Das hat nun auch erste gesetzgeberische Initiativen der EU ausgelöst. Mit den beiden Richtlinienentwürfen befassen sich Kroppen/van der Ham ab kritisch in diesem Heft.
Diese Vorschläge werfen prinzipielle Fragen auf. Da wäre zunächst die Grundthese, dass Konzerne wie Aphabet (Google) und Facebook „nicht einmal halb so viel“ Steuern zahlen wie die Unternehmen der old Economy. Ist das so? Wo? Da die EU-Vorschläge in erster Linie auf US-Unternehmen zielen, wirken Hinweise auf Verwerfungen im Binnenmarkt doch sehr gewollt.
[i]Das Konzept ist nicht trennscharfSieht man hier ein grundsätzliches Problem, führt an einer globalen Lösung kein Weg vorbei. Darüber darf dann aber am großen Tisch gestritten werden. Wo liegt der Ort der digitalen Wertschöpfung? Was konkret soll eine „signifikante digitale Präsenz“ ausmachen? Die Vorschläge legen im Detail nicht offen, wie die „digitale Wirtschaft“ von der herkömmlichen abgegrenzt werden kann. Dies wird auch zunehmend unmöglich. Es wird überaus komplex, die Bemessungsgrundlagen und die Regeln der Gewinnzuordnung abstrakt (und gerecht) anhand zusätzlicher Indikatoren zu klären.
[i]Es ist nicht sachgerechtUnternehmen dürfen verlangen, dass Gewinne nur einmal besteuert werden und dass die Aufteilung nachvollziehbaren Maßstäben folgt. Sonst wären noch mehr Unsicherheit, zusätzliche Wettbewerbsverzerrungen und Rechtsstreit die Folge. Angesichts der EU-weit erhofften 5 Mrd. € zusätzlicher Steuern, darf man schon fragen: Sollen dafür die allgemeinen Prinzipien internationaler Besteuerung neu verhandelt werden?
[i]Und es ist politisch kaum durchsetzbarKaum vorgestellt, standen sowohl die kurzfristige „digitale Umsatzsteuer“ als auch ein mittelfristiges System der digitalen Betriebsstätte im Kreuzfeuer der Kritik. Großbritannien, Luxemburg und Malta sprachen sich dagegen aus. Die Niederlande und Irland, die von den US-Konzernen profitieren, werden diesem Vorhaben auch kaum zustimmen. Die USA? Sind natürlich dagegen. Es ist nicht besonders schwer sich auszumalen, dass man im Weißen Haus eine 3 %ige umsatzbezogene Ausgleichssteuer auf „digitale Aktivitäten“ als genauso protektionistisch ansieht, wie die EU Strafzölle auf Stahl und Industrieprodukte. Und was ist mit Deutschland? Es könnte am Ende einer Grundsatzdebatte um die Verteilung von globalem Steuersubstrat viel verlieren. Warum sollten China und Indien diese Debatte zugunsten der Quellenstaaten nicht auf andere Warenströme ausdehnen? Es gibt also noch drei Fragezeichen – mindestens!
Ich wünsche Ihnen viele hilfreiche Erkenntnisse
Nils Henrik Feddersen
Fundstelle(n):
IWB 9 / 2018 Seite 1
NWB SAAAG-82254