BBK Nr. 23 vom Seite 1073

Der neue Fachassistent für Rechnungswesen und Controlling – ein Konkurrent für den Bilanzbuchhalter?

Dr. Hans J. Nicolini | Lehrbeauftragter

Auf der Bundeskammerversammlung der Bundessteuerberaterkammer [i]Neue Fortbildungsprüfung am 19. und haben die Delegierten den Beschluss gefasst, eine neue Fortbildungsprüfung „Fachassistent für Rechnungswesen und Controlling“ einzuführen.

Die Bundessteuerberaterkammer vertritt die Steuerberater, die Steuerbevollmächtigten und die Steuerberatungsgesellschaften auf nationaler und internationaler Ebene. Zu ihren Aufgaben gehören auch die berufliche Fortbildung der Steuerberater und die Ausbildung des Nachwuchses.

Weil [i]Erhöhter Bedarf an betriebswirtschaftlicher Beratung die Steuerberater – insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen – nicht nur in steuerlichen, sondern auch in betriebswirtschaftlichen Fragen erster Ansprechpartner sind, ist der Bedarf an betriebswirtschaftlicher Beratung (beispielsweise Beratungen zur Unternehmensnachfolge) in den letzten Jahren stark gestiegen. Steuerberater sind dabei auf speziell fortgebildete Mitarbeiter in diesem Fachgebiet angewiesen, die Beratungsvorgänge vor- und nachbereiten.

Die etablierte Prüfung zum/zur Steuerfachwirt/in als unterstützende Kraft mit leitender Tätigkeit erstreckt sich zwar auch auf „Jahresabschlussanalyse, Kosten- und Leistungsrechnung, Finanzierung“, gegenüber dem Steuerrecht und dem Rechnungswesen wird dieser Bereich jedoch in der Prüfung (und deshalb auch in den Vorbereitungslehrgängen) nachrangig behandelt. Das Studienwerk Köln kündigt auf seiner Homepage z. B. nur „Grundzüge der Betriebswirtschaft“ an. In der schriftlichen Prüfung gibt es keine eigene Klausur, die Themen sind gemäß Prüfungsordnung für die Fortbildung zum/zur Steuerfachwirt/in im Bereich „Rechnungswesen“ integriert.

Die [i]Zusatzqualifikation neue Fortbildung richtet sich an ausgebildete Steuerfachangestellte und Auszubildende mit gleichwertiger Berufsausbildung. Auch Akademiker mit einem dreijährigen Hochschulstudium können sich weiter qualifizieren.

Tätigkeitsschwerpunkte des neuen Fachassistenten sollen in den Bereichen internes und externes Rechnungswesen, Buchführung und Bilanzierung, betriebswirtschaftliche Auswertung, Controlling und Jahresabschlusserstellung sowie integrierte Unternehmensplanung liegen.

Der [i]Komplexe Prüfungsanforderungen Hinweis auf die integrierte Unternehmensplanung deutet auf die zu erwartenden neuen komplexen Anforderungen in der Prüfung hin, denn dabei müssen Einflussgrößen aus Beschaffung, Absatz, Produktion und Ressourcen für eine effiziente Unternehmenssteuerung zu einem Gesamtplanungsmodell zusammengeführt werden. Dazu sind breite betriebswirtschaftliche Kenntnisse erforderlich, die weit über die Anforderungen der Prüfung zum/zur Steuerfachassistent/in hinausgehen.

Angesichts der nur spärlich erhältlichen Informationen und dem – verständlicherweise – noch fehlenden Rahmenplan, der die Lerninhalte und ihre Taxonomie festlegt, kann eine erste Einschätzung nur vorsichtig sein.S. 1074

Auffallend ist jedoch [i]Fortbildungsschwerpunkt die Bezeichnung „für Rechnungswesen und Controlling“, denn zumindest das interne Rechnungswesen gehört zum Kernbereich der Steuerberatung; eine hochqualifizierte Fortbildung ist bereits mit der Prüfung zum/zur Steuerfachwirt/in etabliert. Eine zusätzliche Fortbildung wird wohl konsequent den Schwerpunkt auf die Kosten- und Leistungsrechnung und die integrierte Planung legen.

Dass dafür [i]Nicolini, Die neue Prüfungsordnung für Bilanzbuchhalter, BBK 1/2016 S. 25 NWB NAAAF-18827 eine neue Prüfung eingeführt wird, überrascht, weil bereits vergleichbare Abschlüsse existieren. Auch bisher können Steuerberater bereits die Qualität ihres Beratungsangebots sicherstellen, indem sie Mitarbeiter mit entsprechender betriebswirtschaftlicher Kompetenz – etwa Bilanzbuchhalter – einstellen. Bei diesen hochqualifizierten Spezialisten konkurrieren die Steuerberater allerdings mit Angeboten vor allem aus Industrie und Handel. Fachwirte für Rechnungswesen und Controlling werden es dagegen voraussichtlich schwer haben, auf einen Arbeitsplatz in einer anderen Branche zu wechseln. Es steht zu erwarten, dass die Mitarbeiter – stärker als nach universal ausgerichteten Fortbildungsprüfungen – an ihre Arbeitgeber gebunden werden.

Die [i]Trend zum Spezialistentum Bundeskammerversammlung verstärkt mit ihrem Beschluss den Trend, Fortbildungsprüfungen gezielt auf einzelne Berufsfelder zuzuschneiden (z. B. „Fachassistent für Medizincontrolling“, „Fachwirt für Geschäftsreise- und Mobilitätsmanagement“, „EKD-Bilanzbuchhalter“), was die von der Wirtschaft geforderte Mobilität der Arbeitnehmer erheblich einschränken dürfte. Der Wettbewerb wird dadurch zum Nachteil der Interessenten beschränkt, ein Wechsel auf einen Arbeitsplatz mit für sie besseren Arbeitsbedingungen in einer anderen Branche wird erschwert. Ob also durch die neue Prüfung tatsächlich „attraktive Aufstiegschancen“ geboten werden, wird erst die Praxis zeigen.

Die [i]Ambitionierter Zeitplan Steuerberaterkammern werden den Berufsbildungsausschüssen der Länder die Prüfungsordnung und einen Anforderungskatalog zur Genehmigung vorlegen. Der ambitionierte Zeitplan sieht vor, dass im Frühjahr 2019 alle Voraussetzungen geschaffen und erstmals Anmeldungen zur neuen Prüfung möglich sind.

Hans J. Nicolini

Fundstelle(n):
BBK 2017 Seite 1073 - 1074
NWB SAAAG-63303