BFH Beschluss v. - IX B 20/01

Gründe

Die Beschwerde ist unbegründet. Die Rüge überlanger Verfahrensdauer greift nicht durch. In Bezug auf die im Übrigen geltend gemachten Zulassungsgründe entspricht die innerhalb der Begründungsfrist vorgelegte Begründung der Beschwerde nicht den Darlegungserfordernissen des § 115 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) in der bis zum geltenden Fassung (zur Weitergeltung dieser Vorschrift nach dem siehe Art. 4 des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze —2.FGOÄndG— vom , BGBl I 2000, 1757, 1760).

1. Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) können mit ihrer Rüge des Verstoßes gegen die Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 FGO) nicht mehr gehört werden. Sie machen hierzu geltend, das Finanzgericht (FG) habe den Zeugen in der mündlichen Verhandlung nicht persönlich vernommen, sondern außerhalb der mündlichen Verhandlung und fernmündlich. Damit rügen sie zwar die Verletzung des Grundsatzes der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme. Indes zählt dieser Verstoß zu den verzichtbaren Verfahrensmängeln (, BFH/NV 1993, 258), bei denen das Rügerecht durch rügelose Verhandlung zur Sache verloren geht (§ 155 FGO i.V.m. § 295 der Zivilprozeßordnung —ZPO—; ständige Rechtsprechung des BFH, vgl. den Senatsbeschluss vom IX B 149/00, BFH/NV 2001, 1037, m.w.N.). Die rechtskundig vertretenen Kläger haben sich in der mündlichen Verhandlung vor dem FG —ausweislich des Sitzungsprotokolls vom — rügelos zur Sache eingelassen, nachdem ihnen der Einzelrichter den von ihm gefertigten Vermerk über das mit dem Zeugen geführte Telefonat vorgelesen hat. Sie haben damit ihr Rügerecht verloren.

2. Die Rüge der überlangen Verfahrensdauer greift nicht durch. Die Kläger haben im Rahmen ihrer Rüge der mangelnden Sachaufklärung zwar die überlange Verfahrensdauer, die grundsätzlich einen Verfahrensmangel bewirken kann (, BFHE 188, 264, BStBl II 1999, 407) hinreichend substantiiert vorgetragen (vgl. zu den Anforderungen BFH-Beschlüsse vom IV B 10/98, BFH/NV 1999, 655, und vom III B 21/00, BFH/NV 2001, 921). Indes sind danach die Voraussetzungen für einen Zulassungsgrund nach § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO nicht erfüllt.

Der durch Art. 19 Abs. 4 Satz 1 des Grundgesetzes (GG) gewährleistete Rechtsschutz bedeutet zugleich einen verfassungsrechtlichen Anspruch auf Rechtsschutz in angemessener Zeit (ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts —BVerfG—, vgl. die Entscheidung vom 1 BvR 711/96, Neue Juristische Wochenschrift —NJW— 1997, 2811; Senatsurteil in BFHE 188, 264, BStBl II 1999, 407, m.w.N.). Im Streitfall ist dieser Anspruch der Kläger jedoch nicht verletzt. Das FG hat über die am erhobene Klage am nach mündlicher Verhandlung entschieden. Berücksichtigt man, dass den Beteiligten schon aus Gründen des rechtlichen Gehörs (Art. 103 GG) angemessene Zeit zur Stellungnahme einzuräumen ist und dass das Gericht noch eine Vielzahl weiterer Rechtsstreitigkeiten zu entscheiden hat, so ist eine Verfahrensdauer von fünf Jahren noch nicht ohne weiteres unangemessen. Es fehlen im Streitfall über den reinen Zeitablauf hinaus zu berücksichtigende Umstände, wie sie der Senat in seiner Entscheidung in BFHE 188, 264, BStBl II 1999, 407 hervorgehoben hat und die es angezeigt sein lassen, die Entscheidung über das Verfahren vorzuziehen. Die Kläger haben vor allem geltend gemacht, die lange Verfahrensdauer habe das Erinnerungsvermögen des aufgebotenen Zeugen über einen bereits 1993 gegebenen Vermittlungsauftrag erschöpft. Abgesehen davon, dass das FG schon aufgrund von Indizien und wegen des Geschehensablaufs einen Vermittlungsauftrag vor 1994 ausgeschlossen hat, ist im Streitfall nicht erkennbar, dass eine zeitlich vorgezogene Vernehmung des Zeugen über das hier streitige Beweisthema (Vermittlungsauftrag bereits 1993) erfolgreich verlaufen wäre.

3. Soweit die Kläger mit der Verletzung materiellen Rechts sinngemäß die Abweichung des finanzgerichtlichen Urteils von Entscheidungen des BFH rügen, haben sie einen Zulassungsgrund nicht i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO ”bezeichnet”, was voraussetzt, dass in der Beschwerdebegründung (zumindest) ein das angefochtene Urteil tragender abstrakter Rechtssatz herausgearbeitet wird, der zu einem ebensolchen Rechtssatz einer BFH-Entscheidung in Widerspruch steht (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. , BFH/NV 1999, 1495, 1496, m.w.N.). Zwar haben die Kläger in ihrer Beschwerdebegründung Rechtssätze des BFH herausgehoben. Sie haben aber keinen davon abweichenden abstrakten Rechtssatz der Vorinstanz herausgearbeitet, sondern machen lediglich geltend, das FG habe vom Revisionsgericht aufgestellte Rechtssätze fehlerhaft auf den Streitfall angewendet. Damit wird aber lediglich ein im Zulassungsverfahren unerheblicher Subsumtionsfehler vorgebracht.

4. Die Kläger haben auch keine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache schlüssig vorgetragen. Sie sind nicht konkret auf die für die Entscheidung des Streitfalls erhebliche Rechtsfrage und ihre Bedeutung für die Allgemeinheit eingegangen (vgl. zu den Anforderungen Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., § 115 Anm. 61).

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:



Fundstelle(n):
BFH/NV 2002 S. 53 Nr. 1
BAAAA-67631