NWB Nr. 33 vom Seite 2473

Auf dem Prüfstand des Unionsrechts

Professor Dr. Gerhard Kraft | Wirtschaftsprüfer/Steuerberater und Inhaber des Lehrstuhls für Unternehmensbesteuerung an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

EuGH befasst sich mit dem Phänomen „Treaty-Shopping“

Am wird – unterstützt von der NWB Internationales Steuer- und Wirtschaftsrecht (IWB), Organ des YIN, – in Berlin die 1. Jahrestagung des Young IFA Network (YIN) stattfinden. Als eines von dreien widmet sich das mit „Bedeutung und Einwirkung des Europäischen Steuerrechts auf die nationale Rechtsordnung“ überschriebene „Panel 1“ u. a. dem Themenbereich der „Bedeutung der Vorlagebeschlüsse des [i]Hier können Sie sich zur kostenfreien Tagung der YIN anmelden: www.nwb.de/go/YIN-JahrestagungFG Köln zu § 50d Abs. 3 EStG“. In der Einladung angekündigt ist noch, die Relevanz der „a. F. für die aktuelle Fassung sowie für andere Missbrauchsvorschriften im deutschen Recht“ zu diskutieren. Mittlerweile – sprechender Beleg für die Schnelllebigkeit des Internationalen Steuerrechts – hat der 2. Senat des FG Köln die seit dem geltende aktuelle Fassung auf den Prüfstand des Unionsrechts gestellt.

Der zentrale Problemkreis des § 50d Abs. 3 EStG ist bekanntlich die seit Jahrzehnten als „Dauerbrenner“ zu bezeichnende Thematik des „Treaty-Shopping“ bzw. des „Directive-Shopping“. Wurde seitens der deutschen Finanzverwaltung in den Anfängen noch versucht, dem „Treaty-Shopping“ mit der Allzweckwaffe der Missbrauchsnorm des § 42 AO beizukommen, finden sich heute höchst ausdifferenzierte „Anti-Treaty-/Anti-Directive-Shopping-Regelungen“ sowohl in den Doppelbesteuerungsabkommen als auch im nationalen Recht. Exemplarisch zu nennen sind neben Art. 28 des DBA mit den USA die Standard-Bestimmung des § 50d Abs. 3 EStG sowie die Vorschrift des § 50j EStG. Vorläufiger Höhepunkt der Entwicklungen rund um das Phänomen „Treaty-Shopping“ stellt Aktionspunkt 6 – Verhinderung von Abkommensmissbrauch des BEPS-Aktionsplans der OECD vom dar.

Vor diesem Hintergrund wird auch die nunmehr anstehende Befassung des EuGH mit dem Phänomen des „Treaty-Shopping“ einzuordnen sein. Der vorlegende 2. Senat des FG Köln hat seine „erheblichen“ Zweifel daran, ob die aktuelle geltende Fassung des § 50d Abs. 3 EStG dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit hinreichend Rechnung trägt, in seinem Vorlagebeschluss vom ausführlich und wohl begründet. Damit kommt dem Problembereich „Treaty-Shopping“ nunmehr auch unionsrechtliche Strahlkraft zu. Von höchstem Interesse ist dabei, ob und ggf. wie die strukturell gegenläufigen Entwicklungen seitens der OECD und der EuGH-Vorlagen konvergieren oder divergieren. Denn die OECD-Initiativen dürften tendenziell auf eine Ausweitung von „Anti-Treaty-Shopping-Normen“ hinauslaufen. Andererseits ist von der EuGH-Judikatur eher zu erwarten, dass sie den Mitgliedstaaten ein enges Korsett für die nationale Abfassung und die abkommensrechtliche Vereinbarung entsprechender Bestimmungen anlegen wird.

Angesichts dieses Spannungsfelds sind am bei der 1. Jahrestagung des Young IFA Network äußerst anregende Diskussionen zu erwarten.

Gerhard Kraft

Fundstelle(n):
NWB 2017 Seite 2473
SAAAG-53366