Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),
Gründe
I. Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind die Erben nach ihrer 1993 im Alter von 83 Jahren verstorbenen Mutter, Frau M. M war ihrerseits Alleinerbin ihres 1991 im Alter von 80 Jahren verstorbenen Ehemannes, Herrn V. M und V lebten im gesetzlichen Güterstand. V war Gesellschafter der X-GmbH; der Wert dieser Beteiligung betrug 10,2 Mio. DM. Daneben besaß er noch weiteres erhebliches Geld- und Wertpapiervermögen.
Im Jahre 1987 veräußerte M mit Zustimmung von V ein ihr allein gehörendes Grundstück in Z zu einem Verkaufspreis von 2,2 Mio. DM. Die Käufer zahlten den Betrag mit einem Scheck, den V durch die GmbH einziehen und auf einem für ihn bei der GmbH geführten Gesellschafterdarlehenskonto, welches zu diesem Zeitpunkt bereits ein Guthaben von 408 757,29 DM aufwies, gutschreiben ließ. Danach verfügte V über das gesamte Guthaben bei der GmbH, indem er Gelder auf Konten bei verschiedenen Banken —teils auf seinen Namen, teils auf den Namen von ”M oder V"— anlegte oder zum Erwerb von Grundstücken im eigenen Namen verwandte.
Nach dem Tod des V erklärte M in ihrer Erbschaftsteuererklärung das Wertpapiervermögen des V mit 4 283 102 DM sowie die Höhe der sonstigen Kapitalforderungen mit 1 988 698 DM. M machte geltend, ihr gehöre von diesem Vermögen ein Teilbetrag von 2 576 000 DM (2,2 Mio. DM zzgl. Zinsen) allein. Den Erlös aus dem Hausverkauf in Höhe von 2,2 Mio. DM habe sie V nicht schenken wollen, vielmehr sei klar gewesen, dass das Geld weiterhin ihr gehören solle.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) sah in der Überlassung des Verkaufserlöses an V eine freigebige Zuwendung der M an V und setzte durch Schenkungsteuerbescheid vom gegen M Schenkungsteuer in Höhe von 214 500 DM fest.
Der von M eingelegte Einspruch sowie die von den Klägern als Gesamtrechtsnachfolger der M erhobene Klage, mit denen geltend gemacht wurde, es liege keine unentgeltliche Zuwendung der M an V vor, weil M das Bewusstsein gefehlt habe, den V aus ihrem Vermögen zu bereichern, blieben ohne Erfolg.
Das Finanzgericht (FG) hat in seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1998, 1345 veröffentlichten Urteil ausgeführt, es könne nicht festgestellt werden, dass V zur Rückzahlung des Betrages von 2,2 Mio. DM verpflichtet gewesen sei. Es liege zwar nahe, die stillschweigende Vereinbarung eines Treuhandverhältnisses zwischen V und M anzunehmen, weil angesichts des um ein Vielfaches höheren Vermögens des V kein erkennbarer Anlass für eine Zuwendung der M an V in dieser Größenordnung bestanden habe. Der Annahme eines Treuhandverhältnisses stehe aber entgegen, dass V den Geldbetrag mit seinem eigenen Vermögen ”vermischt” habe. Denn für ein Treuhandverhältnis sei die strikte Trennung von Treuhand- und Eigenvermögen des Treuhänders kennzeichnend und erforderlich.
Mit der Revision machen die Kläger Verletzung von § 7 Abs. 1 des Erbschaftsteuergesetzes (ErbStG) 1974 geltend und beantragen, das und den Schenkungsteuerbescheid vom in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom aufzuheben.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
II. Die Revision ist begründet; sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und der angefochtenen Verwaltungsentscheidungen (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung —FGO—).
1. Der Rechtsauffassung des FG, V sei deshalb nicht zur Rückzahlung des ihm von M überlassenen Geldvermögens verpflichtet gewesen, weil er dieses nicht wie ein Treuhänder von seinem eigenen Vermögen getrennt gehalten habe, kann nicht gefolgt werden.
Eine freigebige Zuwendung i.S. des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG 1974 setzt in objektiver Hinsicht voraus, dass die Leistung zu einer Bereicherung des Bedachten auf Kosten des Zuwendenden führt und die Zuwendung (objektiv) unentgeltlich ist (vgl. , BFHE 173, 432, BStBl II 1994, 366). Dies erfordert, dass der Empfänger über das Zugewendete im Verhältnis zum Leistenden tatsächlich und rechtlich frei verfügen kann (vgl. , BFHE 162, 139, BStBl II 1991, 32, m.w.N.). Hierfür kommt es ausschließlich auf die Zivilrechtslage und nicht darauf an, wem —hier: V oder M— nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise das übertragene Vermögen nach § 39 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) zuzurechnen ist. Ist der Empfänger einer Leistung zivilrechtlich zur Rückgewähr des Überlassenen verpflichtet, fehlt es insoweit an einer Bereicherung des Empfängers (siehe auch , BFHE 157, 572, BStBl II 1989, 1034). Ob eine Rückgewährverpflichtung besteht, richtet sich allein nach dem Inhalt des Rechtsverhältnisses, welches der Überlassung des Geldbetrages zugrunde liegt.
Sprechen die Umstände —wovon auch das FG im Streitfall ausgeht— für die Vereinbarung eines Auftragsverhältnisses nach §§ 662 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB), kann das Vorliegen eines Herausgabeanspruchs nach § 667 BGB nicht mit dem Hinweis verneint werden, der Empfänger des Geldvermögens habe dieses nicht getrennt von seinem eigenen Vermögen verwaltet. Dies gilt unabhängig davon, ob der Beauftragte gemäß §§ 947, 948 BGB Eigentümer geworden ist, denn für diesen Fall hat der Beauftragte dem Auftraggeber gemäß § 667 BGB Eigentum nach sachenrechtlichen Grundsätzen zu verschaffen, Forderungen und Rechte sind zu übertragen. Zivilrechtlich kann es dem Beauftragten gestattet sein, den zur Verwaltung überlassenen Geldbetrag zusammen mit seinem eigenen Vermögen zu verwalten, die Herausgabepflicht des Beauftragten betrifft in diesem Fall eine Geldsummenschuld. Auch wenn der Beauftragte nach den Weisungen des Auftraggebers (§§ 662, 665 BGB) verpflichtet sein sollte, das zur Verwaltung übernommene Geldvermögen getrennt von seinem eigenen Vermögen zu halten, änderte ein Verstoß gegen die Weisung des Auftraggebers nichts an der Verpflichtung des Beauftragten zur Rückgewähr.
Darauf, ob ein nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 AO 1977 anzuerkennendes Auftrags- bzw. Treuhandverhältnis und damit möglicherweise wirtschaftliches Eigentum der M vorlag, kommt es hingegen nicht an. Die insoweit zur wirtschaftlichen Zurechnung von Wirtschaftgütern nach § 39 AO 1977 ergangene Rechtsprechung (vgl. z.B. , BFHE 183, 518, BStBl II 1998, 152, m.w.N.) und die (vom FG zitierte) Literatur ist auf erbschaft- und schenkungsteuerrechtliche Vorgänge nicht anwendbar (vgl. , BFHE 137, 188, BStBl II 1983, 179, und vom II R 68/95, BFHE 183, 248, BStBl II 1997, 820).
Das auf einer anderen Rechtsauffassung beruhende Urteil des FG ist deshalb aufzuheben.
2. Die Sache ist spruchreif. Der von den Klägern angefochtene Schenkungsteuerbescheid in der Fassung der Einspruchsentscheidung ist rechtswidrig. Beide Bescheide sind deshalb aufzuheben (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).
Der vom FG festgestellte Sachverhalt rechtfertigt nicht die Annahme, V sei durch die Übergabe des Schecks und die Einziehung der Scheckforderung über sein Konto bei der GmbH auf Kosten der M bereichert worden. Es trifft zwar zu, dass V durch die Einziehung der Scheckforderung in Höhe von 2,2 Mio. DM über sein Darlehenskonto bei der GmbH eine Darlehensforderung gegen diese in Höhe dieses Betrages erlangt und M ihren Anspruch gegen den Käufer auf den Kaufpreis aus dem Hausverkauf verloren hat. Damit ist aber noch nicht die Frage beantwortet, ob V auf Kosten der M bereichert wurde, d.h. ob ein Vermögensübergang von M auf V stattgefunden hat (vgl. , BFH/NV 1999, 618).
Anders als in den Entscheidungen des BFH zu den sogenannten unbenannten oder auch ehebedingten Zuwendungen (vgl. z.B. BFH-Urteil in BFHE 173, 432, BStBl II 1994, 366), in denen es um die Frage ging, ob die Zuwendung eines Ehegatten, die in das Vermögen des anderen Ehegatten übergegangen war, unentgeltlich erfolgt oder mit einer Gegenleistung verknüpft war bzw. in der ehelichen Gemeinschaft ihren Rechtsgrund hatte, geht es im Streitfall bereits um die Vorfrage, ob V über den Erlös aus dem Grundstücksverkauf im Verhältnis zu M tatsächlich und rechtlich frei verfügen konnte. Fehlen, wie im Streitfall, ausdrückliche Vereinbarungen, muss den (objektiven) Umständen des Einzelfalles entnommen werden, ob der Empfänger einer Leistung über das ihm Zugewendete tatsächlich und rechtlich frei verfügen konnte. Dies gilt auch für Ehegatten (vgl. , BFHE 142, 511, BStBl II 1985, 159, 160, zu 1.).
Das FG hat im Streitfall das Vorliegen eines Treuhandverhältnisses (nur) im Hinblick auf § 39 Abs. 2 AO 1977 verneint, im Übrigen aber den von ihm festgestellten Sachverhalt dahin gewürdigt, es liege die Annahme eines stillschweigend vereinbarten Treuhandverhältnisses zwischen V und M nahe. Es verweist insoweit auf das um ein Vielfaches höhere Vermögen des V und ferner darauf, dass M ”insofern keinen erkennbaren Anlass hatte, ihrem Ehemann (V) eine unentgeltliche Zuwendung der in Rede stehenden Größenordnung zu machen”. Insoweit habe, so das FG, ”V den Erlös für die Erblasserin (M) anlegen und verwalten sollen, das Geld im Innenverhältnis also weiterhin der Erblasserin (M) zustehen sollen”. Dem entspricht auch die vom FG herausgestellte Erfahrung, dass unter älteren Eheleuten nicht selten eine Arbeitsteilung derart anzutreffen sei, dass der geschäftlich erfahrenere Ehegatte für die Vermögensanlage allein zuständig ist. An diese weder gegen Denkgesetze noch gegen allgemeine Erfahrungssätze verstoßende und deswegen revisionsrechtlich nicht zu beanstandende Würdigung der objektiven Umstände des Streitfalls durch das FG ist das Revisionsgericht gebunden (§ 118 Abs. 2 FGO).
Da V im Streitfall den Verkaufserlös nur als Treuhänder für M verwaltet hat, konnte er hierüber im Verhältnis zu M tatsächlich und rechtlich nicht frei verfügen. Der Tatbestand des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG 1974 ist somit nicht erfüllt.
Die vom FG aufgeworfene Frage der Feststellungslast stellt sich nicht. Denn diese kann nur dann entscheidungserheblich werden, wenn —was hier nicht der Fall ist— nach der Ermittlung des Sachverhalts durch das FG ungewiss geblieben ist, ob der Leistungsempfänger den fraglichen Geldbetrag geschenkt erhalten hat oder nicht.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Verwaltungsanweisungen:
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2001 S. 908 Nr. 7
DStRE 2001 S. 656 Nr. 12
TAAAA-66828