StuB Nr. 12 vom Seite 1

Kernbrennstoffsteuer nun verfassungswidrig und nichtig – die richtige Entscheidung?

StB Prof. Dr. Tina Hubert | Hochschule Trier

Am hat das BVerfG seinen Beschluss vom - 2 BvL 6/13 NWB DAAAG-46966 veröffentlicht, die Kernbrennstoffsteuer für nicht mit dem Grundgesetz vereinbar und damit für nichtig zu erklären: Die Steuer, die von 2011 bis Ende 2016 erhoben wurde, ist keine Verbrauchsteuer. Dem Bundesgesetzgeber fehlte daher die Gesetzgebungskompetenz zum Erlass des KernbrStG.

Die Kernbrennstoffsteuer – auch „Brennelementesteuer“ oder „Atomabgabe“ genannt – bemisst sich am Gewicht der Brennelemente und fällt bei Neueinsatz im Kraftwerk an (etwa alle drei bis vier Jahre). Der Steuertarif beträgt 145 €/g Brennstoff. Im Zeitraum 2011 bis 2016 erzielte der Bund hieraus Steuereinnahmen i. H. von 6,285 Mrd € (vgl. BMF, Monatsbericht Januar 2017, abrufbar unter http://www.bundesfinanzministerium.de). Unabhängig davon, ob die Abgabe eher als Bagatellsteuer betrachtet wird, bestehen die inhaltlich sinnvollen Gründe, die bei ihrer Einführung galten, weiterhin fort (FÖS 9/2016, Kurzanalyse im Auftrag von Naturstrom AG, abrufbar unter http://www.foes.de):

  • Seit Jahrzenten profitiert die Atomenergie von hohen staatlichen Förderungen. Zwischen 1970 und 2014 belaufen sich diese auf 219 Mrd €, wovon rd. 190 Mrd € dem Bereich der Stromerzeugung (BRD) zuzurechnen sind. Darin sind auch Folgekosten z. B. durch Rückbau von Kraftwerken und Sanierung der Schachtanlage Asse II enthalten, die von der öffentlichen Hand getragen werden. Hinzu kommt die potenziell unzureichende finanzielle Absicherung der Konzerne für langfristige Folgekosten der Atomenergie.

  • Der EU-weite Zertifikathandel für CO2-Emissionen deckt die Atomenergie nicht ab und es gibt in dem Bereich keine vergleichbare Lösung zur verursachergerechten Beteiligung der Erzeuger an Risiken und Folgekosten. Da der Strompreis aufgrund des Emissionshandels steigt, kommen die AKW-Betreiber in den Genuss sog. „leistungsloser Zusatzgewinne“. Die Kernbrennstoffsteuer stellt damit keine Diskriminierung dar, sondern wirkt sogar ausgleichend auf einen verzerrten Wettbewerb.

Das BVerfG legt in seiner Entscheidung einen sehr engen Begriff der Verbrauchsteuern an. Für eine weitere Auslegung des Verbrauchsteuerbegriffs und somit verfassungskonforme Atomsteuer sprechen sich hingegen Bundesregierung, BFH und FG Baden-Württemberg ( NWB DAAAG-46966, Rz. 30 bis 45) sowie etliche Stimmen in der Literatur (z. B. Hartmann, DStZ 2012 S. 205 ff., und Wernsmann, NVwZ 2011 S. 1367 ff.) aus. Auch hat jüngst erst der EuGH in seinem Urteil vom - C-5/14 NWB HAAAE-97098 die Steuer mit dem Unionsrecht für vereinbar erklärt.

Die Kernbrennstoffsteuer ist von Beginn an finanzverfassungsrechtlich gerechtfertigt (gewesen). In der kommenden Wahlperiode sollte sie daher umgehend wieder eingeführt und dann idealerweise bis zum Abschalten der letzten Atomkraftwerke im Jahre 2022 erhoben werden.

Tina Hubert

Fundstelle(n):
StuB 12/2017 Seite 1
NWB FAAAG-47557