BFH Urteil v. - XI R 74/00

Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),

Gründe

I. Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) betreibt u.a. eine Gaststätte, in der er in der Zeit zwischen Februar 1994 und Oktober 1995 umfangreiche Renovierungsmaßnahmen durchführen ließ. Hierfür und für die Anschaffung verschiedener Wirtschaftsgüter wendete er insgesamt 238 780 DM auf. Davon entfielen 14 027 DM auf das Streitjahr 1995.

Am hatte der Kläger Verhandlungen mit der Bank über ein Darlehen in Höhe von 200 000 DM aufgenommen, weil er seinerzeit die Absicht hatte, die Renovierungsaufwendungen fremd zu finanzieren. Am wurde der Darlehensvertrag abgeschlossen, der keine Zweckbindung enthielt. Die Darlehensvaluta wurde dem betrieblichen Kontokorrentkonto des Klägers am gutgeschrieben, so dass dieses ein Guthaben von rd. 443 000 DM auswies. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Kläger die Aufwendungen für die Renovierungsarbeiten u.a. bereits aus liquiden Mitteln seines Unternehmens bestritten.

Am hob der Kläger von seinem betrieblichen Kontokorrentkonto einen Betrag in Höhe von 250 000 DM zur Anlage als Festgeld ab. Diesen Vorgang behandelte er als Entnahme. Der als Festgeld angelegte Betrag wurde in der Folgezeit zur Errichtung eines privaten Zwecken dienenden Gebäudes verwendet.

Die für das Darlehen im Streitjahr aufgewendeten Schuldzinsen in Höhe von 6 996,25 DM behandelte der Kläger als Betriebsausgaben. Dem folgte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt —FA—) —im Anschluss an eine Außenprüfung— nicht. Der Einspruch des Klägers blieb trotz Vorlage einer Bestätigung der Bank, wonach der ”Verwendungsnachweis (Rechnungen) zur Modernisierung und Ausstattung der Gaststätte…ordnungsgemäß vorgelegt” worden sei, erfolglos.

Der hiergegen erhobenen Klage gab das Finanzgericht (FG) statt (Entscheidungen der Finanzgerichte —EFG— 2000, 986).

Mit seiner Revision rügt das FA Verletzung des § 4 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) und beantragt, unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Klage als unbegründet abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Am erging aufgrund des § 53 EStG ein Änderungsbescheid in Sachen Einkommensteuer, den der Kläger, vertreten durch eine Steuerberatungs-GmbH, mit Schriftsatz vom zum Gegenstand des Verfahrens erklärt hat. Die Beteiligten haben übereinstimmend erklärt, dass sich der Streitstoff durch den Änderungsbescheid nicht geändert hat.

II. Die Revision des FA ist begründet. Die Entscheidung des FG ist wegen Verletzung des § 4 Abs. 4 EStG aufzuheben. Die Sache ist an das FG zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der FinanzgerichtsordnungFGO—).

1. Der Kläger hat den während des Revisionsverfahrens ergangenen Einkommensteueränderungsbescheid wirksam nach § 68 FGO a.F. zum Gegenstand des Verfahrens erklärt. Da die Erklärung, einen geänderten Bescheid zum Gegenstand des Verfahrens zu machen, nicht dem Vertretungszwang i.S. des Art. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs (BFHEntlG) unterlag und daher auch von einem Kläger persönlich erklärt werden konnte (vgl. , BFHE 165, 324, BStBl II 1992, 37), konnte sie auch vor In-Kraft-Treten des § 62a Abs. 2 FGO n.F. von einer Steuerberatungs-GmbH abgegeben werden.

2. Die Zinsen für das Darlehen können nur insoweit durch die Renovierungsarbeiten in der Gaststätte und die Anschaffung von betrieblich genutzten Wirtschaftsgüter veranlasst gewesen sein, als diese Aufwendungen im Zeitpunkt des Zuflusses des Darlehens noch nicht bezahlt waren.

Betriebsausgaben sind nach § 4 Abs. 4 EStG nur solche Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlasst sind. Die für den Betriebsausgabenabzug erforderliche betriebliche Veranlassung von Schuldzinsen ist dann gegeben, wenn die Zinsen für eine Verbindlichkeit geleistet werden, die durch den Betrieb veranlasst ist und deshalb zum Betriebsvermögen gehört. Für die Bestimmung des Veranlassungszusammenhangs ist allein die Verwendung des Darlehensbetrages ausschlaggebend (vgl. Beschlüsse des Großen Senats des , BFHE 184, 7, BStBl II 1998, 193; vom GrS 2-3/88, BFHE 161, 290, BStBl II 1990, 817; , BFH/NV 1998, 1299; vom X R 105/92, BFHE 186, 555, BStBl II 1999, 81). Für bereits mit Eigenmitteln bezahlte betriebliche Aufwendungen kann ein Darlehen nicht mehr verwendet werden (vgl. Schmidt/Heinicke, Einkommensteuergesetz, 20. Aufl., § 4 Rdnr. 241).

Da es auf den tatsächlichen Verwendungszweck der Darlehensvaluta ankommt, ist die Absicht des Steuerpflichtigen, die Aufwendungen fremd zu finanzieren, unbeachtlich. Der betriebliche Veranlassungszusammenhang wird auch nicht dadurch hergestellt, dass die Darlehensmittel einem betrieblichen Konto gutgeschrieben und von dort der privaten Verwendung (Entnahme) zugeführt wurden (vgl. , BFHE 164, 46, BStBl II 1991, 516; vom IV R 46/86, BFHE 163, 551, BStBl II 1991, 514). Da der gesetzliche Tatbestand an den im Einzelfall verwirklichten Sachverhalt anknüpft (§ 38 der AbgabenordnungAO 1977—), kommt es auf die Frage, ob, ggf. welche anderweitigen Gestaltungsmöglichkeiten offen standen, nicht an.

3. Das FG wird nunmehr im 2. Rechtsgang klären müssen, ob das am auf dem betrieblichen Konto gutgeschriebene Darlehen am ganz oder teilweise zur Festgeldanlage verwendet wurde (vgl. z.B. , BFH/NV 2001, 1065) und die Darlehenszinsen insoweit als Werbungskosten nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG bei den Einkünften aus Kapitalvermögen zu berücksichtigen sind, verneinendenfalls, zu welchen betrieblichen oder privaten Zwecken der auf dem betrieblichen Konto verbliebene Darlehensbetrag in der Folgezeit tatsächlich verwendet wurde.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:



Fundstelle(n):
BFH/NV 2002 S. 188 Nr. 2
DAAAA-66602