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Finanzgericht Hamburg Urteil v. - 3 K 36/16

Gesetze: AO § 8AO § 9AO § 10AO § 11AO § 90 Abs. 2AO § 122AO § 164AO § 169AO § 171FGO § 47FGO § 54FGO § 55FGO § 56FGO § 76FGO § 93EStG § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 EStG § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 KStG § 8 Abs. 3 S. 2DBA Russland Art. 4 OECD-MA Art. 4

Finanzgerichtsordnung: Versäumte Klage- oder Rechtsmittelfrist Internationales Steuerrecht: Ansässigkeit Einkommensteuer/Körperschaftsteuer: Mittelbare verdeckte Gewinnausschüttung Abgabenordnung: Steuerfestsetzungs-Verjährung

Leitsatz

I:

Neben der dem der angefochtenen Einspruchsentscheidung angehängten Rechtsmittelbelehrung und der gerichtlichen Mitteilung des Klageeingangs ist das Gericht zu keinem weiteren Hinweis auf den Fristablauf verpflichtet; auch nicht bei weiterer Verfahrensförderung.

II.

1. Aus der bloßen Überlassung einer Wohnung zu Studienzwecken ergibt sich keine ständige Wohnstätte.

2. Bei der Bestimmung des Lebensmittelpunkts gemäß persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen ist eine Sportclub-Mitgliedschaft nachrangig, stehen geringere Sprachkenntnisse nicht entgegen und betrifft ein Studium im beruflichen Interesse nicht die persönlichen, sondern die wirtschaftlichen Beziehungen.

3. Bei der zusammenfassenden Würdigung der persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen können die zeitlichen Aspekte berücksichtigt werden, die z. B. gemäß Kartenzahlungs-Kontoauszügen und ferner durch Passstempel belegt sind.

4. Trotz Sitzes und formeller Liquidation einer Kapitalgesellschaft im Ausland ist diese bei tatsächlicher inländischer Geschäftsleitung durch ihren bisherigen Direktor als faktischen Geschäftsführer hier steuerpflichtig.

III.

1. Eine vGA liegt auch dann - mittelbar - vor, wenn der Vermögensvorteil von der Tochterkapitalgesellschaft auf abgekürztem Weg dem Gesellschafter der Mutterkapitalgesellschaft zugewandt wird.

2. Bei belegtem Geldeingang auf vom Steuerpflichtigen bestimmten Schweizer (Treuhand-) Konten obliegt ihm im Rahmen seiner erhöhten Auslands-Mitwirkungspflicht der Nachweis des weiteren Verbleibs.

3. Die vGA - durch Vorenthaltung und Entzug des Erlöses aus dem Verkauf von Anlagevermögen - ist bewiesen aufgrund mangelnder Nachvollziehbarkeit im Sinne einer ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsführung:

a) bei mangels Bankbelegen über den Geldverbleib ungewöhnlicher Geschäftsabwicklung oder ungewöhnlichen Bargeschäften;

b) bei Einschaltung von Personen oder Rechtsträgern im Ausland - mangels eines sonst erkennbaren Grunds - als Treuhänder (vgl. opencorporates.com/officers) oder zur Verdeckung des wirtschaftlich Berechtigten;

c) bei Zwischenschaltung ausländischer Domizilgesellschaften (vgl. opencorpo-rates.com/companies);

d) bei Scheingestaltungen oder Scheingeschäften;

e) bei danach in den Händen des beherrschenden Gesellschafters endender Verfügbarkeit der Gesellschaft;

f) bei mangels Vorhandenseins einer anderen wirtschaftlich entscheidungsbefugten Person allein möglicher Schlussfolgerung auf einen Verbleib beim Gesellschafter als wirtschaftlich Berechtigten.

IV.

Soweit und solange der Ablauf der Festsetzungsverjährung gemäß § 171 Abs. 5 AO infolge Steuerfahndungs-Ermittlungen gehemmt ist, entfällt auch nicht die Änderungsbefugnis aufgrund Nachprüfungsvorbehalt gemäß § 164 Abs. 2 AO.

Fundstelle(n):
GAAAG-41200

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