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Neuregelung des Begünstigungssystems für Betriebsvermögen nach der Erbschaftsteuerreform 2016
Datenbank
Schmidt/Leyh, Begünstigungssystem für Betriebsvermögen im Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht vor der Erbschaftsteuerreform 2016, Grundlagen, NWB DokIDNWB IAAAE-39381;
Erbschaftsteuerreform 2016 – Gegenüberstellung altes und neues Recht, Arbeitshilfe, NWB DokID NWB HAAAF-83357;
Zeitschriften
Althoff, Verwaltungsvermögen nach der Erbschaftsteuerreform - Die ständige Angst vor dem Gestaltungsmissbrauch, NWB 28/2019 S. 2034;
Bäuml/Kummer, Unternehmensübertragungen nach der Erbschaftsteuerreform 2016 - Darstellung der neuen Rechtslage auf Basis ausgewählter Fallbeispiele, NWB 51/2016 S. 3880;
Bäuml, Erbschaftsteuerreform 2016 – Überblick über die gesetzlichen Neuregelungen aus Sicht der Praxis, NWB 47/2016 S. 3516;
Bäuml, Verzögerung der Erbschaftsteuerreform: ein latentes Problem für die Praxis der Nachfolgeberatung, NWB 31/2016 S. 2331;
Bäuml/Vogel, Die erbschaftsteuerliche Bedürfnisprüfung im Kontext des Verfassungsrechts und des EU-Beihilferechts, BB 2015 S. 736;
Bilsdorfer, Die neue Erbschaftsteuer – nach Karlsruhe oder schon wieder vor Karlsruhe?, ZRP 2016 S. 9;
Crezelius, Erbschaftsteuerreform 2016: Ein rechtssystematischer Überblick, ZEV 2016 S. 541;
Eisele, Unternehmenserbschaftsteuerrecht: Die Anwendungserlasse zur Umsetzung der Erbschaftsteuerreform 2016 – Teil 1: Begünstigungsregime, Vorwegabschlag für Familienunternehmen, modifizierter Verwaltungsvermögensbegriff, ;
Eisele, Unternehmenserbschaftsteuerrecht: Die Anwendungserlasse zur Umsetzung der Erbschaftsteuerreform 2016 - Teil 2: Abschmelzmodell, Stundungsregelung sowie Verschonungsbedarfsprüfung, ;
Eisele, Reform der Erbschaftsteuer – Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat einigt sich auf Neuregelung, ;
Eisele, Reform der Erbschaftsteuer: Gesetzgebungsverfahren geht in die Verlängerung – Bundesrat ruft Vermittlungsausschuss an, NWB 29/2016 S. 2173;
Erkis, Die Neuregelung des Verschonungssystems für Betriebsvermögen im ErbStG – Vorgaben des umgesetzt?, DStR 2016 S. 1441;
Geck, Erbschaftsteuerreform 2016: Die neuen Voraussetzungen der Verschonung von Unternehmensvermögen unter Einschluss der Nachsteuertatbestände, ZEV 2016 S. 546;
Hannes, Erbschaftsteuerreform 2016: Neuregelungen zur Bewertung und zum Umfang der Verschonung, ZEV 2016 S. 554;
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Höne, Erbschaftsteuerreform: Finanzverwaltung veröffentlicht koordinierten Ländererlass - Überblick über die wichtigsten Regelungen des koordinierten Ländererlasses vom , ;
Höne, Vorwegabschlag und „neue“ Optionsverschonung nach der Erbschaftsteuerreform - Besonderheiten, die es zu beachten gilt, NWB-EV 3/2017 S. 82;
Höne, Erbschaftsteuerreform 2016 - Ende gut – alles gut!?, NWB-EV 10/2016 S. 336;
Höne, Erbschaftsteuerreform: Ermittlung des begünstigten Vermögens - Der Weg durch das Labyrinth, NWB-EV 9/2016 S. 30;
Höne, Die Erbschaftsteuerreform: Am Ende wird alles gut - Wenn es nicht gut ist, ist es noch nicht das Ende!..., NWB-EV 8/2016 S. 267 Vermittlungsausschuss vertagt Beratungen zur Erbschaftsteuer, NWB 38/2016 S. 2851;
Hubert, Anwendung des reformierten Unternehmenserbschaftsteuerrechts im Überblick,
Korezkij, Neuer Verwaltungsvermögenstest im Konzern aus der Sicht eines Rechtsanwenders – Der Weg vom begünstigungsfähigen zum begünstigten Vermögen nach § 13b Abs. 2 - 10 ErbStG, DStR 2016 S. 2434;
Korezkij, Erbschaftsteuerreform: Finger weg vom Abschmelzungsmodell bei Erwerben begünstigten Vermögens ab 51 Mio. €!, DStR 2017 S. 189;
Kotzenberg/Jülicher, Erbschaftsteuerreform: Die gesetzlichen Neuregelungen für die Unternehmensnachfolge, GmbHR 2016 S. 1135;
Mannek/Johannes, Erbschaftsteuerliche Behandlung unternehmerischen Vermögens - Berechnung des steuerpflichtigen Vermögens bei der Übertragung einer Beteiligung an einer Personengesellschaft, NWB 45/2017 S. 3432;
Oppel, Ende gut, alles gut? – Überblick über die Neuregelung der sachlichen Steuerbefreiungen für Unternehmensvermögen im ErbStG, SteuK 2016 S. 469;
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Ramb, Erbschaftsteuerreform 2016 – Neue Verschonungsregelungen für Anteile an Personen- und Kapitalgesellschaften, ;
Reich, Das neue Unternehmenserbschaftsteuerrecht, BB 2016 S. 2647;
Reich, Unternehmenserbschaftsteuerreform – Das BVerfG erhöht den Druck auf den Gesetzgeber, BB 2016 S. 1879;
Saecker/Gelhaar, Erbschaftsteuerliche Behandlung unternehmerischen Vermögens - Berechnungsschema in §§ 13a und 13b ErbStG und Gestaltungsvarianten, ;
Stalleiken, Erbschaftsteuerreform 2016, Überblick über das neue Unternehmens-Erbschaftsteuerrecht, Ubg 2016 S. 569;
Söffing, Das Erbschaftsteuerreformgesetz 2016, ErbStB 2016 S. 235;
Thonemann-Micker, ErbSt-Reform: Das Ergebnis des Vermittlungsausschusses – Überblick und erste Analyse aus Sicht der Praxis, DB 2016 S. 2312;
Viskorf/Löcherbach/Jehle, Die Erbschaftsteuerreform 2016 – Ein erster Überblick, DStR 2016 S. 2425.
Weber/Schwind, Vorababschlag für Familienunternehmen gem. § 13a Abs. 9 ErbStG: Vorschläge für eine gesellschaftsvertragliche Umsetzung, ZEV 2016 S. 688;
Wachter, Sind die geplanten Verschonungsregelungen im deutschen ErbStG europarechtswidrige Beihilfen?, DB 2016 S. 1273;
Wachter, Erste Konturen des neuen Erbschaftsteuerrechts, FR 2016 S. 690;
Wachter, Neuer Vorab-Abschlag beim Erwerb von Anteilen an qualifizierten Familienunternehmen, NZG 2016 S. 1168;
Wälzholz, Gestaltungsüberlegungen auf Grundlage des erbschaftsteuerlichen Anwendungserlasses - Erbschaftsteuerreform - Koordinierter Ländererlass vom , ;
Zipfel/Lahme, Anwendungsregelungen des neuen Erbschaftsteuergesetzes und Einbeziehung vor dem erfolgter Übertragungen in die Großunternehmensregelungen, DStZ 2016 S. 566;
Kommentare und Bücher
Daragan, in Daragan/Halaczinsky/Riedel, Praxiskommentar Erbschaftsteuergesetz und Bewertungsgesetz, 2. Auflage, 2012;
Henssler/Strohn, Beck´sche Kurzkommentare Gesellschaftsrecht, 3. Auflage, 2016;
Höreth/Stelzer, Unternehmensnachfolge nach der Erbschaftsteuerreform 2016, BDI, EbnerStolz, Stollfuß Verlag 2016;
Jülicher, in Troll/Gebel/Jülicher, Kommentar zum Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz mit Bewertungsrecht und Verfahrensrecht, Stand (51. Ergänzungslieferung);
Riedel, in Daragan/Halaczinsky/Riedel, Praxiskommentar Erbschaftsteuergesetz und Bewertungsgesetz, 2. Auflage, 2012;
Eisele, Erbschaftsteuerreform 2016, 1. Auflage 2017, NWB Verlag Herne, ISBN: 978-3-482-66401-4;
A. Problemanalyse
1Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts („BVerfG“)
Mit Urteil vom hatte das BVerfG die §§ 13a, 13b und 19 Abs. 1 ErbStG a. F. für verfassungswidrig erklärt. Die Privilegierung des Betriebsvermögens bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer war in ihrer damaligen Ausgestaltung nicht in jeder Hinsicht mit Art. 3 Abs. 1 GG (allgemeiner Gleichheitsgrundsatz) vereinbar.
Die Vorschriften waren zunächst weiter anwendbar; der Gesetzgeber hatte jedoch den Auftrag, bis zum eine Neuregelung zu treffen.
Mit dieser Entscheidung hat das BVerfG nach 1995 und 2006 zum dritten Mal Teile des ErbStG für verfassungswidrig erklärt.
2Gesetzgebungsverfahren
Am wurde vom Bundeskabinett der Regierungsentwurf eines „Gesetzes zur Anpassung des Erbschaft- und Schenkungsteuergesetzes an die Rechtsprechung des BVerfG“ beschlossen, zu dem der Bundesrat kritisch Stellung genommen hat. Die Bundesregierung hielt jedoch am Entwurf fest. Dann stockte das Gesetzgebungsverfahren. Erst im Februar 2016 hatten sich Vertreter der Regierungskoalition auf ein nicht veröffentlichtes dreiseitiges Konzeptpapier verständigt. Diese (vermeintliche) Einigung wurde aber wenige Tage später durch einen acht Punkte umfassenden Forderungskatalog der Bayerischen Staatsregierung und der CSU wieder in Frage gestellt. Nach mehreren Treffen der Koalitionsspitzen wurde schließlich am eine Einigung erzielt. Nach monatelangem Ringen hatte dann der Bundestag am einen auf Basis der Einigung im Juni 2016 angepassten Gesetzentwurf in der 2. und 3. Lesung beschlossen. Da der Bundesrat am die Zustimmung verweigerte und den Vermittlungsausschuss angerufen hatte, war klar, dass die vom BVerfG gesetzte Neuregelungsfrist überschritten und nicht mehr eingehalten werden würde.
Das BVerfG ließ mit Pressemitteilung vom verlauten, dass sich der zuständige 1. Senat nach der Sommerpause (Ende September) mit dem weiteren Vorgehen im Normenkontrollverfahren um das ErbStG befassen werde und baute damit einen gewissen Einigungsdruck auf.
Nach intensiven Verhandlungen einigte sich am der Vermittlungsausschuss auf eine Beschlussempfehlung. Dieser Beschlussempfehlung stimmte am der Bundestag und am der Bundesrat zu. Das Gesetz ist am im Bundesgesetzblatt veröffentlicht worden.
3Verfassungswidrigkeit der Neuregelungen?
Die Neuregelungen sind in vielen Bereichen angreifbar. Nach unserem Verständnis sind insbesondere (nicht abschließend) verfassungsrechtlich kritisch zu sehen:
die Rückwirkungsthematik (§ 37 Abs. 12 ErbStG und § 205 BewG),
die Regelung zum Vorab-Abzug bei qualifizierten Familienunternehmen (§ 13a Abs. 9 ErbStG), und
die konkrete Ausgestaltung der Begünstigungssystematik für Erwerbe bis und über 26 Mio. €.
Wir gehen davon aus, dass sich das BVerfG mit der Reform des Begünstigungssystems für Betriebsvermögen im Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht erneut wird beschäftigen müssen.
4Neuregelungen des deutschen ErbStG als europarechtswidrige Beihilfen?
Der Begriff der Beihilfe ist im europäischen Primär- und Sekundärrecht nicht näher definiert. Folgende vier Voraussetzungen sind jedoch charakteristisch:
staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Maßnahmen,
Wettbewerbsverfälschung,
Beeinträchtigung des Binnenhandels, und
Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige (Selektivität).
Mit Ausnahme des umstrittenen Kriteriums der Selektivität erfüllen die deutschen Verschonungsregelungen im ErbStG wohl sämtliche Merkmale einer Beihilfe. Wie ein entsprechendes Verfahren vor der EU-Kommission oder dem EuGH ausgehen könnte, lässt sich derzeit kaum vorhersagen. Insbesondere die Komplexität der Verschonungsregelungen spricht jedoch tendenziell für einen Beihilfecharakter.
Zum Schutz des innergemeinschaftlichen Wettbewerbs sind Beihilfen grundsätzlich verboten. Bei der Kontrolle von Beihilfen ist zwischen bereits bestehenden (--> repressive Kontrolle) und neu eingeführten Beihilfen (--> präventive Kontrolle) zu unterscheiden.
Die Verschonungsregelungen des deutschen ErbStG wären als neue Maßnahmen i. S. des EU-Beihilferechts zu qualifizieren, sodass ein striktes Durchführungsverbot gelten würde.
In den Gesetzgebungsunterlagen finden sich keinerlei Ausführungen, ob die künftigen erbschaftsteuerlichen Verschonungsregelungen für den Erwerb von unternehmerischem Vermögen eine (unzulässige) Beihilfe darstellen könnten. Auch die Entscheidung des BVerfG hat sich hiermit nicht beschäftigt. Es ist nicht ersichtlich, dass die Bundesrepublik Deutschland die EU-Kommission bislang über die (bisherigen und neuen) Verschonungsregelungen im ErbStG informiert, oder ein beihilferechtliches Genehmigungsverfahren durchgeführt hat.
Falls es sich bei den Verschonungsregelungen im deutschen ErbStG um eine Beihilfe handeln sollte, dürften diese nicht angewandt werden. Das strikte Durchführungsgebot gilt unabhängig davon, ob die Beihilfe materiell-rechtlich zulässig oder unzulässig ist. Beihilfen, die gleichwohl gewährt worden sind, müssten zurückgefordert werden. Bei den Erwerbern von Unternehmen käme es dann zu entsprechenden Nachversteuerungen (ohne Anwendung der Verschonungsregelungen). Dabei gilt grundsätzlich eine Verjährungsfrist von zehn Jahren. Eine Nachversteuerung müsste wohl selbst dann erfolgen, wenn deutsche Finanzbehörden zuvor eine verbindliche Auskunft erteilt hätten (§ 89 AO).
In Schenkungsverträgen sollte ein Widerrufs-/Rückforderungs-Tatbestand im Hinblick auf eine etwaige Beihilfe vorgesehen werden. Dies hätte dann zur Folge, dass der Schenkungsgegenstand im worst-case „zurückfällt“ und die Schenkungsteuer erlischt (§ 29 ErbStG).
5Inhalt des Beitrags
Der folgende Beitrag gibt unter B. einen Gesamtüberblick über das „neue“ Begünstigungssystem für Betriebsvermögen im Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht.
Zunächst wird der zeitliche Anwendungsbereich der neuen Regelungen behandelt (Rn. 15 ff.). Unter Rn. 25 ff. werden dann die wesentlichen Änderungen und die „neue“ Begünstigungssystematik kurz skizziert. Im Anschluss daran beschäftigt sich der Beitrag unter Rn. 40 ff. mit dem sog. begünstigungsfähigen Vermögen, bevor der Beitrag nach Ausführungen zum sog. 90-%-Test (Rn. 60 ff.) sich der konkreten Ermittlung des begünstigten Vermögens widmet (Rn. 71 ff.). Anhand von eingerahmten Formeln werden die einzelnen (Prüfungs-) Schritte am Beispiel eines vererbten Einzelunternehmens (ohne Verbundaufstellung) aufgezeigt.
Die Berechnungsformeln basieren auf den derzeit vorliegenden Erkenntnissen. Wegen der Komplexität und der fehlenden klarstellenden Regelungen der Finanzverwaltung handelt es sich um eine mögliche Berechnungsalternative. Es ist nicht auszuschließen, dass sich eine abweichende Auffassung in Literatur, Rechtsprechung und/oder Finanzverwaltung durchsetzen wird.
Rn. 211 ff. beinhalten schließlich Ausführungen zur sog. Verbundvermögensaufstellung, welche neu bei Konzernstrukturen anzufertigen ist. Aus Gründen der Übersichtlichkeit wird diese Thematik kurz gesondert dargestellt und im Rahmen dieses Grundlagenbeitrags auch nur rudimentär behandelt.
Einzelheiten zum Vorab-Abschlag für bestimmte Familienunternehmen (Rn. 221 ff.), zur Verschonung von Erwerben ≤ 26 Mio. € und > 26 Mio. € (Rn. 291 ff. und Rn. 376 ff.) wie auch zur Stundungsregelung in § 28 ErbStG (Rn. 436 ff.) werden im Anschluss daran behandelt. Unter Rn. 441 folgt schließlich eine erste Einschätzung. Der Beitrag endet mit Hinweisen auf diverse Arbeitshilfen (C.).
Für Erwerbe, für welche die Steuer vor dem entstanden ist, gilt prinzipiell das „alte“ Recht, mit der Folge, dass insoweit grundsätzlich auf den Grundlagenbeitrag Schmidt/Leyh, „Begünstigungssystem für Betriebsvermögen im Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht vor der Erbschaftsteuerreform 2016“ verwiesen werden kann.
6-14 Einstweilen frei