NWB Nr. 4 vom Seite 233

ErbSt/SchenkSt im zivilrechtlichen Abseits?

Reinhild Foitzik | Verantw. Redakteurin | nwb-redaktion@nwb.de

In der Diskussion – die Personengesellschaft als Trägerin ihres Vermögens

Die zivilrechtliche Einordnung der Personengesellschaft (GbR, KG, OHG) als Trägerin ihres Vermögens einerseits und die erbschaft- und schenkungsteuerliche Behandlung der freigebigen Zuwendung sowie des Erwerbs von Todes wegen von oder an Personengesellschaften andererseits haben sich im Laufe der Zeit wiederholt geändert. Die Einordnung hat Einfluss auf die Beantwortung der Frage, wer von wem zivilrechtlich und damit auch im Sinne des Erbschaftsteuergesetzes einen Vermögensgegenstand erwirbt. Danach richten sich ebenfalls die Antworten auf die Fragen, wer als bereichert gilt und welche schenkung- und erbschaftsteuerlichen Freibeträge ggf. zur Anwendung gelangen. Offen ist auch die Frage, ob die Begünstigungsvorschriften des Erbschaftsteuergesetzes von der Personengesellschaft, ihren Gesellschaftern oder Dritten in Anspruch genommen werden können.

Zivilrechtlich ist soweit alles geklärt. Die Personengesellschaft ist Trägerin ihres Vermögens. Die Gesellschafter sind wiederum Träger ihres eigenen Vermögens. Es findet also eine strikte Trennung zwischen dem Vermögen der Personengesellschaft und dem Vermögen ihrer Gesellschafter statt. Die Personengesellschaft kann Schenker, Beschenkter oder Erbe sein. Im Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht sieht das ganz anders aus. Eine ausdrückliche gesetzliche Regelung, wer Träger des Vermögens einer Personengesellschaft ist, gibt es im Steuerrecht nicht. Hatten sich der Reichsfinanzhof und der Bundesfinanzhof bis in die 1980er Jahre hinein in Anlehnung an das Zivilrecht noch dafür ausgesprochen, dass bei unentgeltlicher Übertragung von Vermögen von oder auf eine Personengesellschaft Erwerber und Steuerschuldner die Personengesellschaft ist, so hat der Bundesfinanzhof im Jahr 1994 eine Kehrtwendung gemacht und die Rechtsprechung jeweils profiskalisch auf den Einzelfall ausgerichtet. Abweichend vom Zivilrecht seien bei Übertragungen von Vermögen von oder an eine Personengesellschaft nun die Gesellschafter als vermögensmäßig bereichert oder entreichert zu betrachten und als Bereicherte auch Schuldner der Erbschaft- und Schenkungsteuer. Neben der wirtschaftlichen Betrachtungsweise wird auch gern der von der Finanzverwaltung angenommene Parteiwille zugrunde gelegt.

Dieser steuerliche Durchgriff durch die Personengesellschaft aber, so argumentieren Borggräfe/Staud in ihrem Diskussionsbeitrag auf eingehend, widerspricht dem Zivilrecht. Ihrer Ansicht nach bedürfen die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs und die ihr folgende Praxis der Finanzverwaltung daher dringend einer Korrektur, will sie nach heutigem Verständnis gesetzeskonform sein.

Beste Grüße

Reinhild Foitzik

Fundstelle(n):
NWB 2017 Seite 233
NWB FAAAG-14907