Mitwirkungspflichten und Schätzungsbefugnis bei angeblichem Auslandskonto des Steuerpflichtigen
Leitsatz
1. Zwar spricht eine allgemeine Lebenserfahrung dafür, dass hohe Geldbeträge, wenn sie nicht alsbald benötigt werden, zins-
und ertragsbringend angelegt werden. Dies allein begründet aber im Allgemeinen noch keine Schätzungsbefugnis des FA für den
Ansatz von Kapitaleinkünften. Hinzukommen müssen vielmehr weitere Umstände, die nahelegen, dass derartige Beträge tatsächlich
zinsbringend angelegt worden sind.
2. Die Finanzbehörden tragen für die Verwirklichung der gesetzlichen Tatbestände der Einnahmeerzielung die objektive Beweislast.
Daran ändert auch die in § 90 Abs. 2 AO den Steuerpflichtigen allgemein auferlegte erhöhte Mitwirkungspflicht bei Auslandssachverhalten
nichts, wenn dem Finanzamt bereits auf der Stufe vorher ein zur Überzeugungsbildung des Gerichts ausreichender Nachweis für
eine bestehende Geschäftsbeziehung des Steuerpflichtigen zu einer ausländischen Bank nicht gelungen ist.
3. Es besteht keine Verpflichtung eines Steuerpflichtigen, nachzuweisen, dass er im Ausland kein Konto unterhält.
4. Gibt es keinerlei tatsächliche Feststellungen oder anderweitige Anhaltspunkte dafür, dass dem Kläger ein ausländisches
Depot zuzuordnen wäre und er hieraus nicht erklärte Kapitaleinkünfte erzielt hätte, so schließt es der Grundsatz „in dubio
pro reo” aus, die gerichtliche Schätzung hinterzogener Steuern entsprechend den allgemeinen Grundsätzen im Falle der Verletzung
von Mitwirkungspflichten auf Wahrscheinlichkeitserwägungen, d.h. auf ein reduziertes Beweismaß zu stützen.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n): DStR 2017 S. 11 Nr. 28 DStRE 2017 S. 1138 Nr. 18 IStR 2017 S. 156 Nr. 4 PStR 2016 S. 261 Nr. 10 GAAAF-85002
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