NWB Nr. 36 vom Seite 2617

Alles zurück auf Anfang?!

Beate A. Blechschmidt | Redakteurin | nwb-redaktion@nwb.de

Rangrücktritt und Rolle rückwärts

Soll die finanzielle Situation einer Kapitalgesellschaft verbessert werden, stellen Gesellschafter oftmals ein Darlehen zur Verfügung und vereinbaren, dass diese Forderung im Rang hinter die Ansprüche anderer Gläubiger zurücktreten soll. Dieser Rangrücktritt konnte jedoch bisher für Kapitalgesellschaften unter Umständen teuer werden, wenn vereinbart wurde, dass eine Tilgung nur aus zukünftigen Gewinnen und einem Liquidationsüberschuss zu erfolgen hat. Wurde kein Gewinn oder Liquidationsüberschuss erzielt, sei die Gesellschaft nicht wirtschaftlich belastet und die Verbindlichkeit auszubuchen, so der BFH in einem früheren Urteil. Dies führte zu einem steuerpflichtigen Gewinn. Der BFH hat jetzt erneut zur steuerlichen Behandlung von Rangrücktrittsvereinbarungen Stellung bezogen. Er hält zwar weiterhin daran fest, dass eine Verbindlichkeit nach § 5 Abs. 2a EStG gewinnerhöhend aufzulösen ist, wenn in der Besserungsabrede des Rangrücktritts nur eine Tilgung aus einem künftigen Bilanzgewinn und aus einem etwaigen Liquidationsüberschuss vorgesehen ist, hingegen eine Tilgungsmöglichkeit aus freiem Vermögen fehlt. Jedoch lässt der BFH nunmehr – und das ist der entscheidende Unterschied – den steuerneutralen Ansatz einer verdeckten Einlage zu, wenn der Rangrücktritt durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst worden ist. Kraft und Schreiber stellen ab der Seite 2640 das Urteil sowie seine Konsequenzen für die Praxis vor. Hier aber schon von einer „Rolle rückwärts“ zu sprechen, wäre übertrieben; für Steuerpflichtige ist es jedoch eine positive Weiterentwicklung der Rechtsprechung.

Von einer „Rolle rückwärts” dagegen kann man bei der Entscheidung des BFH zu Zivilprozesskosten sprechen. Hier hat der BFH seine Rechtsprechung erneut geändert: Er hat seine Rechtsprechung aus dem Jahr 2011 aufgegeben und ist zu seiner früheren Rechtsprechung zurückgekehrt. 2011 hatte der BFH noch entschieden, dass Zivilprozesskosten unabhängig vom Gegenstand des Prozesses als unausweichliche außergewöhnliche Aufwendungen unter der Voraussetzung zu berücksichtigen sind, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bot und nicht mutwillig erschien. Jetzt aber sind die Kosten eines Zivilprozesses grundsätzlich (wieder) nur nach Maßgabe der bisherigen Rechtsprechung abziehbar. Hierfür muss die Prozessführung für den Steuerpflichtigen zwangsläufig sein. Das heißt, es müssen existenziell wichtige Bereiche berührt werden oder der Kernbereich des menschlichen Lebens. Eine Übersicht über von der Rechtsprechung anerkannte bzw. nicht anerkannte Prozesskosten stellt Geserich ab der Seite 2634 vor.

Beste Grüße

Beate Blechschmidt

Fundstelle(n):
NWB 2015 Seite 2617
NWB LAAAF-00282