Instanzenzug:
Gründe
1I. Die Beklagte ist ein geschlossener Immobilienfonds in der Rechtsform einer Kommanditgesellschaft, an dem der Kläger als Kommanditist beteiligt ist. Mit seiner Klage hat er die Verurteilung der Beklagten zur Auskunft über seine sämtlichen Mitgesellschafter durch Übersendung einer Liste mit ladungsfähiger Anschrift und Beteiligungshöhe begehrt. Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Berufungsgericht hat die gegen das erstinstanzliche Urteil gerichtete Berufung der Beklagten mit dem angefochtenen Beschluss als unzulässig verworfen. Zuvor hatte es die Beklagte unter Setzung einer Frist zur Stellungnahme darauf hingewiesen, dass es beabsichtige, die Berufung gemäß § 522 Abs. 1 ZPO wegen Nichterreichens der Berufungssumme des § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO als unzulässig zu verwerfen. Gegen den Verwerfungsbeschluss richtet sich die Rechtsbeschwerde der Beklagten.
2II. Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthaft; sie ist aber nicht zulässig, weil die Sache entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde keine Entscheidung des Senats zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO) erfordert und der Beklagten durch den Beschluss des Berufungsgerichts der Zugang zur Rechtsmittelinstanz auch nicht in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht zu rechtfertigender Weise erschwert wird, der Beschluss sie deshalb nicht in ihrem Anspruch auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip) verletzt.
31. Soweit die Rechtsbeschwerde geltend macht, die Auffassung des Berufungsgerichts, die ausgeurteilte Verpflichtung der Beklagten zur Übersendung einer Liste ladungsfähiger Anschriften sei als Verpflichtung zur Mitteilung der bei der Beklagten vorhandenen Anschriften der Gesellschafter zu verstehen, beruhe auf einer versteckten Divergenz, ist ein Rechtsanwendungsfehler des Berufungsgerichts, der ein Eingreifen des Bundesgerichtshofs erforderlich machen würde, nicht ersichtlich.
4a) Der Zulassungsgrund des § 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO ist gegeben, wenn einem Gericht bei der Anwendung von Rechtsnormen Fehler unterlaufen sind, die die Wiederholung durch dasselbe Gericht oder die Nachahmung durch andere Gerichte erwarten lassen, und wenn dadurch so schwer erträgliche Unterschiede in der Rechtsprechung zu entstehen oder fortzubestehen drohen, dass eine höchstrichterliche Leitentscheidung notwendig ist (st. Rspr., vgl. nur , VersR 2011, 236 Rn. 10 mwN).
5b) Einen solchen Fehler des Berufungsgerichts bei der Anwendung des § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO zeigt die Rechtsbeschwerde nicht auf.
6aa) Einen verdeckten Obersatz des Inhalts, dass zur Auslegung einer Urteilsformel auch Schriftstücke herangezogen werden können, die nicht Bestandteil des Titels geworden sind, hat das Berufungsgericht nicht aufgestellt. Die nach Ansicht der Rechtsbeschwerde unzulässige Berücksichtigung des Beschlusses des Amtsgerichts zur Anhörungsrüge der Beklagten durch das Berufungsgericht im Rahmen der Auslegung der Urteilsformel würde, wenn man der Ansicht der Rechtsbeschwerde folgen wollte, lediglich einen einfachen Rechtsanwendungsfehler darstellen, der ein Eingreifen des Senats nicht erfordert. Dazu, dass das Berufungsgericht bei der Auslegung von Urteilsformeln im Zusammenhang mit der Bewertung der Urteilsbeschwer in ständiger Praxis die höchstrichterliche Rechtsprechung nicht berücksichtigt, was zur Darlegung einer verdeckten Obersatzabweichung erforderlich ist (vgl. , WM 2011, 1196 Rn. 5), fehlt es in der Rechtsbeschwerdebegründung an jeglichen Ausführungen.
7bb) Im Übrigen hat das Berufungsgericht den Tenor der amtsgerichtlichen Entscheidung entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde rechtsfehlerfrei ausgelegt. Es hat zur Auslegung keine Schriftstücke herangezogen, die nicht Bestandteil des Titels waren. Das Berufungsgericht hat den Umfang der Verurteilung der Beklagten durch Auslegung des Tenors unter Berücksichtigung der Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils festgestellt und lediglich ergänzend darauf hingewiesen, dass dieses Ergebnis in Übereinstimmung mit der Ansicht des Amtsgerichts steht, wie sie in dessen Beschluss zur Anhörungsrüge der Beklagten zum Ausdruck gekommen ist.
82. Die Bewertung der Beschwer durch das Berufungsgericht ist auch im Übrigen nicht ermessensfehlerhaft.
9a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bemisst sich der gemäß §§ 2, 3 ZPO nach freiem Ermessen festzusetzende Beschwerdewert für das Rechtsmittel der zur Auskunftserteilung verurteilten Person nach ihrem Interesse, die Auskunft nicht erteilen zu müssen. Dabei ist im Wesentlichen darauf abzustellen, welchen Aufwand an Zeit und Kosten die Erteilung der Auskunft erfordert und ob die verurteilte Partei ein schützenswertes Interesse daran hat, bestimmte Tatsachen vor dem Gegner geheim zu halten (st. Rspr., siehe nur , WM 2011, 1335 Rn. 3 mwN).
10Das Rechtsbeschwerdegericht kann die Bemessung der Beschwer nur darauf überprüfen, ob das Berufungsgericht von dem nach § 3 ZPO eingeräumten Ermessen rechtsfehlerfrei Gebrauch gemacht hat. Dies ist insbesondere dann nicht der Fall, wenn das Gericht bei der Bewertung des Beschwerdegegenstands maßgebliche Tatsachen verfahrensfehlerhaft nicht berücksichtigt oder erhebliche Tatsachen unter Verstoß gegen seine Aufklärungspflicht (§ 139 ZPO) nicht festgestellt hat (st. Rspr., siehe nur , WM 2011, 1335 Rn. 4 mwN). Denn der Sinn des dem Berufungsgericht eingeräumten Ermessens würde verfehlt, wenn das Rechtsbeschwerdegericht berechtigt und verpflichtet wäre, ein vom Berufungsgericht fehlerfrei ausgeübtes Ermessen durch eine eigene Ermessensentscheidung zu ersetzen.
11b) Gemessen hieran ist die Bewertung der Beschwer durch das Berufungsgericht nicht rechtsfehlerhaft. Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde hat das Berufungsgericht alle maßgeblichen Tatsachen verfahrensfehlerfrei berücksichtigt. Es ist ohne Rechtsfehler davon ausgegangen, dass die Beklagte verurteilt worden ist, Auskunft über Namen, Anschriften und Beteiligungshöhe der Mitgesellschafter des Klägers in dem Umfang zu erteilen hat, wie die Angaben aus den bei ihr vorhandenen Unterlagen ersichtlich sind, und sie nicht etwa, wie die Beklagte meint, verpflichtet ist, vor Auskunftserteilung die Richtigkeit der bei ihr vorhandenen Anschriften der Gesellschafter durch Anfragen beim Einwohneranmeldeamt zu klären, weil sie nur so Auskunft über die "ladungsfähigen" Anschriften erteilen könne.
12aa) Die Rechtsbeschwerde irrt, wenn sie meint, der Begriff "ladungsfähige Anschrift" sei in der Rechtssprache fest umrissen und gehe nach dem Leitbild des § 180 ZPO davon aus, dass es sich um die Anschrift handele, unter der eine Person tatsächlich angetroffen wird. Vielmehr ist in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs geklärt, dass für das Verständnis der Bestimmungen in den jeweiligen Prozessordnungen ausschließlich prozessuale Erwägungen maßgeblich sind, die außerhalb der Prozessordnung für die Auslegung eines entsprechenden Begriffs - wie hier der ladungsfähigen Anschrift - keine Rolle spielen (vgl. nur , WM 2002, 1352 Rn. 22).
13bb) Die Rechtsbeschwerde nimmt bei ihrer eigenen, für zutreffend gehaltenen Auslegung der Urteilsformel weiter nicht in den Blick, dass die Beklagte ausweislich der bei der Auslegung zu berücksichtigenden Urteilsbegründung zur Auskunftserteilung anstelle einer Einsichtnahme des Klägers in die Geschäftsunterlagen der Beklagten verurteilt worden ist. Das Auskunftsrecht des Gesellschafters geht aber nicht weiter als dessen Einsichtsrecht. Grundsätzlich hat ein Gesellschafter, worauf auch das Amtsgericht abgestellt hat, lediglich einen Anspruch auf Einsicht in die bei der Gesellschaft vorhandenen Geschäftsunterlagen (vgl. § 716 Abs. 1 BGB, § 118 Abs. 1 HGB). Entsprechendes ist hier in § 8 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrags der Beklagten geregelt. An die Stelle dieses Einsichtsrechts des Gesellschafters in die bei der Gesellschaft vorhandenen Unterlagen tritt das Auskunftsrecht, wenn die erforderlichen Informationen in einer Datenverarbeitungsanlage gespeichert sind. In diesem Fall kann der Gesellschafter zum Zwecke der Unterrichtung einen Ausdruck über die bei der Gesellschaft vorhandenen Informationen verlangen (, ZIP 2010, 27 Rn. 8 f.; Urteil vom 11. Januar 2011 - II ZR 187/09, ZIP 2011, 322 Rn. 19 mwN).
14cc) Dagegen, dass die Übersendung einer Liste mit den bei ihr vorhandenen Angaben für die Beklagte keinen Aufwand erfordert, der über dem vom Berufungsgericht angenommenen Wert von höchstens 500 € liegt, bringt die Rechtsbeschwerde keine Einwände vor.
Fundstelle(n):
LAAAE-98423