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FG des Landes Sachsen-Anhalt Beschluss v. - 3 V 1163/12 EFG 2015 S. 1381 Nr. 16

Gesetze: FGO § 69 Abs. 3 S. 1, FGO § 69 Abs. 4, FGO § 69 Abs. 6 S. 1, FGO § 138 Abs. 1, FGO § 138 Abs. 2, FGO § 96 Abs. 1 S. 2, FGO § 102, AO § 361 Abs. 1, AO § 361 Abs. 5, AO § 5, AO § 120

Kostenentscheidung bei einvernehmicher Hauptsacheerledigung

Rechtsschutzbedürfnis für eingeschränkten gerichtlichen AdV-Antrag nach teilweiser AdV-Gewährung unter Widerrufsvorbehalt durch das FA

Konkurrenz von gerichtlicher und behördlicher Adv-Gewährung

Leitsatz

1. Bei einvernehmlicher Erklärung der Hauptsacheerledigung darf das Gericht auch dann nicht mehr in der Hauptsache, sondern lediglich noch über die Kosten des Verfahrens entscheiden, wenn sich der Rechtsstreit tatsächlich nicht erledigt hat. Die Kosten sind nach Maßgabe des mutmaßlichen Ausgangs des Rechtsstreits bei einer streitigen Entscheidung im Zeitpunkt des erstmaligen Vorliegens übereinstimmender Erledigungserklärungen in der Hauptsache zu verteilen.

2. Ergeht eine gerichtliche Entscheidung, durch die die Vollziehung des angefochtenen Steuerbescheids ausgesetzt wird, so bindet diese die betroffene Verwaltungsbehörde; nur das Gericht der Hauptsache kann gem. § 69 Abs. 6 S. 1 FGO die von ihm nach § 69 Abs. 3 S. 1 FGO getroffene Aussetzungsanordnung ändern oder aufheben. Eine von der Finanzbehörde während des gerichtlichen Aussetzungsverfahrens gewährte, unter dem Vorbehalt des jederzeitigen Widerrufs gestellte Aussetzung der Vollziehung erledigt nicht das Anliegen des Steuerpflichtigen, vor einer Vollziehung unabhängig von dem Standpunkt der Verwaltungsbehörde geschützt zu sein; dieses Anliegen ist jedoch nicht statthaft, da die FGO einen derart ausgestalteten einstweiligen Rechtsschutz nicht vorsieht.

3. Die Rechtsstellung des Steuerpflichtigen, dem das FA Aussetzung der Vollziehung unter dem Vorbehalt des Widerrufs gewährt hat, ist qualitativ ungünstiger als die desjenigen Steuerpflichtigen, dem die Aussetzung der Vollziehung ohne eine solche Nebenbestimmung gewährt worden ist.

4. Ein anzuerkennendes Rechtsschutzbedürfnis für einen gerichtlichen AdV-Antrag besteht zwar auch dann, wenn derjenige, der Rechtsschutz sucht, dies in geringerem Umfang tut, als es der Verletzung in seinen Rechten entspricht. Es fehlt aber an einem Rechtsschutzbedürfnis, wenn Rechtsschutz nicht lediglich in eingeschränkter Quantität, sondern in einer vergleichsweise ungünstigen Qualität begehrt wird, obwohl ein effektiverer und effizienterer Rechtsschutz ohne auch nur unter einem einzelnen Aspekt größeren Anstrengungen, Anforderungen oder Risiken zu erlangen ist.

5. Ein Nebeneinander behördlicher und gerichtlicher Aussetzung der Vollziehung ist gesetzeskonform, nicht hingegen ein Ineinandergreifen. Das Gericht hat im Verfahren nach § 69 Abs. 3 FGO eine eigene Ermessensentscheidung zu treffen, nicht aber eine Ermessensentscheidung der Finanzbehörde zu überprüfen und etwaig zu modifizieren.

6. Die gem. § 120 Abs. 1, 2 Nr. 3 und Abs. 3 AO erfolgte Beifügung eines Widerrufsvorbehalts in einer Aussetzungsverfügung des FA ist der finanzgerichtlichen Kontrolle entzogen. Gegen die Ablehnung der Vollziehung durch die Finanzbehörde kann zwar das Einspruchsverfahren beschritten werden, gegen die Einspruchsentscheidung ist jedoch eine Klage nicht statthaft.

Tatbestand

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
EFG 2015 S. 1381 Nr. 16
CAAAE-93060

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