180°-Wende
Altbau und Abgeltungsteuer
Hohe Decken, Holzfußboden, Stuck – Altbauwohnungen sind von jeher beliebt, haben sie doch meist ihren eigenen Charme. Kein Wunder also, dass auch die Sanierung von Altbauten weiterhin hoch im Kurs steht. Aber nicht nur die Sanierung von Altbauten in Form klassischer Einfamilienhäuser, vielmehr wird auch die Sanierung von alten Fabriken, Kasernen oder Schulen und die Umgestaltung dieser Gebäude zu großzügigen Wohnbereichen immer beliebter. Allerdings ist eine Sanierung, die dem Komfort und den energetischen Ansprüchen von heute genügen soll – gerade bei alten Gebäuden – meist sehr kostenintensiv. Freilich tut auch der Staat sein Übriges, um die Attraktivität dieser Immobilien zu erhöhen. So können Eigentümer, wenn sie eine in einem Sanierungsgebiet liegende Immobilie renovieren, die Kosten unter bestimmten Voraussetzungen schneller abschreiben als mit dem sonst gültigen AfA-Satz. Selbstnutzer können die Kosten sogar zehn Jahre lang in Höhe von 9 % als Sonderausgaben abziehen. Umso ärgerlicher, wenn das Finanzamt dann die Bescheinigung der Gemeinde nicht anerkennt und die erhöhte Absetzung verweigert, weil seiner Auffassung nach durch die Baumaßnahme ein Neubau entstanden ist. Dies konnte z. B. vorkommen, wenn der Investor eine Eigentumswohnung erworben hat, die durch Ausbau des Dachbodens entstanden ist oder wenn das Gebäude für eine andere Art der Nutzung umgebaut worden ist. Denn aufgrund der bisherigen Rechtsprechung des X. Senats, nahm die Finanzverwaltung das Recht auf eine eigenständige Prüfung für sich in Anspruch. Der X. Senat des BFH hat jetzt seine Rechtsprechung geändert und sich der ständigen Rechtsprechung des IX. Senats angeschlossen – eine 180°-Wende also: Die Prüfung, ob es sich bei den Baumaßnahmen um Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen handelt, obliegt allein der Gemeinde. Keine Bindungswirkung soll aber hinsichtlich der Höhe der begünstigten Baukosten vorliegen. Beck stellt ab der Seite 1318 das Urteil sowie seine Auswirkungen für die Praxis vor.
Keine Änderung der Rechtsprechung, sondern eher eine Bestätigung der Erwartungen und der bisherigen Rechtsprechung hat es dagegen im Bereich der Abgeltungsteuer gegeben. Der VIII. Senat des BFH hat das Abzugsverbot der tatsächlichen Werbungskosten im Rahmen der Günstigerprüfung bei der Abgeltungsteuer für rechtens erklärt. Karrenbrock gibt ab der Seite 1310 einen Überblick über den aktuellen Stand der Rechtsprechung. Bis das BVerfG sich generell mit dem Abzugsverbot der tatsächlichen Werbungskosten im Rahmen der Abgeltungsteuer befassen wird, was es hoffentlich – so auch Karrenbrock – früher oder später tun wird, sollten nach Möglichkeit die Steuerfestsetzungen offengehalten werden, in denen die tatsächlichen Werbungskosten über dem Sparer-Pauschbetrag liegen.
Beste Grüße
Beate Blechschmidt
Fundstelle(n):
NWB 2015 Seite 1289
NWB IAAAE-88811