Zulassung der Revision bei teilbarem Streitgegenstand; Wegfall der Meldung als Arbeitsuchend bei einem Kind
Gesetze: FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2, FGO § 116 Abs. 5, FGO § 116 Abs. 7, FGO § 135 Abs. 2, FGO § 136 Abs. 1, EStG § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1, EStG § 63 Abs. 1 Satz 2
Instanzenzug:
Gründe
1 I. Die Rechtsvorgängerin der Beklagten und Beschwerdeführerin (Familienkasse), die Familienkasse F, hob durch Bescheid vom die Kindergeldfestsetzung betreffend das Kind C für die Monate Januar 2011 sowie Mai 2012 bis August 2012 (Streitzeitraum) auf und forderte das gezahlte Kindergeld von der Klägerin und Beschwerdegegnerin (Klägerin) zurück. C sei im Streitzeitraum nicht als ausbildungsplatz- oder arbeitsuchendes Kind bei der Agentur für Arbeit gemeldet gewesen. Der Einspruch der Klägerin blieb erfolglos.
2 Mit ihrer Klage machte die Klägerin geltend, C sei aufgrund von Eingliederungsvereinbarungen vom und als Kind zu berücksichtigen. Die Familienkasse erwiderte, eine Eingliederungsvereinbarung reiche nicht aus, um C als Kind zu berücksichtigen. Außerdem sei C —aufgrund von Meldeversäumnissen am , und — zum von der Agentur für Arbeit aus der Arbeitsvermittlung abgemeldet worden.
3 Im Laufe des Klageverfahrens kam es zu einem gesetzlichen Beteiligtenwechsel.
4 Die Klage hatte in vollem Umfang Erfolg. Das Finanzgericht (FG) führte aus, aufgrund der Eingliederungsvereinbarungen sei C im Monat Januar 2011 ein ausbildungsplatzsuchendes Kind sowie in den Monaten Mai bis August 2012 ein arbeitsuchendes Kind gewesen. Die Abmeldung der C aus der Arbeitsvermittlung zum als Verwaltungsakt sei mangels Bekanntgabe unwirksam.
5 Mit ihrer Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision macht die Familienkasse geltend, die Vorentscheidung weiche vom (BFHE 245, 200, BFH/NV 2014, 1428) ab.
6 II. Die Beschwerde ist teilweise begründet. Sie führt für den Streitzeitraum Mai 2012 bis August 2012 zur Zulassung der Revision. Für den Streitzeitraum Januar 2011 ist die Beschwerde unzulässig, weil die Familienkasse diesbezüglich keinen Zulassungsgrund dargelegt hat.
7 1. Soweit das FG angenommen hat, zwar möge das Nichterscheinen der C zu mehreren Terminen der Arbeitsvermittlung eine Pflichtverletzung i.S. des § 38 Abs. 2 des Dritten Buchs Sozialgesetzbuch begründen, jedoch sei die hieraus resultierende Abmeldung und Einstellung der Arbeitsvermittlung zum mangels Bekanntgabe unwirksam, weicht es damit —wie die Familienkasse in der von § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) geforderten Weise dargelegt hat— in entscheidungserheblicher Weise von Rz 17 ff. des BFH-Urteils in BFHE 245, 200, BFH/NV 2014, 1428 ab (s.a. , BFH/NV 2014, 1726, Rz 17 ff.; vom XI R 1/13, juris, Rz 25 ff.). Für das Vorliegen dieser Divergenz genügt, dass die Abweichung objektiv vorliegt, auch wenn die Entscheidung des BFH erst nach Ergehen des Urteils des FG veröffentlicht worden ist (grundlegend , BFHE 98, 1, BStBl II 1970, 251; Lange in Hübschmann/Hepp/Spitaler —HHSp—, § 115 FGO Rz 180).
8 Der Beschluss ergeht insoweit nach § 116 Abs. 5 Satz 2 letzte Alternative FGO ohne weitere Begründung.
9 2. Allerdings hat die Familienkasse nicht dargelegt, inwieweit diese Abweichung für den Streitzeitraum Januar 2011 entscheidungserheblich sein soll (vgl. zum Erfordernis der Entscheidungserheblichkeit BFH-Beschlüsse vom XI B 158/03, BFH/NV 2005, 1343; vom V B 45/10, BFH/NV 2011, 999; vom X B 181/13, BFH/NV 2014, 523): Eine Abmeldung für den Monat Januar 2011 wird von der Familienkasse nicht einmal behauptet. Vielmehr macht die Familienkasse selbst geltend, die Abmeldung sei erst ab erfolgt. Ob die Abmeldung zum —entgegen der Auffassung des FG— wirksam ist, ist für den Monat Januar 2011 ersichtlich nicht von Belang.
10 3. Liegen die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nur für einen Teil eines teilbaren Streitgegenstands wie dem Kindergeld (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom III B 107/05, BFH/NV 2006, 549; vom XI B 33/13, BFH/NV 2014, 714, Rz 20) vor, darf die Revision nur für den betreffenden Teil zugelassen werden (vgl. BFH-Beschlüsse vom IV B 49/02; IV B 31/03, BFH/NV 2003, 649; vom V B 48/13, BFH/NV 2014, 1243).
11 4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 i.V.m. § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO. Eine Kostenentscheidung ist nach der Rechtsprechung des BFH insoweit zu treffen, als die Beschwerde keinen Erfolg hat (BFH-Beschlüsse vom VII B 53/00, BFH/NV 2001, 1304; vom I B 127/03, BFH/NV 2004, 821; vom I B 186/03, BFH/NV 2005, 40; vom VII B 147/04, BFHE 208, 404, BStBl II 2005, 457; vom V B 55/06, BFH/NV 2007, 985; Lange in HHSp, § 116 FGO Rz 272; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 116 Rz 68; a.A. , BFHE 119, 380, BStBl II 1976, 684), vorliegend also bezüglich Kindergeld für C im Januar 2011.
Fundstelle(n):
BFH/NV 2015 S. 700 Nr. 5
SAAAE-85669